Ungerecht für Eigentümer?

Bundesfinanzhof lehnt Klagen gegen Grundsteuer-Reform ab

10. Dezember 2025, 13:36 Uhr · Quelle: dpa
Bundesfinanzhof lehnt Klagen gegen Grundsteuer-Reform ab
Foto: Peter Kneffel/dpa
Der Bundesfinanzhof sieht keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. (Archivbild)
Der Bundesfinanzhof in München hat Klagen gegen die neue Grundsteuer-Reform zurückgewiesen, da Pauschalwerte verfassungskonform sind. Eigentümer planen Verfassungsbeschwerden, was weitere rechtliche Debatten auslösen könnte.

München (dpa) - Die seit Anfang des Jahres geltende Grundsteuer-Reform des Bundes ist rechtens und verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Der Bundesfinanzhof in München (BFH) hat in zweiter Instanz die Klagen von Immobilieneigentümern aus Köln, Berlin und Sachsen gegen die Neuregelung zurückgewiesen. Das verkündete der 2. BFH-Senat unter Leitung seiner Vorsitzenden Franceska Werth. 

Die Kläger sehen in dem Gesetz einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Finanzämter die Grundsteuer aufgrund pauschaler Durchschnittswerte für Nettokaltmieten und Bodenwert festsetzen dürfen. Der Eigentümerverband Haus & Grund und der Bund der Steuerzahler kündigten anschließend Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe an. 

Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen und trifft quasi die gesamte Bevölkerung, obwohl nur Eigentümer die Grundsteuer zahlen müssen. Doch Vermieter legen die Kosten üblicherweise auf ihre Mieter um. Ein Hauptkritikpunkt des Eigentümerverbands Haus & Grund und vieler Kläger ist, dass die Finanzämter die Mieteinnahmen in vielen Fällen zu hoch angesetzt hätten. «Es ist für viele Menschen eine wirkliche Belastung», sagte Reiner Holznagel, der Präsident des Steuerzahlerbunds. 

Pauschale Durchschnittswerte erlaubt

Der Bundesfinanzhof als Deutschlands höchstes Finanzgericht sieht in der Verwendung pauschaler Durchschnittswerte jedoch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Pauschale Festsetzung bedeutet, dass die Finanzämter nicht Mieteinnahmen und Bodenwert für jede Wohnung einzeln ermitteln müssen, sondern sich mit Durchschnittswerten begnügen dürfen. 

Diese Pauschalierung sei «verfassungsrechtlich vertretbar», sagte die Senatsvorsitzende Werth. Der Gesetzgeber darf sich laut BFH am Regelfall orientieren und muss nicht für jede Einzelheit eine Sonderregelung treffen. Die Bewertungsvorschriften der neuen Grundsteuer sind laut BFH realitätsgerecht – und die Auswirkungen bei der Festsetzung der Grundsteuer so gering, dass diese noch verfassungsrechtlich hinnehmbar sind.

Für Eigentümer und Mieter ändert sich nichts

Für Immobilieneigentümer – und damit auch Mieter – ändert sich nun erst einmal nichts: Die Finanzämter können die Grundsteuer weiter nach dem neuen Gesetz erheben. Verfassungsbeschwerden haben keine aufschiebende Wirkung. In den drei vom BFH verhandelten Revisionsverfahren aus Köln, Berlin und Sachsen ging es um das sogenannte Bundesmodell, das in elf Bundesländern gilt. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben eigene Regelungen getroffen, doch auch gegen diese Ländergesetze wehren sich zahlreiche Eigentümer. 

Millionenfacher Einspruch, mehr als zweitausend Klagen

Steuerzahlerbund und Haus & Grund halten die Ungenauigkeiten des Bundesmodells bei der Festsetzung der Grundsteuer für zu groß: 
«Wir denken, dass der Toleranzbereich in vielen Punkten überschritten ist und wollen deswegen den Weg nach Karlsruhe einschlagen», sagte Kai Warnecke, der Präsident von Haus & Grund. Bundesweit hatten nach Angaben des Augsburger Rechtswissenschaftlers Gregor Kirchhof 2,8 Millionen Eigentümer Einspruch gegen die Grundsteuerwertbescheide ihrer Finanzämter eingelegt. 

Vor den 18 Finanzgerichten in der ersten Instanz geklagt hatten und haben bislang mehr als 2.000 Immobilieneigentümer. Viele Einsprüche und Klagen sind bereits abgewiesen, doch haben die Finanzgerichte wegen der Revisionsverfahren am BFH eine dreistellige Zahl ähnlich gelagerter Klagen ruhen lassen. Nun müssen die betreffenden Finanzgerichte überlegen, ob sie diese Verfahren weiter ruhen lassen und den Ausgang der angekündigten Verfassungsbeschwerde abwarten.

Alte Regelung war verfassungswidrig

Notwendig geworden war die Reform der Grundsteuer, weil das Bundesverfassungsgericht die alte Regelung 2018 für verfassungswidrig erklärt hatte. Die zugrundeliegenden Grundstückswerte waren im Westen seit 1964 nicht mehr aktualisiert worden, im Osten seit 1935. Das hatte große Ungleichheiten bei der Besteuerung zur Folge. Um das neue Gesetz hatte es ein langes Hickhack gegeben, anschließend mussten 36 Millionen Grundstücke und Gebäude neu bewertet werden. 

Reform soll keine Steuererhöhung sein

Die Reform soll insgesamt «aufkommensneutral» sein, also keine versteckte Grundsteuererhöhung mit sich bringen. Etliche Kritiker bezweifeln das. Im ersten Halbjahr 2024 hatten die 16 Länder noch nach der alten Regelung acht Milliarden Euro Grundsteuer eingenommen. 

Ob die Reform wirklich aufkommensneutral war, wird erst feststehen, wenn die vollständigen Einnahmen der Jahre 2024 und 2025 veröffentlicht sind. Auch eine aufkommensneutrale Neuregelung bedeutet jedoch nicht, dass jeder einzelne Eigentümer ebenso viel oder wenig berappen müsste wie zuvor – manche zahlen weniger, andere mehr. 

Länder-Flickwerk bei der Grundsteuer zieht Prozessmarathon nach sich

Auch ohne Verfassungsbeschwerde würde nach den ersten BFH-Urteilen längst nicht für alle Immobilieneigentümer im Land Rechtssicherheit herrschen. Denn den Bundesfinanzhof wird die Grundsteuer erneut beschäftigen: Da sich Bund und Länder bei der Grundsteuer-Reform nicht auf ein gemeinsames Modell einigen konnten, müssen die Münchner Bundesrichter nun Grundsatzentscheidungen in Serie treffen: Über die Revisionsklagen gegen die jeweiligen Gesetze der fünf Länder mit eigenen Regelungen will der BFH im kommenden Jahr entscheiden.

Steuern / Prozess (Gericht) / Deutschland / Bayern / Nordrhein-Westfalen / Sachsen / Berlin
10.12.2025 · 13:36 Uhr
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