Politik bringt Kommission zu Missbrauch ins Gespräch

Berlin (dpa) - Angesichts der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und an Internatsschulen wird in der Politik eine unabhängige Untersuchungskommission erwogen.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» («FAS») mit Blick auf Irland und die USA, «dass auch unabhängige Experten- und Untersuchungskommissionen einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung leisten können». Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte: «Die Regierung muss (...) eine nationale unabhängige Untersuchungskommission einsetzen und mit den nötigen Mitteln ausstatten.»

Roth kritisierte in der «Bild am Sonntag»: «Wir brauchen jetzt auch nicht verschiedene Runde Tische, wo sich Schwarz-Gelb vor allem darum streitet, welche Ministerinnen sie ausrichten dürfen.» Die geforderte Untersuchungskommission solle besetzt werden mit unabhängigen Wissenschaftlern, Juristen, Pädagogen und Psychologen.

Die Grünen-Politikerin und Moderatorin des Runden Tisches zu Misshandlungen in Kinderheimen, Antje Vollmer, wertete den von der Regierung anberaumten Runden Tisch zum Kindesmissbrauch am 23. April als Ausdruck von Hilflosigkeit ohne parlamentarische Legitimation. Beim Thema Heimerziehung sei eine dreijährige Debatte im Petitionsausschuss des Bundestages vorausgegangen, beim Kindesmissbrauch dagegen gehe es offenbar nur darum, schnell Ruhe in das Thema zu bringen, sagte Vollmer der «Welt am Sonntag» («WamS»). Das sei falsch. «Wie will man denn in diesem Fall die Betroffenen mit einladen? Wer soll sie legitimieren?», fragte Vollmer.

Der Runde Tisch der Regierung war von Familienministerin Kristina Schröder und Bildungsministerin Annette Schavan (beide CDU) initiiert worden. Auch Leutheusser-Schnarrenberger wird dazu eingeladen, wie ein Sprecher ihres Ministeriums der «WamS» bestätigte. Zuvor sei lediglich ein Mitarbeiter des Justizministeriums angefragt gewesen.

Justiz-Staatssekretär Max Stadler (FDP) sagte der Zeitung, einen Termin für das geplante Treffen der Ministerin mit Kirchenvertretern gebe es noch nicht. «Wir drängen unseren Gesprächspartner nicht», fügte er hinzu. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hatte bei seinem Besuch im Vatikan am Freitag angedeutet, man sei dabei, mit Leutheusser-Schnarrenberger ein Gespräch zu vereinbaren. Stadler sagte, letztlich gehe es auch um Entschädigungszahlungen.

Die Justizministerin forderte in der «FAS» konkrete Angaben: «Um das Ausmaß der Missbrauchsfälle vollständig erfassen und bewerten zu können, wäre es hilfreich, wenn dazu möglichst umfassendes und belastbares Zahlenmaterial von den betroffenen Institutionen vorgelegt würde.»

Das rheinland-pfälzische Justizministerium prüft derweil Möglichkeiten, das Recht auf Entschädigung für Missbrauchsopfer zu verlängern. Denkbar seien 10 bis 15 Jahre nach dem 21. Geburtstag des Opfers, sagte Minister Heinz Georg Bamberger (SPD) der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die derzeitige zivilrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren sei «zu kurz». Viele fänden erst den Mut, wenn bereits andere Opfer diesen Schritt gewagt haben. Bamberger hielt sich «den Weg für eine Bundesratsinitiative offen».

Die Generalsekretäre von SPD und CSU, Andrea Nahles und Alexander Dobrindt, warnten davor, beim Thema Kindesmissbrauch nur auf die katholische Kirche zu sehen. «Kindesmissbrauch ist keineswegs auf die katholische Kirche beschränkt», sagte Nahles der «FAS». «Deswegen rate ich Frau Leutheusser-Schnarrenberger, nicht so zu tun, als müsse nur in der katholischen Kirche nach Schuldigen gesucht werden.» Allerdings dürfe es von Seiten der Kirche und anderen Institutionen «keine systematische Vertuschung mehr geben». Der CSU-Generalsekretär sagte: «Rückhaltlose Aufklärung und Transparenz sind der einzig richtige Weg, nicht nur für die katholische Kirche. Kindesmissbrauch sei ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, das bisher tabuisiert worden sei.»

Kriminalität / Kirchen / Schulen
13.03.2010 · 22:13 Uhr
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