TikTok und der E-Commerce-Boom: Wie eine App den Onlinehandel neu erfindet
Ein Milliardenmarkt auf dem Vormarsch
TikTok hat bewiesen, dass eine Social-Media-Plattform weit mehr sein kann als ein Ort für virale Tänze und Comedy-Clips. Mit der Einführung von TikTok Shop hat das Unternehmen den Sprung in den E-Commerce gewagt – und das mit beeindruckendem Erfolg.
Allein im November 2024 wurden auf TikTok Shop in den USA Produkte im Wert von einer Milliarde Dollar verkauft. Der Umsatz am Black Friday erreichte 100 Millionen Dollar – eine Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr.
Was TikTok von anderen Plattformen unterscheidet, ist die Kombination von Unterhaltung, sozialer Interaktion und Shopping in einem Ökosystem. "Wir sehen einen stetigen Anstieg der Verkäufe, seit wir TikTok Shop nutzen", sagt Max Benator, CEO der Agentur Orca, die Marken und Influencer beim Verkauf auf TikTok unterstützt.
Doch hinter den beeindruckenden Zahlen stehen Herausforderungen, die TikTok meistern muss, um langfristig erfolgreich zu sein.
Die Erfolgsstrategie: Alles aus einer Hand
TikTok Shop wurde in den USA 2022 mit einer klaren Mission eingeführt: die Grenzen zwischen Social Media und Onlinehandel zu verwischen. Das Unternehmen baute eine umfassende Infrastruktur auf, die weit über einfache Shopping-Buttons hinausgeht.
Von der Logistik bis zur Herstellerverbindung bietet TikTok alle Dienstleistungen, die Händler benötigen. Damit positioniert es sich als All-in-One-Lösung, die Amazon, Shopify und traditionelle Plattformen herausfordert.
Ein besonderer Fokus liegt auf jungen Käufern. Studien zeigen, dass die sogenannte Generation Z stark auf die Kombination von Entertainment und Shopping anspricht. TikTok Shop bietet Live-Verkäufe, bei denen Influencer Produkte in Echtzeit präsentieren. Diese Form des „Live Shoppings“ hat sich in Asien bereits etabliert und gewinnt nun auch in den USA an Popularität.
Herausforderungen: Hype und Realität
So erfolgreich TikTok Shop auch ist, es bleibt nicht ohne Herausforderungen. Eine der größten Stärken von TikTok – die Fähigkeit, Produkte durch virale Inhalte bekannt zu machen – ist auch eine Schwäche.
„Ein virales Produkt bedeutet nicht, dass die ganze Marke erfolgreich ist“, erklärt Julian Reis, CEO des E-Commerce-Unternehmens SuperOrdinary. Verkäufer berichten von unvorhersehbaren Verkaufszyklen, die es erschweren, stabile Einnahmen zu erzielen.
Hinzu kommen regulatorische Unsicherheiten. Sollte TikTok in den USA verboten werden, wie es im Januar 2025 möglicherweise durch ein neues Gesetz vorgeschrieben wird, könnte dies das gesamte E-Commerce-Ökosystem der Plattform gefährden.
Darüber hinaus steht TikTok trotz beeindruckender Verkaufszahlen noch immer am Anfang. Die 100 Millionen Dollar Umsatz am Black Friday sind zwar beachtlich, machen aber nur einen Bruchteil der 10,8 Milliarden Dollar aus, die an diesem Tag insgesamt online in den USA ausgegeben wurden.
Die Konkurrenz schläft nicht
Amazon, Walmart und andere etablierte Anbieter beobachten TikToks Erfolg genau. Amazon reagierte bereits mit der Einführung eines TikTok-ähnlichen Feeds, um jüngere Käufer zu erreichen. Live-Shopping und Influencer-Marketing stehen bei vielen Anbietern inzwischen ebenfalls im Fokus.
Dennoch könnte TikToks Einfluss auf den E-Commerce langfristig größer werden. Das Unternehmen investiert in die Verbindung von Influencern mit Herstellern, um exklusive Produkte zu schaffen. Gleichzeitig arbeitet es daran, wiederkehrende Käufe zu fördern – ein Bereich, in dem TikTok bereits besser abschneidet als Walmart und aufholen könnte, was Amazon betrifft.
