Haushaltsausschuss will Opel-Risiken klären

31. Mai 2009, 10:57 Uhr · Quelle: dpa
Berlin (dpa) - Das Rettungskonzept für Opel und die möglichen Risiken für die Steuerzahler stehen am Sonntagmittag im Mittelpunkt der Sondersitzung des Bundestag-Haushaltsauschusses.

Ihr Erscheinen zugesagt haben Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), sagte der Ausschussvorsitzende Otto Fricke am Pfingstsonntag der dpa. Mit der Teilnahme von Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) oder einem anderen Mitglied der Regierungszentrale wird ebenfalls gerechnet.

Die nicht-öffentliche Sondersitzung war kurzfristig auf Antrag der Grünen einberufen worden. Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Alexander Bonde, sagte der dpa, da es um Milliarden-Summen gehe, stehe das Parlament «in der Verantwortung, zu klären und zu bohren». Es sei eine «fundierte Risikoabschätzung» nötig. Dazu müsse auch klar sein, wie tragfähig des Konzept des Konsortiums zur Rettung von Opel sei.

Entscheidungen über die Vergabe des bereits zugesagten Überbrückungskredits von 1,5 Milliarden Euro an Opel kann der Ausschuss nicht treffen. Er hat lediglich ein Anhörungs- und Auskunftsrecht. Auch in Wiesbaden und Düsseldorf kommen am Sonntag die Haushaltsausschüsse der Länderparlamente zur Beratung über die staatlichen Opel-Bürgschaften zusammen. Ihre formale Zustimmung ist erforderlich, damit die Überbrückungshilfe für den Autobauer, die aus Bundes- und Landesanteilen besteht, in der neuen Woche gewährt werden kann.

Die Opel-Belegschaften können nach der Einigung von Samtagnacht zunächst wieder Hoffnung schöpfen. Kurz vor der für Montag erwarteten Insolvenz der US-Mutter General Motors (GM) steht ein Rettungsplan, der dem angeschlagenen Traditionshersteller nach 80 Jahren Zugehörigkeit zu GM das Überleben sichern soll. Geschnürt wurde das Paket in Berlin von Bund, vier Bundesländern sowie GM, dem Investor Magna und dem US- Finanzministerium.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die kurz vor der entscheidenden Runde mit US-Präsident Barack Obama telefonierte, sprach von einer «Perspektive für die Zukunft». Die Beschäftigten hätten diese Chance verdient, weil das GM-Missmanagement und nicht die Beschäftigten die Schuld für die Opel-Krise hätten.

«Das ist der Beginn einer neuen Zukunft für Opel», sagte der GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster. Opel ist nach seinen Worten «im Moment absolut gerettet». Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hält den Magna-Einstieg für die beste Alternative für Opel - sein Kollege Willi Diez sprach von einem «Anfang der Rettung».

Opel soll nun kurzfristig aus dem GM-Verbund herausgelöst werden. GM bleibt aber mit 35 Prozent an Opel beteiligt. 20 Prozent entfallen auf den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna, 35 Prozent auf dessen russische Partner, den Autohersteller GAZ und die Sberbank. Weitere 10 Prozent übernehmen Händler und Mitarbeiter.

Magna will alle vier deutschen Opel-Standorte erhalten. Das Konzept umfasst aber keine verbindlichen Absprachen zu den Arbeitsplätzen von Opel. Aus Regierungskreisen hieß es am Samstag, eine Vereinbarung zum Arbeitsplatzerhalt hätte gegen EU-Recht verstoßen. Magna spreche in seinem Konzept von einem Abbau von 11 000 Arbeitsplätzen bei General Motors Europe. 2500 Stellen sollen demnach in Deutschland wegfallen, wo Opel bislang 26 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Wie viele Arbeitsplätze tatsächlich gefährdet sind, ist offen. Dies will Magna in den kommenden Wochen untersuchen. In Bochum steht nach Angaben von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) jeder dritte Arbeitsplatz auf der Kippe. Allerdings soll es ihm zufolge dort keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Die IG Metall reagierte erleichtert: «Der Weg für eine gute Zukunft von Opel ist frei», sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Berthold Huber, in Frankfurt. «Mit Magna steigt ein Investor ein, dem die IG Metall zutraut, dieses Autounternehmen strategisch im Markt zu positionieren und damit Standorte und möglichst hohe Beschäftigung nachhaltig zu sichern.»

