Indiens Jagd nach Lithium: Neue Horizonte in Übersee und zu Hause

Im Rennen um kritische Mineralien für den Aufbau zukunftsfähiger Energieversorgungsketten intensiviert Indien seine Bemühungen, Zugang zu essenziellen Ressourcen wie Lithium zu sichern. Die Regierung in Neu-Delhi treibt staatliche Bergbauunternehmen dazu an, Mineralvorkommen in Südamerika und Afrika zu erschließen. Ebenso werden Firmen dazu eingeladen, Angebote für die Entwicklung heimischer Bergbauflächen zu unterbreiten, um die Industriezweige für Elektrofahrzeuge (EVs) und erneuerbare Energien auszubauen - ein Sektor, in dem Peking deutlich die Nase vorn hat.

VL Kantha Rao, ein hoher Beamter im indischen Bergbauministerium, betonte gegenüber der Financial Times die exponentiell wachsende Bedeutung und Notwendigkeit kritischer Mineralien für Indiens Technologieentwicklung und Klimaziele. Nach dem Vorbild des jahrelangen Vorgehens bei Massenmineralien wie Kupfer und Kohle, soll nun auch bei kritischen Mineralien verfahren werden.

Lithium, eine Schlüsselkomponente für die Akkus von Elektrofahrzeugen, wurde in den indischen Regionen Jammu und Kaschmir sowie im zentralen Bundesstaat Chhattisgarh gefunden. Indien plant etwa die Hälfte seiner inländischen Erkundungsprojekte im kommenden Jahr auf kritische Mineralien wie Graphit, Molybdän, Nickel, Kobalt, Lithium und Kalium zu konzentrieren. Im kommenden Monat sollen die erfolgreichen Bieter für 20 im November ausgeschriebene Bergbauflächen bekannt gegeben werden und nach der allgemeinen Wahl, die Anfang Juni endet, soll eine zweite Tranche von 20-30 Flächen angeboten werden.

Bereits im Januar gab Indien bekannt, fünf Lithiumflächen in Argentinien erworben zu haben. Das staatliche Unternehmen Khanij Bidesh India Ltd (Kabil) unterzeichnete eine Vereinbarung mit der argentinischen Catamarca Minera y Energetica Sociedad del Estado (Camyen). Zusätzlich wurde 2022 ein Memorandum of Understanding mit Australiens Critical Mineral Office unterzeichnet, um potenzielle Projekte zu identifizieren und zu entwickeln.

Laut Rao betrachtet Indien auch kritische Mineralienprojekte in Chile und Bolivien sowie in afrikanischen Ländern wie Namibia, der Demokratischen Republik Kongo, Sambia, Mosambik und Südafrika.

Als eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsmächte setzt Indien Milliarden von Dollar für Subventionen in den Bereichen EV-Herstellung, erneuerbare Technologien und Elektronik ein, die auf die Versorgung mit kritischen Mineralien angewiesen sind. Damit tritt das Land spät – und bisher als kleiner Akteur – in einen globalen Wettlauf mit geopolitischen Implikationen ein. China hat bisher einen deutlichen Vorsprung bei der Sicherung von Mineralvorräten.

Indien ist Mitglied der von den USA geführten Minerals Security Partnership, bestehend aus 14 Ländern und der EU, die eine stabile Versorgung mit Rohstoffen sichern soll. Allerdings ist die Akquise von Erkundungsflächen ein langsamer und spekulativer Prozess, der sich von dem Kauf bereits intensiv erforschter Unternehmen unterscheidet, so Analysten.

Camyens Präsidentin, Susana Peralta, teilte mit, dass Kabil ein Recht zur Nutzung von 15.000 Hektar für die Lithiumförderung über 20 Jahre, mit einer Option auf nochmals 20 Jahre, erworben hat. Ähnliche Verträge wurden im letzten Jahr auch an Greenko Energy Holdings vergeben.

Jeff Townsend, Gründungsmitglied der Critical Minerals Association, hob hervor, dass Indien aufgrund seiner großen Mineralreserven, einer kostengünstigen und umfangreichen Ingenieursarbeiterschaft sowie günstiger Energie in einer guten Ausgangsposition ist, die es bisher allerdings noch nicht ausgeschöpft hat. (eulerpool-AFX)