Ex-Premierministerin Liz Truss im Clinch mit dem Establishment
Die ehemalige britische Premierministerin Liz Truss gibt in ihrem neuen Buch brisante Einblicke in das angespannte Verhältnis zwischen ihr und dem Gouverneur der Bank of England, Andrew Bailey. In "Ten Years to Save the West" bezeichnet Truss das Vorgehen der BoE, des Finanzministeriums und der unabhängigen Finanzwächter vom Office for Budget Responsibility als beispielhaft für ein Establishment, von dem sie sich im Stich gelassen fühlte. Sie wirft ihnen vor, fatalistisch den wirtschaftlichen Niedergang des Landes hinzunehmen und eine stärkere Fokussierung auf buchhalterische Ausgewogenheit statt Wirtschaftswachstum zu haben.
Für Aufsehen sorgt vor allem die Enthüllung, dass Truss mit dem Gedanken spielte, Bailey zu entlassen. Die kurze Amtszeit von Truss als Premierministerin wurde von einem wirtschaftlichen Chaos überschattet, ausgelöst durch ihr Budget für kleinere Ausschüttungen, welches die Märkte in eine Krise stürzte. Die Ankündigung des sogenannten "Mini"-Budgets hatte ein Beben an den Märkten zur Folge: Die Renditen von Staatsanleihen schossen in die Höhe und zwangen die BoE, einzugreifen, um einen Kollaps des Pensionssektors zu verhindern.
Truss beschreibt, dass Bailey effektiv die Besetzung einer Außenseiterin, Antonia Romeo, im Finanzministerium verhinderte, da er negative Reaktionen der Märkte befürchtete. Nach ihrer Darstellung stemmten sich Bailey und die wirtschaftlichen Institutionen gegen ihre Vorhaben und sorgten dafür, dass stattdessen der erfahrene Beamte James Bowler zum Spitzenbeamten des Finanzministeriums ernannt wurde.
Die ehemalige Premierministerin rechtfertigt sich, dass die Kommunikation rund um das Budget nicht optimal war, verweist jedoch die Hauptschuld für die darauf folgende wirtschaftliche Krise von sich. Die betroffenen Institutionen – die BoE, das Finanzministerium und das OBR – haben bislang von einer Stellungnahme abgesehen.
Neben den wirtschaftspolitischen Turbulenzen erinnert sich Truss in ihrem Buch auch an den Moment, als sie kurz nach ihrem Amtsantritt vom Tod der Königin Elizabeth II. erfuhr, ein Ereignis, das sie zutiefst erschütterte.
Trotz aller Turbulenzen und Kritik schließt Truss eine erneute Kandidatur für die Führung der Konservativen nicht aus und kündigt an, bei den erwarteten Parlamentswahlen erneut für ihren Wahlkreis South West Norfolk zu kandidieren. Die Äußerungen von Truss stoßen indes auf deutliche Ablehnung seitens des Schattenkabinettsministers Jonathan Ashworth, der bereits vor negativen Konsequenzen für die arbeitende Bevölkerung warnt, sollten sich Truss' politische Ambitionen erneut bewahrheiten. (eulerpool-AFX)