Kein Ende der Afghanistan-Debatte

Berlin (dpa) - Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich klar gegen ein festes Afghanistan-Abzugsdatum für die Bundeswehr ausgesprochen. Wer dies tue, «der spielt den Taliban in die Hände», sagte der CSU-Vorsitzende der «Passauer Neuen Presse».

Zugleich betonte Seehofer: «Wir brauchen eine Strategie für den mittelfristigen Abzug der Truppen aus Afghanistan.» Angesichts der Kritik am von der Bundeswehr angeordneten NATO-Luftangriff mit Dutzenden Toten in Afghanistan forderte er eine schnelle Aufklärung: «Das sind wir den Opfern und unseren Soldaten schuldig, die für uns den Kopf hinhalten und eine faire Behandlung verdienen.»

Auch der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering bekannte sich klar zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Nach dem von Deutschland befohlenen Luftangriff betonte er bei einer Wahlkampfveranstaltung am Dienstag in Marburg: «Wir halten am Regierungsprogramm fest.» Er habe zwar großen Respekt vor Pazifisten: «Aber wir müssen im Rahmen der Völkergemeinschaft denen helfen, die drangsaliert werden.» Die große Koalition wolle mit anderen Ländern weiter am Aufbau einer eigenständigen afghanischen Polizei beteiligt sein. Die deutschen Soldaten nahm er in Schutz: «Unsere Soldaten sind keine aggressiven Krieger. Die stehen dazwischen, um zu helfen.»

Der FDP-Sicherheitsexperte Max Stadler sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung»: «Ziel muss ein rascher Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sein, möglichst innerhalb der nächsten Jahre. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass erheblich mehr Polizisten als bisher ausgebildet werden, die für Stabilität und zivile Sicherheit im Land garantieren.» Er forderte, die «Zahl der deutschen Polizei-Ausbilder am Hindukusch kurzfristig zu verdreifachen». Notwendig sei eine massive Aufstockung auf einige hundert Beamte.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, forderte in derselben Zeitung, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse die Polizeiausbildung am Hindukusch zur Chefsache machen. «Wir haben über 4000 Soldaten in Afghanistan im Einsatz, aber nur rund 100 Polizisten. Damit kann man nicht eine afghanische Polizei mit 80000 Kräften aufbauen.» Das sei «ein unerträgliches Schneckentempo». Schäuble habe «viel zu spät erkannt», dass das Bundesinnenministerium eine wichtige Mitverantwortung beim Aufbau von afghanischen Sicherheitskräften habe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag im Bundestag eine «lückenlose Aufklärung» des von Deutschland befohlenen Luftangriffs in Afghanistan zugesichert und mögliche zivile Opfer bedauert. Wie auch Bundespräsident Horst Köhler wies Merkel Vorverurteilungen der Verantwortlichen für den Militärschlag jedoch scharf zurück. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) schloss zivile Opfer nicht mehr aus.

Unterdessen wurden Informationen über eine mögliche Aufklärungslücke vor dem Abwurf der zwei Bomben bekannt. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums kamen bei dem Angriff auf zwei Tanklastwagen am vergangenen Freitag 56 Menschen ums Leben. Andere, unbestätigte Quellen berichteten von weit mehr als 100 Toten. Einem Zwischenbericht der NATO zufolge soll es bis zu 78 Todesopfer gegeben haben. Über diesen Bericht hat die Regierung Abgeordnete nach deren Angaben informiert.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sagte, aus den Protokollen des Angriffs werde deutlich, dass es eine Aufklärungslücke von 20 Minuten vor dem Luftschlag gegeben habe. Als Quelle nannte er in den «Stuttgarter Nachrichten» und der «Kölnischen Rundschau» Angaben des Verteidigungsministeriums. Er fügte unter Berufung auf die Erklärungsversuche des Ministeriums hinzu, es habe Hinweise auf namentlich bekannte Terroristen gegeben, die sich an den Fahrzeugen aufgehalten haben sollen. Weil nicht ausreichend Bodentruppen verfügbar waren, sei der Luftangriff gewählt worden.

Konflikte / Bundeswehr / Afghanistan
09.09.2009 · 07:59 Uhr
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