Sprossen-Gemüse vermutlich EHEC-Auslöser

Berlin/Hannover/Lübeck (dpa) - Sprossengemüse aus Niedersachsen ist offensichtlich eine Ursache für den schweren Ausbruch der EHEC-Seuche in Deutschland.

Die Ware stammt aus einem inzwischen geschlossenen Bio-Betrieb in Bienenbüttel im Kreis Uelzen, wie das niedersächsische Landwirtschaftsministerium am Sonntag mitteilte. Unklar blieb, ob noch EHEC-verseuchte Ware im Handel ist: 18 Sprossenmischungen seien verdächtig.

Schon einmal hatte Experten geglaubt, in einer Ladung spanischer Gurken eine Infektionsquelle gefunden zu haben. Weitere Untersuchungen entkräfteten dann den Verdacht. Die falsche Analyse hatte Proteste spanischer Bauern und der Regierung in Madrid ausgelöst.

Die Warnung vor Gurken, Tomaten und Salat bleibe auch nach den neuen Erkenntnissen aus Niedersachsen bestehen, betonte Lindemann.

Auch in Niedersachsen gebe es noch keinen definitiven Beweis. «Die Indizienlage ist jedoch so eindeutig, dass das Ministerium empfiehlt, derzeit auf den Verzehr von Sprossen zu verzichten.» Mit gesicherten Erkenntnissen sei an diesem Montag zu rechnen, sagte Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU). Sprossen waren vor Jahren in Asien Ursache für eine schwere EHEC-Epidemie.

Die Temperatur von 38 Grad bei der Zucht begünstige die Vermehrung von Bakterien. Einige Sprossenmischungen, die als EHEC-Quelle infrage kommen, stammen auch aus dem Ausland. Aus welchem Land genau Sprossenkeimlinge nach Niedersachsen importiert wurden, sagte Lindemann nicht.

Der Geschäftsführer des Hofs, Klaus Verbeck, kann sich keinen Reim auf die Vorgänge machen. Er sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Montag), dass die Salatsprossen überhaupt nicht gedüngt würden. Auch in anderen Geschäftsbereichen des Hofes werde kein tierischer Dünger verwendet.

Die Sprossen seien direkt oder über Zwischenhändler geliefert worden. Die Behörden machten Abnehmer in Klein Meckelsen im Kreis Rotenburg (Niedersachsen), Lübeck, im Kreis Lüneburg und Bochum aus.

Die Zahl der Todesfälle infolge einer EHEC-Infektion stieg am Wochenende nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) auf 21. Bundesweit sind inzwischen 1526 EHEC-Fälle bekannt, bei 627 Patienten wurde das gefährliche hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) diagnostiziert. Zahlreiche Patienten schwebten in Lebensgefahr.

Die Zahl der EHEC-Infektionen stieg am Wochenende zwar weiter - allerdings etwas langsamer als zuvor, wie etwa die Behörden der schwer betroffenen Länder Hamburg und Niedersachsen mitteilten.

«Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die mit dem EHEC-Erreger kontaminierte Ware bereits vollständig verarbeitet und verkauft wurde», teilte das Ministerium in Hannover weiter mit.

Nach Angaben von Lindemann erkrankte eine Mitarbeiterin aus dem betroffenen Betrieb nachweislich an EHEC. «Das ist für uns die plausibelste Erkrankungsursache», sagte er und nahm den Betrieb in Schutz. «Wir können nicht erkennen, dass der Betriebsinhaber ein Verschulden an der Entwicklung trägt.»

Kliniken in Norddeutschland arbeiten angesichts der EHEC-Fälle am Rande ihrer Möglichkeiten. Das sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) der «Bild am Sonntag». In der Versorgung gebe es Engpässe. Fehlende Kapazitäten etwa in Hamburg und Bremen könnten bisher von umliegenden Krankenhäusern bereitgestellt werden.

Die Erkenntnisse aus Hannover passen zu den Erkrankungsfällen in Lübeck, wo sich bis zu 17 Patienten in einem Restaurant angesteckt haben könnten. Der Wirt des Restaurants erwartet an diesem Montag noch ausstehende Befunde. Der dpa erklärte Joachim Berger, er habe Stuhlproben seiner Mitarbeiter, die in der Küche arbeiten, testen lassen. Dem ZDF hatte er erklärt, bei Untersuchungen seiner Gaststätte sei nichts gefunden worden. Offizielle Angaben etwa vom zuständigen RKI gab es zunächst nicht.

Nach ZDF-Informationen handelt es sich bei den Erkrankten um eine dänische Reisegruppe, eine Gewerkschaftsgruppe sowie eine Familie. Von den Gewerkschaftern sei eine Frau gestorben, zwei seien schwer erkrankt. Berger schloss im ZDF nicht aus, dass er eine verseuchte Lieferung Lebensmittel erhalten habe.

Angesichts wachsender Kritik an Instituten, Behörden und Politik treffen sich in der kommenden Woche Bundes- und Landesminister. Vertreten sind unter anderen Bahr, Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sowie die EHEC-betroffen Länder.

EU-Gesundheitskommissar John Dalli bot an, Experten nach Deutschland zu schicken. Außerdem soll eine EHEC-Internetplattform rasch auf die Beine gestellt werden, über die Behörden gezielt Informationen austauschen können. Unter anderem sollen zudem Hinweise auf Behandlungsformen vom RKI ins Englische übersetzt und den EU-Staaten bereitgestellt werden.

Der EHEC-Ausbruch hat es kurzfristig auch auf die Agenda des EU-Gesundheitsministertreffens an diesem Montag in Luxemburg geschafft. Entscheidungen über konkrete Hilfen für die betroffenen Landwirte stehen bei den Beratungen aber nicht an, sagte der Sprecher von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos.

Gesundheit / Infektionen
05.06.2011 · 22:06 Uhr
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