Kein «Mister 100 Prozent» bei der FDP

Berlin (dpa) - Ein «sozialistisches Ergebnis» von 100 Prozent, wie es Martin Schulz kürzlich als SPD-Chef einfuhr, hatte sich Christian Lindner nicht gewünscht.

Und die FDP-Delegierten tun ihm den Gefallen - sie bestätigen den starken Mann der liberalen Wiederbelebung beim Berliner Bundesparteitag mit «nur» 91 Prozent im Amt.

Der Eindruck, die FDP sei vor der entscheidenden Bundestagswahl im Herbst eigentlich nur Lindners One-Man-Show, wird so am Freitag geschickt verwischt. Sein Stellvertreter Wolfgang Kubicki erhält gut 92 Prozent - «ein paar Leihstimmen von Christian Lindner», scherzt der Kieler hinterher.

An der Beliebtheit des 38-jährigen Lindner in der Partei, an seiner immensen Bedeutung für die kurz bevorstehenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ändert das nicht ganz überragende Ergebnis (minus 1,4 Punkte gegenüber 2015) freilich gar nichts. Auf sein Geschick und seine Energie wird es maßgeblich ankommen, damit die FDP nicht nur wieder stark in den Landtagen von Kiel und Düsseldorf vertreten sein wird, sondern am 24. September auch ein Bundestags-Comeback erleben kann.

Die Konkurrenz rechnet offenbar bereits mit den Liberalen in Berlin - oder hofft insgeheim darauf. Vor dem Bundesparteitag war das etwa bei SPD-Vize Olaf Scholz nicht zu überhören. Selten wohl hat ein politischer Gegner so freundliche Worte zum Auftakt eines FDP-Treffens gefunden wie der Hamburger Bürgermeister. «Das Sozialliberale ist tief in der SPD verwurzelt», lockte Scholz. Das hatte fast schon die Qualität eines Grußwortes.

Seit dem Scheitern von Rot-Rot-Grün im Saarland wird die FDP wieder umworben wie lange nicht mehr. Und auch das mediale Interesse nimmt wieder zu - mehr als 230 Journalisten waren zum Parteitag angemeldet. Doch Lindner warnt: «Das Comeback der FDP ist längst noch nicht erreicht.»

Ja, die FDP wird wieder gesucht - als Mehrheitsbeschafferin. Das erzeugt bei den Liberalen einerseits Euphorie. Andererseits verunsichert es zumindest die Parteispitze. Denn bloße Mehrheitsbeschafferin wollten die Liberalen nach dem Absturz aus dem Bundestag 2013 nie wieder sein. Also nur nicht den Eindruck erwecken, man schiele wieder auf Koalitionsoptionen, bloß keinen Fehler mehr machen bis zur Bundestagswahl - so lautet die Devise.

Dass Lindner im «Stern» findet, der türkischstämmige deutsche Fußballnationalspieler Mesut Özil solle vor Länderspielen die Nationalhymne mitsingen, besitzt so ein Ausrutscher-Potenzial. Es gibt Kritik dazu auf dem Parteitag, der 38-Jährige verteidigt sich augenzwinkernd: Er habe nicht geahnt, was ein solches Zitat auslösen könne - aber wenn er es gewusst hätte, dann hätte er es trotzdem so gesagt.

Der jüngste deutsche Parteichef wird nicht müde, Koalitionen auszuschließen - und sich gegen Union und SPD gleichermaßen abzugrenzen (gegen die Grünen sowieso). So argumentiert Lindner kategorisch gegen eine Ampelkoalition in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen. In dem Land müsse eine Politikwende her, Rot-Grün unter Hannelore Kraft (SPD) habe das Land in Grund und Boden regiert. Für ein «Weiter so» stehe die FDP nicht zur Verfügung.

Bei einem Zweierbündnis mit der NRW-SPD - und das ist nicht ganz ausgeschlossen - dürfte Lindner mit Blick auf die Abgrenzungsstrategie im Bund argumentative Schwierigkeiten bekommen. Aber vielleicht gebe es ja andere Koalitionsoptionen, sagt er und verweist darauf, dass die CDU in Umfragen aufholt.

An Rhein und Ruhr, wo am 14. Mai gewählt wird, liegt die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Lindner bei zehn Prozent. Ähnlich sieht es mit dem Spitzenkandidaten Kubicki in Schleswig-Holstein aus, wo sieben Tage vorher gewählt wird. Beide kandidieren anschließend für den Bundestag. Kritik daran lässt Lindner nicht gelten. Er habe diesen Schritt bereits 2013 angekündigt. Denn das Comeback der FDP im Bundestag sei nur über die Länder möglich. Und mit zwei starken Ergebnissen in den Ländern im Mai hofft Lindner, dass auch bundesweit die aktuell mageren Umfragen für die FDP zwischen fünf und sechs Prozent nochmals hochgehen.

Auch nach der Bundestagswahl am 24. September könnte es weder für die Union mit Kanzlerin Angela Merkel zum Zweierbündnis reichen noch für die SPD mit Schulz. Damit rücken bei der Suche nach potenziellen Koalitionären Grüne und FDP ins Blickfeld.

Angesichts einer erstarkten SPD dürfte der Kampf um Koalitionen im Bund wesentlich härter werden als vor vier Jahren. Lindner muss aufpassen, dass seine FDP nicht zwischen Union und Sozialdemokraten zerrieben wird. Er grenzt sich also gegen die Flüchtlings- und Steuerpolitik von Kanzlerin Merkel ab, jedoch auch gegen die Arbeitsmarktpolitik von SPD-Kanzlerkandidat Schulz. Der wolle nur zurück zu einer «Agenda 1995», Merkel verwalte lediglich die «Agenda 2010» von Gerhard Schröder. Deutschland brauche aber eine «Agenda 2030», sagt Lindner.

«In die Wahlen dieses Jahres gehen wir ohne Koalitionsaussage», ruft der 38-Jährige gegen Ende seiner 80-minütigen Parteitagsrede den Delegierten zu. Und: «Wir lassen uns nicht zu nützlichen Idioten irgendwelcher beliebigen Koalitionen machen.»

Parteien / FDP / Parteitag / Deutschland
29.04.2017 · 15:23 Uhr
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