Private Equity befeuert Übernahmekampf um Grant Thornton Deutschland
Grant Thornton Deutschland steht im Zentrum eines Bieterwettstreits zwischen den beiden größten Schwesterfirmen des globalen Prüfungsnetzwerks: den Niederlassungen in den USA und Großbritannien. Laut mit den Verhandlungen vertrauten Personen prüft die deutsche Gesellschaft derzeit Angebote beider Seiten – ein strategischer Wendepunkt in einem durch Private Equity neu belebten Markt.
Hintergrund ist der Einstieg finanzstarker Investoren bei den beteiligten Unternehmen. Grant Thornton US hatte im vergangenen Jahr eine Mehrheitsbeteiligung an ein Konsortium unter Führung von New Mountain Capital verkauft. Seither hat die US-Firma Übernahmen in Irland, den Niederlanden, Luxemburg, den Vereinigten Arabischen Emiraten und auf den Kanalinseln vereinbart. Ein Versuch, die britische Grant-Thornton-Firma zu übernehmen, scheiterte jedoch – diese entschied sich stattdessen für den europäischen Private-Equity-Investor Cinven.
Die aggressive Expansionsstrategie aus den USA zielt auf den Zugriff auf nationale Mitgliedsfirmen des Netzwerks, die traditionell als eigenständige, lokal geführte Gesellschaften unter gemeinsamer Marke und Qualitätsregime operieren. Auch Spanien und Indien gelten als offen für Übernahmegespräche. Vishesh Chandiok, CEO von Grant Thornton Bharat, signalisierte gegenüber der Presse nicht nur Interesse an einem Verkauf, sondern auch an der Beteiligung an US- oder UK-Firmen, sobald deren Eigentümer es zulassen.
Der Wettbewerb zwischen UK und USA spiegelt tiefere Spannungen über die zukünftige Ausrichtung des Netzwerks wider. Während US-Investoren auf Synergiepotenziale mit dem amerikanischen Mandantenstamm und einen "first-mover advantage" setzen, bieten sich aus britischer Sicht möglicherweise naheliegendere kulturelle und operative Schnittmengen für kontinentaleuropäische Partner.
Beide Seiten betonen öffentlich die Zusammenarbeit. Grant Thornton UK erklärte, man sei „eng abgestimmt“ mit der US-Gesellschaft und bleibe dem Netzwerk verpflichtet. Man kommentiere jedoch keine „strategischen Entscheidungen einzelner Mitgliedsfirmen“. Auch die US-Firma betonte ihren Respekt für die Partner – während sie gleichzeitig den Umbau der globalen Struktur faktisch vorantreibt.
Die Entwicklungen bei Grant Thornton verdeutlichen, wie tiefgreifend Private Equity die traditionell dezentral strukturierte Wirtschaftsprüferbranche transformiert. In den USA haben sich in den vergangenen vier Jahren rund ein Drittel der 30 größten Gesellschaften Investoren geöffnet – nun scheint sich dieser Trend auf das internationale Netzwerk zu übertragen.


