Dreyer befürwortet Corona-Aufarbeitung

via dts Nachrichtenagentur
Malu Dreyer (Archiv)

Mainz - Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), hat sich für eine Aufarbeitung der Corona-Politik ausgesprochen. "Ich halte eine Aufarbeitung - in welcher Form auch immer - für wichtig, um für die Zukunft zu lernen und auch, um den Riss zu kitten, der zwischen Befürwortern und Gegnern der Corona-Maßnahmen entstanden ist", sagte Dreyer dem Nachrichtenportal "T-Online" am Dienstag.

Die SPD-Politikerin verwies zudem auf die extreme Ausnahmesituation, in der damals die politischen Verantwortlichen ihre Entscheidungen trafen. "Politik und Gesellschaft standen während der Corona-Pandemie vor nie da gewesenen existentiellen Fragen um Leben und Tod", so Dreyer. Den Regierungen von Bund und Ländern sei wichtig gewesen, "auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse Entscheidungen zu treffen".

Mehrere Grünen-Abgeordnete im Bundestag sprechen sich ebenso sich für eine umfassende Aufarbeitung der Corona-Politik aus. "Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wäre es gut, wenn es mit etwas Abstand eine Aufarbeitung der Corona-Politik gäbe", sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Helge Limburg der "Welt" (Mittwochausgabe). "Das kann eine Enquete-Kommission sein, eine Expertenkommission oder eine andere Form der Auseinandersetzung, die den Menschen signalisiert: Wir wischen die einschneidenden Maßnahmen von damals nicht einfach zur Seite."

Die Folgen der Pandemie-Politik seien für Kinder und Jugendliche "ganz konkret spürbar", sagte Limburg weiter. "Es gibt psychische Probleme, die weit über das normale Maß hinausgehen." Er werde von Ungeimpften angesprochen, die sagten, sie hätten nicht vergessen, wie sie behandelt worden seien. Leute, die Angehörige in der Pandemie verloren haben, würden berichten, wie schlimm die Einschränkungen beim Trauern gewesen seien. "Das ist eine Wunde, die bleibt." Es brauche eine Aufarbeitung, die zeige: "Manchen Menschen ist in der Pandemie verbal oder tatsächlich Unrecht geschehen."

Die Gesundheits- und Haushaltspolitikerin Paula Piechotta (Grüne) hält eine Aufarbeitung für überfällig. "Die Pandemie und die Energiekrise sind vorbei, aber die nächsten Krisen stehen schon vor unserer Tür", sagte sie der "Welt" (Mittwochausgabe). "Deswegen ist es nun, fast genau vier Jahre nach Beginn der ersten Pandemie-Maßnahmen in Deutschland, überfällig, die Fehler der Pandemie-Politik in den unterschiedlichsten Bereichen von Gesundheits- über Bildungs- bis Finanzpolitik für alle transparent und zeitnah aufzuarbeiten." Interdisziplinäre Sachverständigenräte sollten den Ausschüssen des Bundestags bis zum Herbst zum jeweiligen Themenfeld Lehren in Berichtsform zukommen lassen, die die Ausschüsse dann debattieren können, schlug Piechotta vor.

Aus der Grünen-Fraktion im Bundestag fordern zudem Corinna Rüffer, Expertin für Behindertenpolitik, Rechtspolitikerin Manuela Rottmann, Dieter Janecek, Koordinator der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, und Tabea Rößner, Vorsitzende des Ausschusses für Digitales, eine Aufarbeitung.

Der gesundheitspolitische Sprecher Janosch Dahmen lehnt das Instrument einer Enquete-Kommission bislang ab. "Eine Enquete-Kommission oder gar ein Untersuchungsausschuss wäre jetzt das falsche Instrument und würde vor allem für parteipolitische Profilierung missbraucht werden", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Janosch Dahmen, dem Nachrichtenportal "T-Online". Das helfe niemandem.

Solche Gremien würden von jenen besonders laut gefordert, "die sich erkennbar über die andauernde, unabhängige, wissenschaftliche Aufarbeitung hinwegsetzen wollen, um mit populistischen Parolen politische Duftmarken zu setzen", kritisierte Dahmen. "Als Arzt und Politiker finde ich es vor dem Hintergrund der unzähligen Opfer falsch, die Aufarbeitung der Pandemie nun für die anstehenden Wahlkämpfe instrumentalisieren zu wollen."

Die FDP bevorzugt das Instrument einer Enquete-Kommission - also ein Gremium, dem neben bestehen Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis auch Abgeordnete angehören. "Wir sollten die Fehler ebenso wie die richtigen Entscheidungen während der Corona-Pandemie reflektieren und aus diesen lernen", sagte Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, dem "Spiegel".

Erforderlich sei eine Kommission zur Aufarbeitung von Pandemie, Maßnahmen, Freiheits- und Grundrechtseinschränkungen sowie gesellschaftlicher Folgen. "Hierfür eignet sich eine Enquetekommission im Deutschen Bundestag besonders gut", so Vogel. Er fordert, diese "zeitnah" einzusetzen, um mit ausreichend Vorlauf vor dem Ende der Legislaturperiode mit dieser Aufarbeitung zu beginnen.

Die Idee hatten die Liberalen schon früher geäußert. Sie geht zurück auf Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki und den Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann, die im Februar 2023 ein Positionspapier mit der Forderung nach einer Enquetekommission präsentiert hatten.

Auch Linken-Politiker Gregor Gysi sprach sich für eine Enquete-Kommission aus. "Diese Enquete-Kommission muss klären, welche Maßnahmen richtig und notwendig waren, welche bei einem ähnlichen Fall nicht wiederholt werden dürfen und ob es wesentlich weniger beeinträchtigende Alternativen zu den getroffenen Entscheidungen gibt", sagte Gysi dem Nachrichtenportal "T-online" am Dienstag. Als Beispiele nannte Gysi jene Maßnahmen, die zu Schulausfall und zur Isolierung von Kindern geführt hätten, sowie generelle Fragen einer Impfpflicht.

"Die Enquete-Kommission hätte viel zu tun", so Gysi weiter. Der Bundestag sei verpflichtet, all dies aufzuarbeiten und der Bevölkerung entsprechende Auskünfte zu erteilen. Von der Unionsspitze im Bundestag habe es im Herbst auf einen entsprechenden Linken-Vorschlag geheißen, man sei für eine Enquete-Kommission in der nächsten Legislaturperiode. "Wir werden darauf auf jeden Fall zurückkommen."

Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, hat bereits im September 2020 ein "unabhängiges Gremium für Pandemievorbereitung und -reaktion" eingesetzt, um die Reaktion auf die Corona-Pandemie sowie Präventionsmaßnahmen laufend und evidenzbasiert zu untersuchen. Das Gremium hat seitdem Vorschläge zur Verbesserung der Prävention und Reaktion auf Pandemien unterbreitet und mehrere Artikel in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Zu den empfohlenen Maßnahmen gehören unter anderem eine verstärkte unabhängige Überwachung neuer Viren sowie ein gerechterer Zugang zu medizinischen Gegenmaßnahmen. (dts Nachrichtenagentur)

Politik / Deutschland / Gesundheit
26.03.2024 · 18:20 Uhr
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