Analyse: Brüchige Einheit in der EU

Brüssel (dpa) - «Madame Non» steht diesmal nicht am Pranger. Im Gegenteil: Die Selbstverpflichtung zur Sanierung der Haushalte, die für Angela Merkel oberste Priorität hat, ist Allgemeingut des EU-Gipfels.

Doch die Einheit trügt: Die Kanzlerin und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy haben weiterhin sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft der Europäischen Union.

«Ich habe keine Zeit, eine Stunde hier eine Programmrede zu halten. Sagen Sie doch Frau Merkel und Herrn Sarkozy, sie sollen ihnen das mal gemeinsam vortragen» - diese Antwort des Luxemburgers Jean-Claude Juncker auf die Frage nach der neuen «Wirtschaftsregierung» der EU spricht für sich. Jeder hat inzwischen seine eigene Theorie, wie die neue Wunderwaffe für die Wirtschafts- und Finanzpolitik funktionieren soll.

Nach Merkels Vorstellungen sollen alle 27 EU-Staats- und Regierungschefs regelmäßig drängende Probleme beraten und gegebenenfalls Vorgaben erarbeiten. Die Kanzlerin will dabei unbedingt verhindern, dass die EU in Starke und Schwache, in Euroländer und nicht Euro-Länder aufgespalten wird.

Sarkozy sieht dagegen das eigentliche Entscheidungsgremium bei den Chefs der Eurogruppe, der 16 Ländern mit der Gemeinschafswährung angehören. Er hat inzwischen Merkels Position akzeptiert. Er will aber, dass «bei Bedarf» die 16 Euroländer zu eigenen Spitzenrunden zusammenkommen. Was «bei Bedarf» heißt und wie oft die Chefs der Euro-Gruppe getrennt vom Rest der EU tagen werden, ist unklar.

Merkel selbst hat mit dieser bewussten Unklarheit kein Problem, solange die Franzosen keinen politischen Einfluss auf die Geldpolitik der europäischen Zentralbank nehmen und die Osterweiterung über den Umweg Euro-Gruppe nicht wieder aushebeln. Da Gipfel-Beschlüsse möglichst einstimmig fallen sollen, kann Merkel auch die Kontrolle über das Geschehen behalten.

Für die innenpolitisch gerade arg gebeutelte Kanzlerin ist es in Brüssel auch wichtig, dass ihr zunächst - von Paris bis Washington - kritisierter Sparkurs inzwischen allgemein akzeptiert wird. «Jeder muss doch verstehen, dass wir mit Schummeln und Mauscheln nicht mehr durchkommen», hieß es aus der deutschen Delegation. Länder, die bisher nicht ans Sparen dachten, sind inzwischen feste dabei.

So kann Merkel inzwischen auch verkraften, dass sie keine Mehrheit der EU-Regierungschefs für ihre Forderung nach Änderung der Verträge hat, um die Stabilitätskriterien zu verschärfen. Die Forderung nach Ausschluss notorischer Defizitsünder hat Merkel bereits vom Tisch genommen.

Dagegen stößt der Vorstoß von Merkel und Sarkozy für einen vorübergehenden Entzug von Stimmrechten von chronischen Schuldenmachern bei vielen Gipfel-Teilnehmern auf Zustimmung. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Derzeit verstoßen die EU-Länder - auch Deutschland - reihenweise gegen die vor 20 Jahren festgelegten Maastricht-Kriterien für den Euro. Und Skeptiker glauben, dass das noch lange so bleiben wird. «Wir haben die Krise noch nicht gelöst - wir haben nur Zeit gekauft», sagen Experten, die an den vielen Verhandlungen über die gigantischen Rettungsschirme beteiligt waren.

EU / Gipfel
17.06.2010 · 13:33 Uhr
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