Kopf-an-Kopf-Rennen dürfte Märkte kaum beruhigen

Berlin/Athen (dpa) - Das Ergebnis der Griechenland-Neuwahlen mit geringen Aussichten auf eine rasche Regierungsbildung dürfte die Finanzmärkte in der neuen Woche erneut unter Hochspannung setzen.

Eine erstes Urteil über den Wahlausgang konnten die Anleger bereits in der Nacht bei Öffnung der asiatischen Börsen fällen. Nach Hochrechnungen vom Sonntagabend lagen die gemäßigten Konservativen in einem Kopf-an-Kopf-Rennen knapp vor den radikalen Linken, die die Sparauflagen für das Land ablehnen und damit einen Staatsbankrott und Euro-Austritt Griechenlands provozieren. Je nach dem, wer am Ende eine Regierung bildet, dürften die Märkte vorübergehend aufatmen oder aber den Daumen senken.

Die Euro-Retter streckten dem verschuldeten Land die Hand entgegen: Über die Fristen der Athener Sparprogramme könne in den kommenden Wochen diskutiert werden, über die Inhalte aber nicht, hieß es. «Ich kann mir gut vorstellen, über Zeitachsen noch einmal zu reden», sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Sonntagabend in der ARD. Allerdings dürfe es bei den Sparauflagen keine substanziellen Änderungen geben. «Am Weg der Reformen führt kein Weg vorbei.» Eine ähnliche Haltung vertraten bereits andere Euro-Spitzenpolitiker.

Die Nervosität an den Finanzmärkten ist nicht nur wegen Griechenland, sondern auch angesichts der Probleme in Spanien und Italien derzeit extrem hoch. Die Renditen der Staatsanleihen beider Euro-Sorgenkinder waren in der vergangenen Woche weiter gestiegen. Damit wird es immer teurer für die Regierungen, neue Kredite zur Schuldenfinanzierung am Markt aufzunehmen.

Als gefährlichstes Szenario gilt ein sogenannter Bank-Run, bei dem Griechen massenhaft ihre Sparguthaben abheben und damit auch in anderen Krisenländern Panik auslösen. Falls sich keine von den Konservativen geführte Mehrheit abzeichne, sei dieses Risiko in der neuen Woche hoch, schrieb Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding in einer Mitteilung. Es sei daher denkbar, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bereits am Montag Gegenmaßnahmen prüfe.

Volkswirte rechnen auch für den Fall einer erfolgreichen Regierungsbildung in Athen mit wochenlangen Verhandlungen mit der internationalen Staatengemeinschaft über Kompromisse bei den Sparprogrammen. «Die Hängepartie geht weiter», sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer am Sonntagabend der Deutschen Presse-Agentur dpa. Allerdings sei er mit Blick auf eine langfristige Lösung eher skeptisch. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zu einem vernünftigen Kompromiss kommt, die Überschneidungen sind zu gering.»

Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise sieht «harte Wochen mit Unsicherheiten» auf Bürger und Finanzmärkte zukommen. Die Parteien hätten rund vier Wochen Zeit, bis die nächsten größeren Zahlungen für Griechenland aus den Hilfspaketen freigegeben oder eben gestoppt würden. «Die EU wird eine relativ harte Linie fahren», sagte Heise der dpa. Sollte Griechenland keine Hilfen mehr bekommen, droht der Staatsbankrott.

Weltbank-Präsident Robert Zoellick forderte die Mitglieder der Eurozone auf, schnell Reformen umzusetzen. Dem Nachrichtenmagazin «Spiegel» sagte er: «Europas Politiker handeln immer einen Tag zu spät und versprechen einen Euro zu wenig.» Wenn Europa weiter so schwächele, werde es an globalem Einfluss verlieren.

Führende Vertreter von EU und Europäischer Zentralbank (EZB) arbeiten einem Bericht des «Spiegel» zufolge an einer Art Light-Variante von gemeinschaftlichen Staatsanleihen, im Fachjargon Eurobonds, zur Kriseneindämmung. Eine Stellungnahme war am Sonntag in Brüssel dazu zunächst nicht zu bekommen. Dem Magazin zufolge geht es um sogenannte Eurobills - gemeinsame Anleihen mit nur kurzer Laufzeit und begrenzter Summe.

Die Idee sei, dass sich dabei jeder Staat bis zu einem bestimmten Prozentsatz seiner Wirtschaftsleistung mittels Eurobills finanzieren dürfe. Die Verfechter der Idee hoffen laut «Spiegel», mit ihrem Modell die deutsche Regierung überzeugen zu können. Deutschland lehnt Eurobonds in jedweder Form bisher ab.

Frankreichs sozialistischer Präsident François Hollande, der mit seiner Partei als klarer Sieger aus den Parlamentswahlen am Sonntag hervorging, fordert rund 120 Milliarden Euro als Wachstumsspritze für Europas Wirtschaft. Die Sonntagszeitung «Le Journal du Dimanche» zitiert aus einem Schreiben Hollandes an Merkel und andere europäische Staatschefs mit den Worten: «Schnelle Wachstumsmaßnahmen in einem Volumen von 120 Milliarden Euro müssten ab Juni vom EU-Rat beschlossen werden.» Frankreich will der vor allem von Deutschland vorangetriebenen Spardisziplin in Krisenländern mehr Wachstumsimpulse zur Seite stellen.

EU / Finanzen / Wahlen / Griechenland
17.06.2012 · 20:53 Uhr
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