Urheberrechtsreform: Das sind die Folgen für Facebook und Google

Nach jahrelangen Diskussionen und zuletzt heftigen Protesten hat das Europaparlament am Dienstag einer Reform des Urheberrechts zugestimmt. Der Kernpunkt des überarbeiteten Gesetzes: Urheberrechtlich geschützte Inhalte dürften ohne Zustimmung des Urhebers nicht mehr im Internet erscheinen. Diese Richtlinie umzusetzen, bedeutet für Betreiber von Online-Plattformen massiven Handlungsbedarf.

Darum geht es bei der Urheberrechtsreform

Das Hauptziel der Reform ist es, die Urheberrechtsvorschriften der EU ins 21. Jahrhundert zu übertragen. Dabei sollen im Rahmen des Gesetzes insbesondere Künstler wie Autoren, Cartoonisten oder Musiker eine bessere Möglichkeit erhalten, von der Verbreitung ihrer Werke auch finanziell zu profitieren. Lizensierte Inhalte, urheberrechtlich geschützte Werke also, dürften auf Internetplattformen künftig nicht mehr geuploadet werden. Plattformbetreiber müssen sicherstellen, dass entsprechende Inhalte entweder blockiert oder gelöscht werden.

Da dies für Internetplattformen mit einem massiven personellen Aufwand einhergehen würde, dürfte der Großteil der Onlinekonzerne auf so genannte Uploadfilter zurückgreifen, die automatisch beim geplanten Upload direkt checken, ob eine Lizenz für das jeweilige Werk vorliegt und im Zweifel damit eine Verbreitung auf der Plattform unterbinden. Der Hauptkritikpunkt der Gegner der Reform: Uploadfilter können nicht zwischen der Art der Inhalte unterscheiden, Parodien oder Memes etwa, wären automatisiert nicht als solche zu erkennen und würden in den Filtern hängen bleiben. Auch das Europaparlament hat eingeräumt, dass entsprechende Falsch-Filter möglich sind: "Der Vorwurf, dass diese [Filter a.d.R.] manchmal legitime Inhalte herausfiltern, kann berechtigt sein", hieß es am Dienstag von Seiten der Parlamentarier. User hätten daher die Option, Beschwerde einzureichen, wenn sie sich mit ungerechtfertigten Sperren oder Löschungen konfrontiert sehen.

Den kostenlosen Upload von "Teilen von Werken zum Zitieren, zur Äußerung von Kritik, für Rezensionen, für Karikaturen, Parodien oder Persiflagen" zu ermöglichen, sei Aufgabe der EU-Mitgliedsstaaten, spielt das Parlament den Ball der Zensurkritik weiter.

Was ist "best effort?"

Die Hauptaufgabe der Betreiber von Plattformen, auf denen User Inhalte uploaden können, ist es also, sicherzustellen, dass dies nicht mit urheberrechtlich geschütztem Material passiert. Im Gesetzestext ist dabei die Rede vom "best effort", sie müssen tun, was möglich und zumutbar ist, um eine unrechtmäßige Verbreitung lizensierter Inhalte zu verhindern.

Diese ungenaue Formulierung könnte in Zukunft zu Diskussionen führen, denn was "zumutbar" ist, ist nicht klar. Möglicherweise werden einige Plattformbetreiber bei Upload-Filtern auf die restriktivste Einstellung setzen und damit in Kauf nehmen, dass Inhalte fälschlicherweise im Filter hängen bleiben, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Möglich ist es aber auch, dass der "best effort" dort aufhört, wo die Technik versagt: Stolpern Filter also über einen strittigen Inhalt, der nicht eindeutig gekennzeichnet werden kann, könnte im Zweifel die Entscheidung zugunsten der Freigabe ausfallen.

Google, Facebook & Co. zum Handeln gezwungen

Aufgrund der finanziellen Aufwendungen, die die Implementierung von Filtersystemen mit sich bringen, hat das Europaparlament für Start-ups, die jünger als drei Jahre sind und unter einer vorgegebenen Umsatzschwelle liegen, eine Ausnahmeregelung geschaffen. Die Branchenriesen unter den Plattformbetreibern müssen aber handeln.

