Griechen müssen drastische Einbußen hinnehmen

Athen/Berlin (dpa) - Die Griechen müssen sich im Kampf gegen eine Staatspleite auf drakonische Einschnitte und einen schärferen Sparkurs einstellen.

Zu den Auflagen für das Milliarden-Hilfspaket gehören Gehaltskürzungen, Einschnitte beim öffentlichen Dienst und für Rentner sowie eine erneute Anhebung der Steuern und Preise.

Der Notfallplan für Athen, der auf Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euro-Partner von mehr als 120 Milliarden Euro in drei Jahren hinauslaufen könnte, soll bis spätestens Sonntag festgezurrt werden. Die deutschen Milliarden-Kredite könnten dann Ende nächster Woche endgültig stehen. Die Verabschiedung im Bundestag scheint gesichert: SPD, Grünen und Linke kündigten ihre Zustimmung für ein Eilverfahren an.

Die deutschen Banken könnten doch noch - auf freiwilliger Basis - zur Finanzierung des Rettungspakets für Griechenland herangezogen werden. Nach dpa-Informationen ist so ein Umdenken der Bundesregierung möglich. Umschuldungen, also einen Forderungsverzicht, lehnte sie bisher ab. Griechenland schuldet deutschen Banken insgesamt rund 43 Milliarden US-Dollar.

Wie am Donnerstag aus Koalitionskreisen verlautete, will die Regierung am Wochenende mit Spitzenvertretern deutscher Banken über einen Beitrag verhandeln. Man wolle versuchen, die Banken mit ins Boot zu holen, um das Milliardenrisiko für die Steuerzahler besser rechtfertigen zu können, hieß es. Am 9. Mai wird in Nordrhein- Westfalen gewählt. Eine Mehrheit der Deutschen will nach einer Umfrage von Infratest dimap für den ARD-«Deutschlandtrend» eine Beteiligung der Banken an der Hilfe für Griechenland.

Bundespräsident Horst Köhler attackierte am Donnerstag angesichts wachsender Turbulenzen die Finanzjongleure an den Märkten, die Profit aus der Griechenland-Krise schlagen. Erneut am Pranger stehen Rating-Agenturen, die zuvor die Kreditwürdigkeit von Griechenland, Portugal und Spanien herabstuften und damit neue Ängste auslösten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte die Bereitschaft zu Hilfen, sobald ein angemessenes Sparprogramm vereinbart ist. Sie sprach am Mittwoch mit US-Präsident Barack Obama. In einer Mitteilung des Weißen Hauses hieß es, beide hätten die «Bedeutung entschlossenen Handelns Griechenlands und einer rechtzeitigen Unterstützung» seitens des Internationalen Währungsfonds und Europas erörtert.

Nach einem Treffen des griechischen Ministerpräsidenten, Giorgos Papandreou, mit Spitzen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zeichneten sich Einzelheiten des Sparpakets ab. Danach soll der 13. und 14. Monatsbezüge für Staatsbediensteten sowie Rentner gestrichen werden. Die Mehrwertsteuer soll von 21 auf möglicherweise 23 Prozent klettern - die zweite Anhebung seit Jahresbeginn. Auch die Steuern auf Tabak, Spirituosen und Kraftstoff sollen steigen.

Zu den Konditionen für das Hilfspaket von IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und EU soll auch gehören, dass im staatlichen Sektor die Gehälter für mindestens drei Jahre eingefroren werden. Das Gleiche sei für die Privatwirtschaft erwünscht. Der Einstellungsstopp im Staatsdienst soll für unbestimmte Zeit bestehenbleiben. Gewerkschaften kritisierten die «harten und bitteren Maßnahmen».

Experten befürchten wachsenden Widerstand in der Bevölkerung. Es bleibt ungewiss, ob sich die Athener Regierung durchsetzen kann. Durch die drastischen Sparmaßnahmen könnte die griechische Wirtschaft vollends abgewürgt werden. Merkel betonte dennoch: Für die Finanzhilfen sei ein nachhaltiges und «schonungsloses Programm» vonnöten. Es gebe keine Alternative für diesen Weg.

Köhler sagte bei einer Münchner Wirtschaftstagung: «Die aktuelle Krise zeigt ein Muster, das nicht akzeptabel ist - die Gewinne haben wenige gemacht, die Verluste muss die Allgemeinheit tragen.» Er forderte «einfache und harte Regeln für die Finanzindustrie». Mit Blick auf Griechenland sagte Köhler: «Deutschland sollte auch aus eigenem Interesse seinen Beitrag zur Stabilisierung leisten.»

Der Gesamtumfang der Notkredite für Griechenland bleibt unklar. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in der ARD am Mittwochabend: «Die (Zahl) weiß niemand.» Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatte zuvor erklärt, Griechenland brauche insgesamt 135 Milliarden Euro bis 2012. Auf Deutschland könnten demnach 25 bis 30 Milliarden Euro zukommen. Bisher war lediglich erklärt worden, Griechenland brauche 45 Milliarden Euro für 2010.

Die Verhandlungen in Athen kommen nach Einschätzung der EU- Kommission gut voran. Auch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet rechnet mit einem Erfolg der Anstrengungen.

Erneut gerieten Rating-Agenturen in die Kritik. FDP-Chef Guido Westerwelle plädierte für eine eigene unabhängige europäische Rating- Agentur, wie sie bereits im schwarz-gelben Koalitionsvertrag gefordert wird.

In Athen sitzen zur Zeit Experten von EU, IWF, EZB und Griechenlands am Tisch, um die Hilfen zu koordinieren. Die Euro- Länder wollen im ersten Jahr bis zu 30 Milliarden Euro schultern, der Internationale Währungsfonds (IWF) bis zu 15 Milliarden.

Finanzen / EU / Griechenland
29.04.2010 · 23:15 Uhr
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