Top-Ökonomen: Mit Griechenland-Wahl steht bisherige Krisenpolitik auf dem Spiel

Berlin (dts) - Nach Einschätzung führender Ökonomen in Deutschland entscheidet der Ausgang der Griechenland-Wahl am Sonntag auch über den Fortbestand der bisherigen Krisenpolitik der Euro-Retter. "Die erneute Wahl in Griechenland entscheidet darüber, ob der Grundsatz der bisherigen Krisenpolitik in der Eurozone - Geld gegen Auflagen - weiter trägt", sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, "Handelsblatt-Online". Man könne immer über Umsetzungsfragen reden, vor allem dann, wenn die wirtschaftliche Entwicklung noch deutlich schlechter sein sollte als in den Anpassungsprogrammen unterstellt.

"Doch der Grundsatz der Krisenpolitik darf nicht in Zweifel gezogen werden, wenn man nicht die Euro-Zone zur Haftungsunion ohne angemessene Kontrolle machen will." Auch für den Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater, ist die Wahl von "hoher Bedeutung" für die Euro-Zone. "Es geht schlicht darum, ob die Währungsunion wenigstens mit einem Mindestmaß an Regeln weiterarbeiten kann", sagte Kater "Handelsblatt-Online". Wenn diejenigen Kräfte in Griechenland an die Macht kämen, die das ähnlich sehen - Reformen für Wettbewerbsfähigkeit im Austausch gegen weitere Kreditprogramme -, dann könne der Weg weiter gemeinsam beschritten werden. "Umgekehrt muss sich bei einer Aufkündigung der Vereinbarungen durch eine neue griechische Regierung aber auch zeigen, dass die Regeln nicht vollkommen beliebig gebogen werden können." Dann müsse das Kreditprogramm eingestellt oder zumindest reduziert werden. Dann würden auch keine neuen Defizite des griechischen Staates mit Geldern der EU-Partner mehr finanziert. "Einen Austritt Griechenlands würde dies noch nicht automatisch bedeuten, aber zumindest einen Schritt in diese Richtung", sagte Kater. Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, sieht dagegen keine Chance für einen Verbleib Griechenlands im Euro, sollten die Linksradikalen die neue Regierung bilden. Würden dann die Verträge mit der Staatengemeinschaft aufgekündigt und zudem wichtige Reformen rückgängig gemacht, "dann hätten EU und IWF keine andere Wahl, als Griechenland den Geldhahn zuzudrehen", sagte Krämer "Handelsblatt-Online". "Das Land wäre dann innerhalb weniger Wochen zahlungsunfähig, die Zahlungsmoral bräche auch in der Privatwirtschaft zusammen und die griechische Wirtschaft würde ins Chaos stürzen." In dieser Situation könne das Land durch die Einführung einer weichen Drachme seine Waren und Touristikdienstleistungen aus Sicht der Ausländer verbilligen und sich sie aus der Krise herausarbeiten. Nach Krämers Einschätzung würde ein wirtschaftliches Chaos in Griechenland und ein Austritt des Landes aus der Währungsunion die Anleger "vorübergehend sicher beunruhigen". Aber nach einer kurzen Phase turbulenter Märkte, griffe sicher die Einsicht um sich, dass der dringend notwendige Neuanfang der Währungsunion mit Griechenland nicht möglich sei. "Die Währungsunion würde einen Austritt Griechenlands wohl verkraften", sagte der Ökonom. Zumal die anderen Peripherieländer nicht so ausgeprägte Probleme wie Griechenland hätten und der von der Staatengemeinschaft und Griechenland aufgespannte Rettungsschirm mittlerweile recht groß sei IW-Chef Hüther erwartet, dass die Regierungsbildung in Griechenland zunächst undurchsichtig bleiben werde. "Das bedeutet: die Unsicherheit bleibt groß, wird eher noch steigen. Das alles lähmt die Investitionstätigkeit und dämpft den Welthandel", ist sich der Ökonom sicher. Es gebe womöglich mehrere Wochen keine verlässliche Orientierung. "Da kann dann ein Austritt Griechenlands - entsprechende politische Mehrheiten vorausgesetzt - als Befreiungsschlag wirken", so Hüther. Notwendig wäre daher, "dass die Euro-Zone eine Abschirmung der systemrelevanten Banken in den Programmländern vorbereitet".
DEU / Finanzindustrie / Wirtschaftskrise
15.06.2012 · 14:56 Uhr
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