UN-Bericht warnt: Aktuelle Klimapolitik führt zu 2,8 Grad Erwärmung
Der aktuelle Bericht zur globalen Erwärmung zeigt deutlich, dass die bislang vorgelegten Klimazusagen nicht ausreichen, um das Pariser Ziel von 1,5 °C zu erreichen. Selbst unter der optimistischen Annahme, dass alle zugesagten Maßnahmen vollständig umgesetzt werden, führt die Modellierung zu einer mittleren Erwärmung von etwa 2,3 bis 2,5 °C gegenüber vorindustriellen Werten. Realistischerweise, also mit den derzeit tatsächlich umgesetzten Maßnahmen, liegt die Projektion näher bei rund 2,8 °C. Damit rückt ein Überschreiten der 1,5‑Grad‑Marke in den nächsten Jahrzehnten in den Bereich des Erwartbaren.

Zwischen Zusagen und Wirklichkeit
Die Analyse des United Nations Environment Programme macht klar, dass viele der neuen Zusagen der Staaten zeitlich in die Zukunft verlagert sind und sich damit nur begrenzt auf die für 2030 relevanten Emissionspfade auswirken. Mehr als zwei Drittel der Vertragsstaaten hatten zum Stichtag keine überarbeiteten nationalen Klimaziele (NDCs) vorgelegt. Selbst wenn alle angekündigten Maßnahmen eingehalten würden, reichen sie nicht, um das 1,5‑Grad‑Ziel technisch erreichbar zu machen; die Emissionen müssten deutlich schneller und substantieller sinken. Konkret verlangt der Bericht eine Reduktion der jährlichen globalen Emissionen um etwa 40 % bis 2035 gegenüber 2019, um den 1,5‑Grad‑Pfad realistisch zu halten. Diese Vorgabe steht in starkem Widerspruch zur aktuellen Entwicklung: Die globalen Emissionen stiegen zuletzt wieder an und erreichten 2024 Werte, die deutlich über denen früherer Jahre liegen.
Technologische Fortschritte bei erneuerbaren Energien, Speichern und Methanreduktion werden im Bericht als wichtige Bausteine hervorgehoben, und es wird betont, dass bewährte Lösungen bereits existieren. Allerdings ist das Tempo ihrer Implementierung zu gering, um die Lücke zwischen Zusagen und benötigten Emissionsminderungen zu schließen. Methodische Anpassungen in der aktuellen Ausgabe des Emissions‑Gap‑Reports erklären nur einen kleinen Teil der beobachteten Unterschiede; die Mehrheit der Abweichung ist nicht durch tatsächliche Emissionsreduktionen begründet. Besonders deutlich wird die Diskrepanz in wirtschaftlich starken Staaten: Dort, wo die Verantwortung für hohe Emissionen am größten ist, verzeichnen einige wichtige Volkswirtschaften weiterhin steigende CO₂‑Werte anstatt klarer Rückgänge.
Politik und Gesellschaft müssen an einem Strang ziehen
Aus wissenschaftlicher Sicht gilt: Bereits eine Absenkung des globalen Erwärmungspfads um ein Zehntel Grad reduziert signifikant das Risiko schwerer Auswirkungen. Viele Risiken, darunter die Häufigkeit extremer Wetterereignisse, das Schwinden von Lebensräumen und mögliche Kipppunkte im Klimasystem, wachsen nicht linear, sondern beschleunigt mit jeder weiteren Erwärmungsstufe. Die politische Schlussfolgerung ist somit eindeutig: Der gegenwärtige Kurs reicht nicht; es bedarf unmittelbarer, weitreichender und schnellerer Maßnahmen. Inger Andersen, die Direktorin des UNEP, bringt es auf den Punkt, wenn sie konstatiert, dass nationale Klimapläne zwar Fortschritte zeigen, diese aber bei weitem nicht in dem Tempo erfolgen, das nötig wäre.
Praktisch bedeutet dies, dass Investitionen in erneuerbare Energien und in die Transformation von Energiesystemen, die strukturelle Unterstützung besonders verletzlicher Staaten sowie eine Neuorientierung von Finanzströmen jetzt umgesetzt werden müssen. Es geht nicht länger nur um langfristige Ziele, sondern um Entscheidungen, die in den nächsten Jahren getroffen und realisiert werden. Je schneller und entschlossener Staaten, Unternehmen und Gesellschaften handeln, desto größer ist die Chance, die schwerwiegendsten Folgen zu mindern.
Die Forscher:innen sind sich weiterhin sicher: Die Herausforderung ist gegenwärtig und drängend. Die kommenden Jahre sind entscheidend dafür, ob sich die Weltgemeinschaft tatsächlich auf einen Pfad bringt, der das Überschreiten kritischer Erwärmungsgrenzen vermeidet, oder ob die globale Temperaturentwicklung in Bereiche vorstößt, die weitreichende und teils irreversible Folgen haben können.

