Finanzspritze gegen das Defizit: Pflegeversicherung unter Druck
Die neue Gesundheitsministerin Nina Warken steht vor einer enormen Herausforderung: Die Pflegeversicherung läuft Gefahr, in ein Milliardendefizit zu schlittern. Angesichts der Folgen hoher Ausgaben während der Corona-Pandemie sei ein finanzieller Ausgleich des Bundes unausweichlich, so Warken gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Laut der DAK-Gesundheit-Krankenkasse könnte die Pflegeversicherung in diesem Jahr ein Defizit von 1,65 Milliarden Euro verzeichnen, das sich bis 2026 auf 3,5 Milliarden Euro erhöhen könnte.
Warken kündigte an, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe in Kürze mit der Ausarbeitung umfassender Reformvorschläge beginnen wird, doch seien kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung der Pflegefinanzen dringend erforderlich. Bereits ihr Vorgänger Karl Lauterbach hatte eine Reform angekündigt, die jedoch aufgrund des politischen Stillstands nicht zustande kam. Warken macht auch auf die Schulden aufmerksam, die der Bund an die Pflegekassen zurückzahlen müsse, insbesondere hinsichtlich Ausgaben während der Pandemie.
Politischer Druck kommt ebenfalls von den Grünen, deren Fraktionschefin Britta Haßelmann den schleppenden Reformprozess kritisierte. Sie warnte, dass die Pflege in einem kritischen Zustand sei und die Reformen nicht länger aufgeschoben werden dürften. Unterdessen plädiert Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach dafür, höhere Beiträge für die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden und fordert schnelles Handeln von der Bundesregierung, um Beitragsanhebungen noch in diesem Jahr zu verhindern.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, betont, dass zunächst die Einnahmen der Pflegeversicherung gesichert werden müssen. Erst dann könne über Reforminhalte gesprochen werden. Neben der Rückzahlung der coronabedingten Lasten müsse auch der Bundesfinanzminister jährliche Mittel für Rentenversicherungsbeiträge pflegender Angehöriger zurückzahlen, fordert Brysch.
Ein drohender Beitragsanstieg sorgt ebenfalls für Besorgnis. Ohne neue Finanzmittel könnte spätestens zum Jahreswechsel 2026 eine Erhöhung um mindestens 0,3 Beitragssatzpunkte notwendig werden, warnte DAK-Vorstand Andreas Storm. Die Pflegeversicherung verzeichnete bereits im vergangenen Jahr ein Defizit von 1,54 Milliarden Euro, was zur Folge hatte, dass die Beiträge zu Beginn des Jahres um 0,2 Prozentpunkte erhöht wurden.
Der neue DAK-Pflegereport skizziert zudem eine herausfordernde Zukunft: Bis 2055 könnte die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland auf bis zu 7,6 Millionen Menschen anwachsen. Angesichts dieser Prognosen fordert die Wirtschaftsweise Veronika Grimm Leistungskürzungen und eine stärkere Selbstbeteiligung der Pflegepatienten, um das System zukunftssicher zu gestalten.