Islam-Schmähfilm: Berlin wappnet sich gegen rechte Aktionen

Istanbul/Berlin (dpa) - Nach den Unruhen in der islamischen Welt will die Bundesregierung unbedingt verhindern, dass Rechtspopulisten mit dem Mohammed-Schmähvideo auch in Deutschland für Aufruhr sorgen.

«Dagegen muss man mit allen rechtlich zulässigen Mitteln vorgehen», sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dem «Spiegel». Ein berüchtigter Hassprediger aus den USA soll nicht einreisen dürfen. Die Splitterpartei Pro Deutschland hatte angekündigt, das Video in Berlin in voller Länge aufzuführen. In der islamischen Welt kehrte vorerst wieder Ruhe ein. Die USA wappnen sich aber für einen dauerhaften Konflikt mit unvorhersehbaren Konsequenzen.

Das ausschnittsweise auf Youtube veröffentlichte Hassvideo aus den USA hatte in zahlreichen muslimischen Ländern antiwestliche Massenproteste entfacht. Es beleidigt den Propheten Mohammed als Gewalttäter, Frauenhelden und Kinderschänder. In Libyen starben beim Sturm auf die US-Vertretung von Bengasi vier Diplomaten. Nach dem Freitagsgebet griff im sudanesischen Khartum eine aufgebrachte Menge auch die deutsche Botschaft an und steckte sie teilweise in Brand.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle verteidigte vor dem Hintergrund der Schmähvideo-Proteste in der islamischen Welt das Einreiseverbot für den fundamentalistischen christlichen US-Prediger Terry Jones. «Wir wollen keine Hassprediger in Deutschland haben», sagte er am Sonntag im ARD-«Bericht aus Berlin». Deshalb habe er das Innenministerium gebeten, hier alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. «Wir in Deutschland werden keine solchen Leute einreisen lassen und werden (...) mit allen Möglichkeiten verhindern, dass solche Leute ihr Unwesen bei uns treiben können.»

Zuletzt hatte es Hinweise gegen, wonach Jones in den kommenden Tagen von antimuslimischen Kräften in der Bundesrepublik - etwa Pro Deutschland und Pro NRW - eingeladen werden sollte. Jones hatte in den USA für den Film geworben. Weltweit war er bekannt geworden, als er im März 2011 eine Koran-Ausgabe verbrannte.

Das Weiße Haus geht nach Informationen der «New York Times» davon aus, dass die wütenden Proteste in eine «anhaltende Krise mit unvorhersehbaren diplomatischen und politischen Konsequenzen» münden könnten. Bis auf eine Notbesetzung wird in Tunesien und dem Sudan alles Personal aus den Botschaften abgezogen. Am Samstag hatte das Terrornetzwerk Al-Kaida im Internet Muslime in aller Welt dazu aufgerufen, US-Botschaften zu stürmen und Diplomaten zu töten.

Auch in der bis auf weiteres geschlossenen deutschen Botschaft in Khartum zieht das Auswärtige Amt Personal ab. Die Sicherheitskräfte würden dagegen aufgestockt, wie eine Sprecherin sagte. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte die sudanesische Regierung in scharfer Form auf, die Sicherheit deutscher Staatsbürger zu gewährleisten. Auch der UN-Sicherheitsrat in New York rief alle von den Massenprotesten betroffenen Staaten auf, ihren internationalen Verpflichtungen zum Schutz der Missionen nachzukommen.

Papst Benedikt XVI. ging bei seiner Libanon-Reise auch auf die jüngsten anti-westlichen Unruhen ein. «In einer Welt, wo die Gewalt ihren Todes- und Vernichtungszug unaufhörlich ausweitet, ist es eine Dringlichkeit, sich für eine brüderliche Gesellschaft, für den Aufbau der Gemeinschaft einzusetzen», sagte der Kirchenführer vor Hunderttausenden Gläubigen aus dem ganzen Nahen Osten in Beirut.

Der Vorsitzende des Obersten Rates der Religionsgelehrten und Groß-Mufti von Saudi-Arabien, Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich, mahnte die Muslime zu Besonnenheit. Sie dürften sich nicht aus Wut dazu verleiten lassen, unschuldige Menschen zu töten und öffentliche Einrichtungen anzugreifen. Wer seinem Zorn nachgebe, mache sich letztlich nur zum Erfüllungsgehilfen der Urheber des Mohammed-Films, erklärte er.

In Afghanistan beriefen sich die radikalislamischen Taliban nach einem Angriff auf ein Militärlager auf den Schmähfilm. Die Attacke auf das Camp, in dem zurzeit der englische Prinz Harry seinen Dienst tut, sei ein Vergeltungsakt gewesen. Zwei Soldaten starben.

In der pakistanischen Hafenstadt Karachi protestierten am Sonntag mehrere hundert Islamisten vor dem US-Konsulat gegen das Schmähvideo. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Protestierer mit Tränengas und Wasserwerfern hinderte, in das Konsulat einzudringen. Angaben der Demonstranten, dass es einen Toten und mehrere Verletzte gegeben habe, wurden zunächst nicht bestätigt. Insgesamt flauten die Unruhen in der islamischen Welt am Wochenende allmählich ab.

Der mutmaßliche Drahtzieher des Schmähvideos «Unschuld der Muslime» wurde inzwischen von den US-Behörden befragt. Der 55-jährige Nakoula Basseley Nakoula soll laut US-Medienberichten ein verurteilter Bankbetrüger sein. Wegen seiner kriminellen Vergangenheit sei dem koptischen Christen auch für fünf Jahre der Zugang zum Internet verboten worden.

Konflikte / Islam / USA / Deutschland
16.09.2012 · 20:48 Uhr
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