Zeus in der Krise: Netflix-Serie „Kaos“ bringt antike Mythen in die Gegenwart
Die griechische Mythologie erhält in der neuen Netflix-Dark-Comedy „Kaos“ eine moderne Neuinterpretation. Der göttliche Herrscher Zeus, seines Amtes überdrüssig, verbringt seine Tage in einer protzigen Olympia-Villa – gekleidet in einen grellen weißen Trainingsanzug und von seinen zahlreichen Kindern ignoriert. Er fühlt sich nicht nur ungeliebt, sondern auch mehr und mehr unbedeutend, während eine Prophezeiung über seinen möglichen Sturz an ihm nagt.
Charlie Covell, bekannt für Serien wie „The End of the F***ing World” und „Truelove”, widmet sich in „Kaos“ den existenziellen Ängsten der Unsterblichen. In einer achtteiligen Serie, die antike Geschichten in die heutige Zeit überträgt, werden Opferrituale im Fernsehen übertragen, Achillesfrühstücksflocken im Supermarkt verkauft und das Betreten der Unterwelt als Pub-Quiz-Gewinn ausgelobt.
Ähnlich wie bei Amazon Primes „Good Omens“ trifft Überirdisches auf Alltägliches. Auch ohne vertiefte Mythenkenntnisse sorgt die Serie für einige Schmunzler dank respektloser Neuinterpretationen und Anspielungen. So ist Orpheus (Killian Scott) nicht mehr der poetische Sänger, sondern ein mittelmäßiger Popstar, der seiner verstorbenen Geliebten Eurydice („Riddy“, gespielt von Aurora Perrineau) nachtrauert, die im Tod Erleichterung von seinen kitschigen Liedern findet.
Hedonist Dionysus (Nabhaan Rizwan) kämpft mit Vaterkomplexen, während Poseidon (Cliff Curtis) auf seiner Superyacht kreuzt. Prometheus (Stephen Dillane), immer noch an seinen Felsen gekettet, bricht spielerisch die vierte Wand und bezeichnet Zeus als „transzendente, uneingeschränkte Plage“.
Jeff Goldblum verkörpert Zeus und bringt seine typische schrullige Ausstrahlung mit, kombiniert mit einer verzweifelten Note: Auf der Erde brodeln antigittts-proteste und auch auf dem Olymp spitzt sich eine Verschwörung zu. Die Anspielungen auf heutige Demagogen und deren unsichergetriebenes Verhalten auf globaler Bühne sind unverkennbar.
Doch während Goldblum mühelos agiert, kämpft die Serie selbst darum, die zahlreichen Handlungsstränge zwischen Olymp, Erde und der monochrom gefilmten Unterwelt zusammen zu halten. „Kaos“ ist letztlich zu handlungsgetrieben und diffus, um als leichte Ablenkung zu dienen, und zu bemüht intellektuell, um echte emotionale Bindungen zu schaffen. Trotz kreativer Ansätze bleibt es fraglich, ob die Serie als Klassiker in Erinnerung bleiben wird.