Investmentweek

Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf warnt vor wirtschaftlicher Erosion

22. Januar 2025, 13:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Die wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands und die Konsequenzen eines Politikwechsels. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf fordert strukturelle Reformen und sieht eine düstere Zukunft, sollte die Wirtschaftspolitik auf ihrem aktuellen Kurs bleiben.

Deutschland steht wirtschaftlich vor einer der größten Bewährungsproben seit Jahrzehnten. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf zeichnet ein klares, jedoch besorgniserregendes Bild der Lage: Eine strukturelle Krise in der Metall- und Elektroindustrie, stagnierende Produktivität und ausbleibende Investitionen könnten langfristig nicht nur den wirtschaftlichen Kern des Landes aushöhlen, sondern auch das politische Klima maßgeblich verändern.

Eine „drastische Wirtschaftswende“ oder politische Konsequenzen?

Wolf warnt eindringlich vor den politischen Folgen einer ausbleibenden wirtschaftlichen Kurskorrektur. Sollte es einer neuen Regierung nicht gelingen, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, rechnet er mit einem weiteren Erstarken der Alternative für Deutschland (AfD).

Die Partei, die sich zunehmend als wirtschaftsfreundliche Kraft positioniert, könnte nach Wolfs Einschätzung in vier Jahren auf bis zu 35 Prozent Wählerzuspruch kommen.

Seine Prognose wirft ein Schlaglicht auf die Unzufriedenheit vieler Bürger, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr ausreichend repräsentiert fühlen.

„Wenn die wirtschaftlichen Probleme nicht angegangen werden, wird das Vakuum von Kräften gefüllt, die andere Lösungen versprechen“, so Wolf.
Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf sieht die deutsche Metall- und Elektroindustrie in einer tiefgreifenden Krise: Seit zehn Monaten in Folge sinkt die Zahl der Beschäftigten – aktuell sind noch 3,91 Millionen Menschen in der Branche tätig.

„Die Wirtschaft ist der Schlüssel zur Stabilität“

Die Wirtschaftspolitik steht laut Wolf im Zentrum der Lösung. Bürokratieabbau, Steuersenkungen und die Senkung von Sozialversicherungsbeiträgen sind für ihn unabdingbare Maßnahmen, um Deutschland als attraktiven Standort für Investitionen zu erhalten.

Derzeit jedoch sieht er wenig Hoffnung, dass eine Regierungskoalition unter Beteiligung von SPD oder Grünen diese Agenda umsetzen wird.

Er verweist auf unnötige Gesetze wie das Lieferkettengesetz und die Datenschutzgrundverordnung, die seiner Meinung nach Unternehmen unnötig belasten.

„Allein 70 Milliarden Euro gehen jährlich in Bürokratie. Diese Gelder könnten besser investiert werden“, betont er.

Arbeitsmarkt unter Druck – Flexibilität gefragt

Besonders alarmierend sind Wolfs Aussagen zum Arbeitsmarkt in der Metall- und Elektroindustrie. Seit Monaten verzeichnet die Branche einen kontinuierlichen Stellenabbau.

Aktuell arbeiten noch rund 3,91 Millionen Menschen in diesem Sektor, während gleichzeitig über 157.000 Fachkräfte mit entsprechenden Qualifikationen arbeitslos sind. Dies zeigt laut Wolf, dass strukturelle Probleme nicht allein durch Kurzarbeit oder Arbeitsmarktförderung gelöst werden können.

Die Idee von „Arbeitsmarktdrehscheiben“, wie sie von der IG Metall vorgeschlagen wurden, bewertet Wolf als ineffektiv. Solche Modelle, die nur innerhalb einer Branche greifen, seien angesichts des massiven Wandels unzureichend.

Stattdessen plädiert er für eine branchenoffene Qualifizierung, auch wenn dies für viele Beschäftigte Einschnitte bei Einkommen und beruflichen Perspektiven bedeuten könnte.

Standort Deutschland: Gefahr für die Industrie?

Ein weiteres Thema, das Wolf aufgreift, ist die schwindende Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmen im Inland. Konzerne wie Volkswagen verlagern zunehmend Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland.

„Sehr viele Unternehmen investieren nicht mehr in Deutschland“, so Wolf.

Dies sei eine direkte Konsequenz der hohen Kosten und regulatorischen Anforderungen. Besonders kritisch sieht er die Belastung durch hohe Lohnnebenkosten, die laut Wolf auf maximal 40 Prozent gedeckelt werden müssten. Dies sei essenziell, um Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu halten.

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Was tun gegen steigende Sozialausgaben?

Wolf identifiziert den aufgeblähten Sozialetat als einen zentralen Kostentreiber. Allein für das Bürgergeld werden jährlich über 37 Milliarden Euro aufgewendet. Diese Mittel könnten laut ihm effizienter eingesetzt werden.

Ähnliche Einsparpotenziale sieht er in der Verwaltung, wo digitale Lösungen und die Zusammenarbeit zwischen Sozialversicherungsträgern zu erheblichen Kostensenkungen führen könnten.

Eine „Agenda 2030“ für Deutschland?

Wolf fordert eine radikale Reform der deutschen Sozial- und Wirtschaftspolitik. Dabei bezieht er sich auf die Agenda 2010, die unter der Regierung Schröder eingeführt wurde, und plädiert für einen ähnlich mutigen Schritt. „Wir stehen an einem Punkt, an dem nicht nur die Wirtschaft, sondern die gesamte Gesellschaft Reformen benötigt“, so Wolf.

Politische Implikationen – ein Weckruf für die Mitte

Die Herausforderungen, die Wolf skizziert, machen deutlich, dass es nicht nur um wirtschaftliche Fragen geht, sondern auch um den sozialen und politischen Zusammenhalt.

Ein Erstarken der AfD in den nächsten Jahren könnte die politische Landschaft Deutschlands nachhaltig verändern. Ob dies jedoch eine Chance oder eine Gefahr darstellt, hängt davon ab, wie die etablierten Parteien auf die wachsende Unzufriedenheit reagieren.

Für Wolf ist klar: „Die Wirtschaft ist das Rückgrat der Stabilität. Wenn wir diese verlieren, verliert Deutschland nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch seinen gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Finanzen / Wirtschaft
[InvestmentWeek] · 22.01.2025 · 13:00 Uhr
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