SPD will Kurs neu bestimmen

Berlin (dpa) - Sechs Wochen nach ihrer schwersten Wahlniederlage der Nachkriegszeit will die SPD beim Parteitag in Dresden ihren Kurs als Oppositionspartei bestimmen und eine neue Führung wählen.

Am Freitag soll Sigmar Gabriel zum Nachfolger von Parteichef Franz Müntefering gewählt werden, Andrea Nahles soll Generalsekretärin werden. Zudem entscheiden die 525 Delegierten bis zum Sonntag über rund 340 Einzelanträge zu Themen wie den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, Änderungen bei den Hartz-IV-Arbeitsmarktgesetzen, Reform oder Abkehr von der Rente mit 67, Bahnprivatisierung oder eine «grundgesetzkonforme Vermögenssteuer». Zum Auftakt beraten an diesem Donnerstag die SPD-Gremien.

Im Entwurf des Leitantrages listet die SPD selbstkritisch eine Fülle von Ursachen für den Verlust von zehn Millionen Wählern seit 1998 auf. Zentrale Rolle spielten dabei Glaubwürdigkeitsverluste beim Wähler in den bisherigen SPD-Kernkompetenzen Arbeit und Soziales, häufige Wechsel an der Führungsspitze sowie öffentlich ausgetragene Flügelkämpfe in der Partei. «Wir sind in der Regierungsverantwortung Kompromisse eingegangen, die an unserer Glaubwürdigkeit gezehrt haben. Dies gilt insbesondere für die Anhebung der Mehrwertsteuer und die Anhebung des Renteneintrittsalters», heißt es im Leitantrag.

Zur Linkspartei heißt es, dass die SPD in Zukunft «bestimmte Koalitionen» aus Prinzip weder ausschließen noch anstreben will. Die SPD werde ihre Zusammenarbeit mit den anderen demokratischen Parteien von politischen Inhalten und ihrer Verlässlichkeit abhängig machen.

In mehreren Einzelanträgen werden deutliche Änderungen an den in der SPD heftig umstrittenen Hartz-IV-Gesetzen aus der Kanzlerzeit von Gerhard Schröder (SPD) verlangt - jedoch keine Totalrevision. Unter anderem geht es um höhere Regelsätze für Kinder. Bei der Rente mit 67 liegt ein Antrag aus Bayern vor, nach dem das Rentenalter wieder gesenkt und eine Mindestrente eingeführt werden soll. In einem anderen Antrag werden hingegen bessere Rentenregelungen für im Alter besonders belastete Berufsgruppen verlangt.

In der Gesundheitspolitik macht sich ein Antrag für die «Einführung einer Patientenquittung» stark. Darin sollen die vom Arzt bei der Versicherung abgerechneten Leistungen aufgelistet werden. In der Bildungspolitik werden unter anderem eine Revision der Föderalismusreform der großen Koalition von 2006 und mehr Rechte für den Bund bei der Bildung verlangt. Die Antragskommission hat hier allerdings «Ablehnung» empfohlen.

In der Außen- und Sicherheitspolitik will die SPD darauf drängen, dass «so bald wie möglich keinerlei Atomwaffen mehr auf dem Gebiet der Bundesrepublik gelagert werden». Drei Anträge befassen sich mit dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Sie reichen vom «Verzicht auf alle militärischen Aktionen» und einem «geordneten Rückzug» im Zeitraum von vier Jahren bis hin zu einem Votum gegen die weitere Ausweitung des bisherigen Mandats durch den Bundestag.

Vor ihrem Parteitag steckt die SPD weiterhin im Stimmungstief. Nach dem wöchentlichem Forsa-Wahltrend des Magazins «Stern» und des TV-Senders RTL verliert die Partei erneut einen Punkt und liegt jetzt bei 20 Prozent. Bei der Bundestagswahl am 27. September hatte sie 23 Prozent erhalten. Nur jeder fünfte Deutsche erwartet laut Forsa, dass das designierte Führungs-Duo Sigmar Gabriel und Andrea Nahles die SPD aus der Krise führen kann. 63 Prozent sind davon nicht überzeugt.

Dass Gabriel als neuer Parteivorsitzender eine gute Lösung ist, glaubt von den SPD-Anhängern eine Mehrheit von 53 Prozent. Für Nahles als neue SPD-Generalsekretärin fällt das Stimmungsbild mit 30 Prozent allerdings schlechter aus. Ex-SPD-Chef Kurt Beck stützte dem designierten Vorsitzenden Gabriel den Rücken. «Ich bin überzeugt, dass er der Richtige ist», sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident der Mainzer «Allgemeinen Zeitung» (Mittwoch).

Parteien / SPD / Parteitag
11.11.2009 · 16:02 Uhr
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