Das Konzept besteht nach Angaben von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück aus drei Bausteinen: Ein Vorvertrag («memorandum of understanding») zwischen GM und Magna, ein Treuhand-Vertrag, der in Kürze rechtswirksam umgesetzt werden müsse sowie ein Konsortialvertrag für den staatlichen Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro, der je zur Hälfte von Bund und den vier Ländern getragen wird. Die Zwischenfinanzierung solle innerhalb von fünf Jahren in einen 4,5-Milliarden-Bürgschaftsrahmen übergeführt werden. Magna will laut Steinbrück kurzfristig benötigte 300 Millionen Euro in der nächsten Woche bereitstellen, ehe das Geld aus dem staatlichen Zwischenkredit fließt.

Kanzlerin Merkel sagte mit Blick auf die von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) diskutierte «Planinsolvenz» von Opel, die Risiken einer Alternative zu einem Rettungskonzept seien für sie «politisch absolut nicht verantwortbar». Steinbrück sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): Nach langem Abwägen sei die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit zu der Auffassung gelangt, «dass wir die Eintrittswahrscheinlichkeit des Bürgschaftsfalles geringer einschätzen als umgekehrt das Durchschlagen dieser Risiken». Guttenberg bekräftigte am Samstag jedoch seine Zweifel an dem Rettungskonzept für Opel: Er sei zu einer anderen Risikoeinschätzung als seine Kollegen gekommen.

Laut Merkel gibt es aber unterm Strich eine einheitliche Haltung der Bundesregierung. Auf die Frage, ob sein Kabinettskollege zu Guttenberg in der Nacht Rücktrittsgedanken geäußert habe, sagte Steinbrück: «Das kann ich nicht bestätigen. Er hat sich in Anwesenheit von SPD-Vertretern so nicht geäußert.»

Nach Dudenhöffers Einschätzung hat Opel nun die Chance, «Größenvorteile zu heben, die sonst nur bei großen, komplexen Unternehmen zu heben sind.» Dudenhöffer analysierte in einem 10- Punkte-Konzept, das der dpa vorliegt, die Vorteile eines Magna- Einstiegs. «Die hohe Kompetenz im Fahrzeugbau unterscheidet Magna von Fiat, die überwiegend in alten und unflexiblen Werken in Italien produzieren», schreibt der Fachmann. Magna sei im Vergleich zu Fiat solide finanziert: «Magna hat selbst in der jetzt schwierigen Autokrise große Barmittel zur Verfügung (1,5 Mrd US-Dollar), um schwierigere Wegstrecken zu überbrücken.» Finanzielle Risiken seien gemieden worden. «Dies unterscheidet Magna ganz klar von Fiat». Der italienische Autohersteller, der Opel ebenfalls übernehmen wollte, war an dem letzten Spitzengespräch in Berlin nicht mehr beteiligt.

Unterdessen sind bei GM alle Weichen für eine Insolvenz gestellt. GM-Chef Fritz Henderson kündigte an, er werde sich am Montag in New York öffentlich äußern. Es wird erwartet, dass dann auch US-Präsident Barack Obama die «Blitz-Insolvenz» offiziell bekanntgeben wird. Die Einigung mit Opel sowie die Zustimmung der mächtigen Autogewerkschaft UAW zu drastischen Einschnitten dürften eine Insolvenz erleichtern, hieß es am Samstag. Die Staatshilfen für GM werden insgesamt auf rund 50 Milliarden Dollar veranschlagt.

Das Weiße Haus signalisierte, dass es eine Insolvenz als letzte Überlebenschance für das Traditionsunternehmen ins Auge fasst. Das Beispiel des Autobauers Chrysler - der vor einem Monat in die Insolvenz ging - «ist ein hoffnungsvolles Beispiel für General Motors», sagte der Regierungssprecher Robert Gibbs am Freitag. Er sehe «ermutigende Zeichen» für GM. Das gerichtliche Gläubigerschutz-Verfahren wäre das größte seiner Art in der US-Geschichte.

Auto / Opel
31.05.2009 · 10:57 Uhr
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