Kraft vs. Röttgen - Die Landesmutter trotzt dem Wadenbeißer

Möglicherweise wird Norbert Röttgen am Ende ein fehlendes Bekenntnis zum Verhängnis. Die mangelnde Entscheidungsfreude, die der amtierende Bundesumweltminister an den Tag legt, wenn es um eine klare Positionierung für Nordrhein-Westfalen und gegen das Berliner Ministeramt geht, gerade im Fall einer Wahlniederlage. Wie schon seit Beginn des Wahlkampfs in NRW wand sich der 47-Jährige CDU-Politiker auch im TV-Duell mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hartnäckig um diese Frage. Ein Schwachpunkt, den die Konkurrentin der SPD knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland längst ausgemacht hat. Und für sich zu nutzen weiß.

«Mein Platz ist hier in Nordrhein-Westfalen, ich werde hier weiter Politik machen», sprach Kraft in die Kamera und dürfte so mit hauchzartem Vorsprung ins Ziel eines Duells gegangen sein, das eigentlich keinen klaren Sieger hatte. Wenig erkennbare Alleinstellungsmerkmale, zu ähnlich die Ansätze der Wahlprogramm. Schon rein farblich trennte Kraft und Röttgen wenig voneinander: Sie betrat das Studio mit rötlich-lilafarbener Bluse unter ihrem Sacko, er hatte sich für ein rosafarbenes Hemd und eine weiß gepunktete Krawatte entschieden. 

«Das ist der reine Wahnsinn»

Trotz aller inhaltlicher Ähnlichkeiten gab sich der Herausforderer aber von Anfang an bissig und versuchte zu attackieren. Nach einer so interpretierbaren Aussage Krafts vom Wochenende, unterstellte Röttgen seiner Kontrahentin, eine Kita-Pflicht einführen zu wollen. «Mangelndes Herzblut» warf er ihr bei diesem Thema vor, da sie bislang nicht ausreichend Plätze in Kindertagesstätten geschaffen und Bundesgelder nicht abgerufen hätte.

Die Ministerpräsidentin setzte sich zur Wehr. Sie verwies auf 400 Millionen Euro für die Kommunen bereitgestellte Gelder und 10.000 neue Plätze bis Herbst, ehe sich die Debatte in einem Knäuel aus widersprüchlichen Zahlen und Statistiken verfing, das für den Zuschauer nur noch schwer durchschaubar war.   

Deutlicher zur Sache ging es beim kontrovers diskutierten Betreuungsgeld. «Das ist familienpolitisch der reine Wahnsinn», sagte Hannelore Kraft, während Röttgen, ebenfalls kein Befürworter der als «Herdprämie» verschrienen Extrazahlung, die Debatte in seiner Partei damit rechtfertigte, dass sie «echte Wahlfreiheit» schaffe.

Wer bekommt die Schulden in den Griff?

Seinen Hauptangriff hatte sich der Herausforderer für das Thema Landeshaushalt aufgehoben. Mangelnden Sparwillen warf er der Ministerpräsidentin immer wieder vor, von Konsolidierung sei keine Spur. Er selbst versprach Einsparungen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro und nannte als eine Maßnahme zur Akquirierung von Geldern die Unterzeichnung des Deutsch-Schweizerischen Steuerabkommens, was Kraft rundweg ablehnte. 

Sie verteidigte das Haushaltminus damit, «verantwortungsvolle Politik mit Blick auf die Zukunft» zu betreiben und führte immer wieder die schlechte Arbeit der schwarzen Vorgänger-Regierung Rüttgers an. Im Sinne einer vorbeugenden Sozialpolitik wolle sie primär in Bildung investieren, um mittel- und langfristig einen ausgeglichenen Haushalt erzielen zu können. Nur so ließen sich hohe gesellschaftliche Reparaturkosten vermeiden, so die Ministerpräsidentin.

Seinen letzten Trumpf zückte der amtierende Umweltminister beim Thema Energiepolitik. «In Nordrhein-Westfalen ist die Energiewende verschlafen worden. Wir haben den Masterplan, Sie nicht», sagte Röttgen. Die Zahlen hatte der CDU-Mann dabei auf seiner Seite. Nur sechs Prozent des Energiehaushalts in NRW werden durch erneuerbare Energien gewonnen, bundesweit sind es zwanzig. Die Verantwortung dafür allerdings schob Kraft erneut ihrem Vorgänger Jürgen Rüttgers in die Schuhe. 

Die gefühlte Gewinnerin

Am Schluss war es Hannelore Kraft, die einen Schritt auf Norbert Röttgen zuging und ihm nach Beendigung des Duells die Hand reichte. Die Geste einer Gewinnerin? Hannelore Kraft darf sich insgeheim als solche fühlen, hatte die in den Umfragen führende Ministerpräsidentin in dem einstündigen Schlagabtausch trotz Röttgens Verbalattacken doch kaum an Boden verloren.

Wie wenig die beiden Spitzenkandidaten unterscheidet, wurde deutlich, als Hannelore Kraft zwischenzeitlich Röttgens Mantra «Familie, Bildung, Kultur und Kommune» nahezu wörtlich für sich proklamierte. Vielleicht macht bei so viel Gleichheit am Ende wirklich ein fehlendes Heimatbekenntnis den Unterschied.

[news.de] · 30.04.2012 · 23:50 Uhr
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