Bereits jetzt haben die Großen der Branche Uploadfilter im Einsatz, die etwa den Upload von Inhalten unterbinden, die unerwünscht sind. Facebooks Messenger etwa meldet auf Verdacht unangemessene Inhalte, um Scam, illegale Fotos oder andere unerwünschte Inhalte von der Plattform fernzuhalten. Bestimmte Algorithmen vergleichen die Inhalte mit bereits bekannten illegalen Inhalten, es existiert also eine Art "schwarze Liste", auf der fragliche Inhalte stehen, deren (erneuter) Upload verhindert wird. Die Liste wird naturgemäß immer länger, so dass auch die Technik hinter den Algorithmen immer wieder aktualisiert werden muss. Darüber hinaus kümmert sich ein Team darum, Inhalte die von Usern selbst als unangemessen gemeldet werden, schnellstmöglich zu entfernen. Auch der Suchmaschinengigant Google, eine Tochter von Alphabet, hat entsprechende Filter in Benutzung und geht etwa bei seinem Videoportal YouTube mit Filtern gegen kinderpornografische Inhalte vor.

Da die Betreiber mit der EU-Urheberrechtsreform ab dem Zeitpunkt des Uploads haftbar sind, statt wie bislang erst nach einem Hinweis auf eine mögliche Rechteverletzung, werden die Techriesen ihre Filtereinstellungen voraussichtlich restriktiver gestalten als zuletzt. Google hatte bereits im Vorfeld der Abstimmung im Europaparlament vor Folgen des Gesetzes auf das Geschäftsmodell von YouTube oder seiner hauseigenen Nachrichtenplattform Google News gewarnt. Dennoch wolle man mit den Verantwortlichen zusammenarbeiten: "Die Details sind wichtig, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern, Verlegern, Erstellern und Rechteinhabern, wenn die EU-Mitgliedstaaten diese neuen Regeln umsetzen", sagte ein Sprecher des Unternehmens.

Sonderfall Leistungsschutzrecht

Für Inhalte von Presseerzeugnissen gibt es ein eigenes Leistungsschutzrecht, das sich tatsächlich auf die Geschäftsmodelle von Google und Facebook niederschlagen könnte. Denn das Ziel des neuen Gesetzes ist es, dass die Plattformen von den Verlägen Lizenzen erwerben, um deren Inhalte - auch in Auszügen - darstellen zu dürfen. Portale wie Google News und Facebook müssen daher Inhalte vorab (pauschal) lizensieren, bevor sie etwa Teile von Nachrichten oder Reportagen - so genannte Snippets - auf ihren Plattformen zum Upload freigeben dürften oder selbst indizieren.

Während Kritiker diese Regelung ablehnen und darauf verweisen, dass damit die Verbreitung von Informationen erschwert wird, sehen viele Verläge diese Entwicklung durchaus positiv. Der Knackpunkt ist hier abermals die Umsetzung im Einzelfall. Dabei kommt es wohl insbesondere darauf an, welchen Preis Google, Facebook & Co. für die Lizensierung der Presseinhalte zahlen müssten. In der Vergangenheit hatte der Suchmaschinenbetreiber argumentiert, dass man den Verlägen durch die Snippets bei Google News ja Internetbesucher zukommen lasse, was sich auf den Newsseiten dann wieder monetarisieren ließe.

Sollte Google sich weigern, Lizenzgebühren zu zahlen und auf kostenlose Lizensierungsvereinbarungen hoffen und stattdessen die Inhalte entfernen, droht den Verlägen ein massiver Traffic-Einbruch und damit verbunden ein Einbruch der Vermarktungsumsätze. Beide Seiten sind also aufeinander angewiesen, wobei in der Vergangenheit der Suchmaschinenriesen aufgrund seiner Vormachtstellung am längeren Hebel saß.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Umsetzung des neuen Gesetzes in der Praxis gestaltet. Bis 2021 müssen die EU-Mitgliedsländer Lösungen dafür gefunden haben.

Ausland
[finanzen.net] · 28.03.2019 · 11:54 Uhr
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