Wulff trifft Angehörige der Neonazi-Opfer

Berlin (dpa) - Geste der Anteilnahme: Bundespräsident Christian Wulff hat am Mittwochabend Angehörige der Opfer der Neonazi-Mordserie zu einem vertraulichen Gespräch empfangen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete das Treffen als «Zeichen der Zuwendung und der Verbundenheit des ganzen deutschen Volkes».

Eindringlich rief sie die demokratischen Parteien zum vereinten Kampf gegen den Rechtsextremismus auf. An dem Treffen mit Wulff nahmen auch mehrere Spitzenpolitiker teil. Bei der Anfahrt zum Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, wurden unter anderen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und mehrere Chefs der Bundestagsfraktionen gesehen. Beim Gespräch mit den Angehörigen der zehn Toten kam möglicherweise auch die Frage einer zentralen Trauerfeier zur Sprache. Über einen solchen Staatsakt ist noch nicht entschieden.

Opfer der Mordserie einer Neonazi-Bande zwischen den Jahren 2000 und 2007 waren acht türkischstämmige und ein griechischer Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. «Diese Taten sind nicht mehr und nicht weniger als ein Angriff auf unser demokratisches Gemeinwesen», sagte Merkel im Bundestag. Die in Schwarz gekleidete Regierungschefin las die Namen aller zehn erschossenen Opfer vor.

In Berlin kam erneut das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages für die Geheimdienste zusammen. Dessen Vorsitzender Thomas Oppermann (SPD) forderte das Bundeskriminalamt auf, nun «hochkonzentriert» die Ermittlungen gegen die Neonazi-Gruppe und ihr Umfeld zu Ende zu bringen. Die weitere Aufarbeitung im Parlament ist noch nicht geklärt. Oppermann selbst trat für die Einsetzung einer Bund-Länder-Kommission ein. Für die Grünen forderte Hans-Christian Ströbele einen Untersuchungsausschuss.

Unterdessen rückt ein neuer Anlauf zum Verbot der rechtsextremen NPD näher. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will prüfen, ob ein Verbotsverfahren möglich ist, ohne alle V-Leute aus der NPD abziehen zu müssen. An der Existenz der V-Leute des Verfassungsschutzes war 2003 der erste Versuch gescheitert, ein Verbot durchzusetzen. «Wir werden prüfen, ob es einen gangbaren Mittelweg gibt», sagte Friedrich. Auch der frühere Innenminister Otto Schily (SPD) sprach sich für ein neues Verbotsverfahren aus.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel warf der Bundesregierung vor, durch eine weitere Schwächung der Gemeindefinanzen den Rechtsextremismus zu begünstigen. Wenn Städte und Gemeinden sich wegen der Finanznot aus ihren Aufgaben zurückzögen, würden Rechtsradikale in diese sozial entleerte Räume eindringen, sagte Gabriel im Bundestag. Als Beispiel nannte er ostdeutsche Kommunen, in denen die NPD anbiete, Jugendzentren und Kindergärten fortzuführen, die ansonsten geschlossen würden.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir forderte mehr Geld für Initiativen gegen Rechtsextremismus und für Aussteigerprojekte. Mit Blick auf die Bundestagsdebatte über die Serienmorde der Zwickauer Neonazi-Zelle sagte Özdemir, er habe ein Wort des Dankes vermisst an diejenigen, die vor Ort die «Drecksarbeit» übernommen hätten.

Die Erfurter Untersuchungskommission zu möglichen Pannen der Sicherheitsbehörden im Umgang mit dem Neonazi-Trio nahm am Mittwoch ihre Arbeit auf. Sie steht unter Leitung des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer. Auch die konkreten Umstände des Verschwindens des ursprünglich aus Thüringen stammenden Neonazi-Trios Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos 1998 werden geprüft.

FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff forderte wegen der Neonazi-Mordserie einen Untersuchungsausschuss im Bundestag. Insbesondere die sich erheblich widersprechenden Aussagen von Ermittlern zu dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn ließen Skepsis aufkommen, inwieweit die von Chefs der Sicherheitsbehörden verbreiteten Informationen zuträfen.

Die Polizei hatte dem Thüringer Generalstaatsanwalt Hartmut Reibold zufolge schon im März 2002 Hinweise auf den Aufenthaltsort des gesuchten Terror-Trios in Chemnitz. Das gehe aus einem Aktenvermerk hervor, sagte Reibold am Mittwoch in Erfurt. Er habe aber keine Kenntnis, wie die Polizei in Thüringen oder Sachsen weiter vorgegangen sei. «Das war Aufgabe der Polizei.»

Die Festnahme zweier Bombenleger aus Aachen im vergangenen Jahr ist nach Informationen des Berliner «Tagesspiegels» V-Leuten des Verfassungsschutzes zu verdanken. Sie hätten den entscheidenden Hinweis bei den Ermittlungen gegen die Neonazis gegeben. Ohne die Festnahme «hätte sich möglicherweise eine weitere Terrorgruppe neben dem "Nationalsozialistischen Untergrund" der drei Jenaer Neonazis gebildet», zitierte das Blatt (Donnerstag) Sicherheitskreise.

Extremismus / Kriminalität / Haushalt / Bundestag
23.11.2011 · 19:23 Uhr
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