Koalition will sich bessern - SPD: Sind bereit
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte Verständnis für die Unzufriedenheit am Erscheinungsbild des schwarz-gelben Bündnisses. «Bürgerliche Parteien müssen bürgerliche Umgangsformen finden», forderte die CDU-Vorsitzende im Blick auf die jüngsten gegenseitigen Beschimpfungen.
Die SPD sieht sich für einen eventuellen Regierungswechsel im Bund gut gerüstet. «Wir sind jederzeit zur Regierungsübernahme bereit», erklärte Parteichef Sigmar Gabriel am Sonntag am Rande des Juso- Kongresses in Essen.
Man habe elf Jahre auf ein schwarz-gelbes Bündnis im Bund warten müssen, sagte Merkel am Wochenende auf einer Tagung mit CDU-Kreisvorsitzenden in Berlin. Nach dieser langen Zeit sei das Zusammenfinden vielleicht etwas schwierig gewesen. «Wenn wir diesen Auftrag nicht vernünftig erfüllen, wäre das ein Treppenwitz.» In einer Koalition sei es nicht möglich, immer nur «CDU pur» durchzusetzen. Einmal vereinbarte Entscheidungen müssten gemeinsam vertreten werden.
Bei dem Treffen wurde zum Teil massive Kritik laut. Man schäme sich für das «Durcheinander» in der Koalition, erklärten CDU-Mandatsträger. Wähler und Mitglieder könnten nicht mehr nachvollziehen, was sich nach der Bundestagswahl ereignet habe. Gefordert wurden Nachbesserungen beim Sparpaket.
Dies lehnte Merkel aber erneut mit dem Hinweis ab, die Beschlüsse seien sozial «ausgewogen». Die Union müsse die Kraft aufbringen, das Paket schnell zu verabschieden. Einem stärkeren Subventionsabbau erteilte sie eine Absage. Zu Forderungen, das Mehrwertsteuer-Privileg für das Hotelgewerbe wieder rückgängig zu machen, sagte die Kanzlerin: «Meine Priorität war das nicht.» Es sei vielmehr der «Herzenswunsch» von CSU und FDP gewesen.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht Schwarz-Gelb nicht gefährdet. «Diese Koalition ist robust und reift mit dem Sparpaket», sagte er der «Wirtschaftswoche». Zum Vorwurf, er habe die FDP-Steuersenkungspläne wegen leerer Haushaltskassen zu Fall gebracht und so zum Absturz der Liberalen in der Wählergunst beigetragen, sagte Schäuble: «Manchmal tut die Wahrheit weh. Aber ich bin nicht schuld an der Wahrheit.»
CSU-Chef Horst Seehofer bekannte sich ausdrücklich zum Fortbestand des schwarz-gelben Bündnisses. «Die CSU steht, und das sowohl zum Bundespräsidentenkandidaten wie auch zum Sparpaket», sagte er auf einem CSU-Bezirksparteitag in Erding. Union und FDP befänden sich nicht gerade in einer Ideallage. «In München sind die Dinge in Ordnung, in Berlin werden wir die leichten Schwächen noch ordnen», meinte der bayerische Ministerpräsident.
Nach Ansicht von FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger kam der meiste Gegenwind für die Koalition bislang von der CSU. «Man kann keinen Menschen von Politik überzeugen, wenn permanent der Eindruck erweckt wird, dass Teile der Koalition selber nichts von dieser Politik halten», sagte sie dem «Tagesspiegel am Sonntag».
Laut Gabriel wird die SPD nach einem rot-grünen Machtwechsel in Nordrhein-Westfalen im Bundesrat keine Blockadepolitik betreiben. Man wolle nur «schlimme Entwicklungen» verhindern. Der SPD-Vorsitzende rechnet nicht mit einem frühzeitigen Ende der Koalition in Berlin. Beide Regierungspartner würden alles daran setzen, im Amt zu bleiben. «Union und FDP verkaufen es den Menschen heute ja schon als erfolgreiche Regierungspolitik, wenn sie sich nicht mehr gegenseitig beschimpfen.»
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Koalition vor, weiter das Regieren zu verweigern. «Wenn die Deutschen aus dem Sommerurlaub zurückkommen, kehren sie in ein Land zurück, das seit einem Jahr nicht regiert wird», sagte er der «Leipziger Volkszeitung» (Samstag).