Verletzte und Festnahmen nach Wahl in Weißrussland

Minsk (dpa) - Der als «letzter Diktator Europas» kritisierte weißrussische Staatschef Lukaschenko hat sich eine vierte Amtszeit gesichert. Proteste gegen seinen Wahlsieg ließ er gewaltsam niederschlagen. Die OSZE nennt die Abstimmung «undemokratisch».

Der 56-Jährige, der die Ex-Sowjetrepublik seit 16 Jahren mit eiserner Hand führt, ließ sich von der Wahlkommission am Montag mit 79,67 Prozent der Stimmen zum Sieger der Präsidentenwahl erklären. Die Opposition in Minsk warf den Behörden Wahlbetrug vor. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verurteilte die Abstimmung als undemokratisch. Bundesregierung und Europäische Union (EU) forderten das Regime auf, festgenommene Regierungskritiker freizulassen.

Lukaschenko widersprach den Vorwürfen und meinte, die Wahl sei «würdig» verlaufen. Bei gewaltsamen Protesten Zehntausender Regierungskritiker waren mehrere Oppositionskandidaten verletzt worden. Die Polizei nahm nach unabhängigen Medienberichten rund 1000 Menschen fest. Lukaschenko kündigte an, die Pressefreiheit weiter einzuschränken. Er werde die Strafen verschärfen, sagte der Staatschef, der oft als «letzter Diktator Europas» bezeichnet wird.

Die Bundesregierung kritisierte die Abstimmung unterdessen scharf. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach in Berlin von einem «herben Rückschlag» für die Annäherung des Landes an die EU. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich «sehr besorgt» wegen der Übergriffe auf Oppositionskandidaten. Er hatte bei einem Besuch in Minsk Anfang November demokratische Wahlen gefordert.

Die Auszählung der Stimmen sei fehlerhaft gewesen, urteilte der Chef der OSZE-Beobachtermission, der Deutsche Geert-Hinrich Ahrens. Zugleich lobte die OSZE kleinere demokratische Fortschritte.

Das Weiße Haus in Washington machte in einer Mitteilung klar, das von der Wahlkommission in Minsk bekanntgegebene Resultat der Präsidentenwahl nicht als rechtmäßig anzuerkennen. Die Festnahme von oppositionellen Präsidentenkandidaten und Protestierenden sowie die Einschränkung der Pressefreiheit nach der Wahl stellten einen klaren Rückschritt für die Beziehung zwischen beiden Ländern dar.

Der mächtige Nachbar Russland erkannte das Ergebnis hingegen an. Die Wahl sei eine interne Angelegenheit Weißrusslands, sagte Kremlchef Dmitri Medwedew. Auch Wahlbeobachter aus früheren Sowjetrepubliken meinten, der Urnengang sei ordnungsgemäß verlaufen. Demnach lag Lukaschenko diesmal etwa 3 Prozentpunkte unter dem Ergebnis von 2006, als er 82,6 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Die Abstimmung in der Ex-Sowjetrepublik gilt traditionell als unfrei. Die Wahlbeteiligung wurde mit mehr als 90 Prozent angegeben.

Die Lage in der weißrussischen Hauptstadt war nach Berichten von Augenzeugen am Montag ruhig. Die Präsidentenkandidaten Wladimir Nekljajew und Vitali Rymaschewski waren nach Angaben ihrer Mitarbeiter von den Polizei am Vortag krankenhausreif geprügelt und dann vom Geheimdienst KGB verschleppt worden. Die Behörden teilten mit, auch mindestens 30 Polizisten seien verletzt worden. Die Sicherheitskräfte gingen noch in der Nacht mit eiserner Härte gegen die Opposition vor. Razzien gab es auch bei Menschenrechtsorganisationen.

Wütende Lukaschenko-Gegner hatten am Sonntag versucht, Regierungsgebäude zu stürmen. Allerdings stoppte die Polizei die Demonstranten gewaltsam. Zunächst war unklar, ob es weitere Proteste geben wird. Die Opposition ist tief gespalten und hatte sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können.

Der prominente Präsidentenkandidat Jaroslaw Romantschuk warf seinen Gegnern vor, das scharfe Vorgehen der Behörden provoziert zu haben. «Darunter leiden wir nun alle», sagte Romantschuk. «Die Machthaber werden das nun ausnutzen, um alle demokratischen Ansätze im Keim zu ersticken.»

Wahlen / Präsident / Weißrussland
20.12.2010 · 20:58 Uhr
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