Star Citizen: Crowd Funding steht kurz vor 900 Millionen, doch der Release ist erst 2027/2028 in Sicht
Star Citizen gleicht inzwischen weniger einem gewöhnlichen Videospiel als einem gigantischen Weltraumexperiment, das sich mit jedem Monat weiter aufbläht. Das Finanzierungsvolumen kratzt aktuell an der Marke von 900 Millionen Dollar, genauer gesagt rund 885,4 Millionen – alles gespeist aus Unterstützergeldern von Fans, die seit Jahren Schiffe, Pakete und Versprechen finanzieren. In diesem Tempo wirkt selbst die Milliardengrenze nicht mehr wie ein unrealistischer Traum, sondern eher wie der nächste Haltepunkt auf einer Reise, die jede bekannte Dimension von Crowdfunding sprengt.
Die Zahlen lassen den Rest der Branche staunend zurück: Was als ambitionierter PC-Titel begann, hat sich zu einem milliardenschweren Kosmos-Projekt entwickelt, das mit jedem Sale-Event zusätzliche Crowdmittel anzieht. Während klassische Publisher vorsichtig kalkulieren, pumpt die Community unermüdlich frisches Kapital in dieses scheinbar bodenlose Raumdock – fasziniert, besorgt, manchmal genervt, aber selten gleichgültig.
Von 2012 bis heute: Ein Projekt, das nicht endet
Die Geschichte dieses Mammutvorhabens beginnt bereits 2012, als Chris Roberts die Vision eines detailverliebten Weltraum-Universums präsentierte. Seitdem wächst die Ausarbeitung des Spiels ununterbrochen, gleichzeitig verschieben sich Ziele, Meilensteine und Erwartungen. Bereits 2016 erschien die erste öffentlich spielbare Fassung, eine frühe Alpha, die seitdem kontinuierlich erweitert wird.
Über ein Jahrzehnt Entwicklungszeit haben Star Citizen zu einem Symbol für grenzenlose Ambitionen gemacht – im Positiven wie im Negativen. Auf der einen Seite stehen Fans, die die langsame, aber spürbare Evolution des Projekts feiern, auf der anderen Seite Kritiker, die fragen, ob hier noch ein Spiel entsteht oder längst ein Dauerzustand verwaltet wird. Trotzdem fließen die Unterstützergelder weiter, als hätte die Zeit keine Relevanz.
Server-Mesh und Alpha 4.0: Technik als Rechtfertigung
Ein wichtiger Etappensprung erfolgte mit dem Alpha-Update 4.0 zu Beginn dieses Jahres. Herzstück bildet die Server-Mesh-Technologie, die verschiedene Bereiche der Spielwelt auf mehrere Server verteilt und so ein zusammenhängendes Universum simuliert. Planeten, Raumstationen und Landezonen werden jeweils von unterschiedlichen Knotenpunkten getragen, während die Grenzen für dich als Spieler nahezu unsichtbar bleiben sollen.
Solche Fortschritte werden häufig als Begründung für den immensen Fortschrittsetat angeführt. Technische Finesse, hoher Detailgrad und komplexe Systeme kosten Zeit und Ressourcen, gleichzeitig soll die Serverarchitektur dafür sorgen, dass Abstürze nur noch einzelne Abschnitte betreffen, während der Rest des Universums stabil weiterrattert. Aus Sicht der Entwickler legitimiert diese aufwendige Infrastruktur den langen Atem – und für viele Unterstützer wirkt jeder dieser Sprünge wie ein Beweis dafür, dass die kosmische Vision tatsächlich Realität werden könnte.
Fokus 2025: Spielbarkeit statt reiner Versprechungen
Nach Jahren voller neuer Konzepte, Schiffsverkäufe und Feature-Ankündigungen rückt Cloud Imperium Games für 2025 die Spielbarkeit stärker in den Mittelpunkt. Performance, Stabilität und verlässliche Live-Server stehen im Fokus, dazu eine stetige Verbesserung des Inhaltsangebots. Anstatt ausschließlich neue Systeme zu entwerfen, soll das vorhandene Gerüst robuster, zugänglicher und weniger frustrierend werden.
Dieser Kurswechsel wirkt wie ein Eingeständnis: Ohne solide Basis nützen selbst spektakuläre Technologien wenig. Wer regelmäßig einloggt, möchte weniger Ladebildschirmfrust und mehr konsistente Erlebnisse. Die Studioleitung betont daher, dass der Live-Betrieb künftig deutlich verlässlicher laufen müsse – eine Botschaft, die langjährige Unterstützer erleichtert aufnimmt, aber auch die Erwartungshaltung deutlich erhöht.
Release-Fenster: Squadron 42 vor dem großen Online-Universum
Während Star Citizen selbst weiter als langfristiges Online-Projekt verfeinert wird, zeichnet sich für den Singleplayer-Ableger Squadron 42 langsam ein Zeitplan ab. Chris Roberts peilt hier ein Release-Fenster um 2026 an, also ein klassisches, in sich abgeschlossenes Weltraum-Abenteuer vor dem eigentlichen Daueruniversum. Erst danach soll das Kernspiel folgen, mit einem anvisierten Start irgendwann 2027 oder 2028.
Diese Prognosen klingen konkret, stehen aber im Schatten einer Historie voller Verschiebungen. Jede neue Jahreszahl wirkt zugleich wie Hoffnungsschimmer und potenzieller Stolperstein. Dennoch bleiben viele Fans an Bord, genießen die wachsende Alpha, testen neue Patches und vertrauen darauf, dass die schier unerschöpflichen Crowdmittel am Ende in ein Universum münden, das sie über Jahre begleiten wird.
Das Paradoxon Star Citizen: Kritik, Faszination und Geldstrom
Je höher die Finanzierung steigt, desto lauter werden Vorwürfe, hier entstehe ein Milliardengrab im All. Gleichzeitig reißt der Geldfluss nicht ab, Stretch Goals wurden längst übertroffen, die einstige Obergrenze von 65 Millionen Dollar für erweiterte Schiffsmodularität wirkt heute beinahe lächerlich klein. Aus skeptischer Perspektive erinnert das Projekt an einen nie endenden Bau, bei dem das Gerüst ständig erweitert wird.
Und doch bleibt die Faszination ungebrochen: Die Community träumt von der ultimativen Weltraum-Sandbox, Entwickler skizzieren Visionen, Trailer und Konzeptvideos malen ein verlockendes Bild eines lebendigen Sci-Fi-Kosmos. Genau hier entsteht der Widerspruch, der Star Citizen so einzigartig macht – ein Projekt, das gleichzeitig als phänomenales Crowdfunding-Märchen und als riskanter Dauerbau gilt.


