Bundesgerichtshof

Negativzinsen auf Bankguthaben laut BGH teils unzulässig

04. Februar 2025, 17:29 Uhr · Quelle: dpa
Zinsen
Foto: Daniel Karmann/dpa
Für Guthaben Zinsen zahlen statt bekommen - Bundesrichter prüfen die Rechtmäßigkeit. (Illustration)
Banken und Sparkassen berechneten manchen Kunden über Jahre Zinsen für die Aufbewahrung von Einlagen. Teils zu Unrecht, so der BGH. Das Urteil könnte auch für künftige Niedrigzinsphasen wichtig sein.

Karlsruhe (dpa) - Normalerweise bekommen Sparer Zinsen, wenn sie Geld zur Bank bringen. Doch über Jahre berechneten viele Geldhäuser ihren Kundinnen und Kunden negative Zinsen für deren Guthaben. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) können nun Inhaber von Sparkonten mit Rückzahlungen rechnen. Für Kunden mit Girokonten gilt das nur unter bestimmten Umständen.

Nach der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Sommer 2022 sind die sogenannten Verwahrentgelte nahezu wieder verschwunden. Rechtlich umstritten blieb aber lange, ob die Praxis überhaupt erlaubt war. Nun hat der BGH in Karlsruhe entschieden: teils, teils. 

Was hat der Bundesgerichtshof entschieden?

Der BGH hat klargestellt: für Guthaben auf Spar- und Tagesgeldkonten dürfen Banken und Sparkassen keine Verwahrentgelte erheben. Das würde nämlich den Charakter der Einlagen, die neben einer Verwahrung auch Anlage- und Sparzwecke verfolgen, verändern. Verbraucher würden dadurch unangemessen benachteiligt. 

Anders sieht es das Gericht mit Blick auf Girokonten. Die Verwahrung des Geldes stelle hier eine von der Bank erbrachte Hauptleistung dar und unterliege damit keiner rechtlichen Inhaltskontrolle. Somit dürften die Geldinstitute auf diese Einlagen grundsätzlich Negativzinsen erheben.

Das große Aber: Die Vertragsklauseln zu den Verwahrentgelten müssen transparent sein, betont der Senat. Kunden müssen etwa verstehen können, auf Grundlage welches Guthabens die Entgelte berechnet werden. Sonst sind auch hier die Strafzinsen unzulässig.

Wie kam es überhaupt zu den Negativzinsen?

Von Juni 2014 an mussten Geschäftsbanken im Euroraum Zinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der EZB parkten. Auf dem Höhepunkt der Negativzinsphase waren es 0,5 Prozent. Etliche Geldhäuser gaben die Kosten dafür an ihre Kundschaft weiter und verlangten Verwahrentgelte. Sparerinnen und Sparer fühlten sich enteignet - auch wenn die Zinsabzüge auf dem Konto in der Regel erst ab einem bestimmten Freibetrag fällig wurden. Im Juli 2022 schaffte die EZB die Negativzinsen ab, in der Folge lockerten auch Banken und Sparkassen die Gebührenschraube wieder.

Worum ging es konkret in Karlsruhe?

Der für Bankenrecht zuständige 11. Zivilsenat des BGH entschied konkret zu Klagen der Verbraucherzentrale Sachsen, der Verbraucherzentrale Hamburg, sowie des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (vzbv). Sie waren gegen drei Banken und eine Sparkasse vor Gericht gezogen, die von Verbrauchern Entgelte für die Verwahrung von Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten erhoben hatten. (Az. XI ZR 61/23 u.a.)

Wie reagieren die Verbraucherverbände?

«Das ist ein großer Erfolg für die Bankkunden in Deutschland», sagt Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen. «Das Gericht hat klargestellt, dass Negativzinsen in den allermeisten Fällen unzulässig sind.» Das Urteil sei vor allem deshalb so wichtig, weil während der Niedrigzinsphase fast alle Banken Negativzinsen erhoben. «Es waren sehr viele Verbraucher betroffen und diese Beträge sind nun rückzahlbar durch die Banken», so Hummel.

David Bode von dem Verbraucherzentralen Bundesverband kommentierte nach der Entscheidung: «Zwar hat der Bundesgerichtshof Verwahrentgelten für die Zukunft nicht per se einen Riegel vorgeschoben. Dennoch werden wir genau hinschauen, ob ein nicht ausgeschlossenes Comeback von Negativzinsen dann im rechtlich noch zugelassenen Rahmen erfolgt.»

Was sagen die Banken?

Die Volksbank Rhein-Lippe sieht die BGH-Entscheidung als Bestätigung ihrer Geschäftspolitik während der Negativzinsphase. Die Bank habe Verwahrentgelte «sehr transparent ausschließlich in Form einzelvertraglicher Vereinbarungen» berechnet. Das Karlsruher Urteil zeige, «dass Banken in herausfordernden Marktsituationen wirtschaftlich sinnvolle Lösungen finden dürfen», sagt Vorstand Marc Indefrey - auch mit Blick in die Zukunft. «Wir werden auch zukünftig das persönliche Gespräch mit unseren Mitgliedern, Kundinnen und Kunden suchen und für Transparenz sorgen.»

Wie viele Banken sind von dem Urteil betroffen?

Auf dem Höchststand im Mai 2022 verlangten mindestens 455 Geldhäuser in Deutschland von ihren Kunden Negativzinsen. Das zeigen Marktdaten des Finanzvergleichsportals Verivox. Demnach orientierten sich die meisten Banken am Einlagezins der EZB und setzten den Strafzins auf 0,5 Prozent. «Bei einem Teil der Banken wurden auch Klein- und Durchschnittssparer belastet», sagt Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier. «Einige Geldhäuser berechneten Negativzinsen schon ab 5.000 oder 10.000 Euro.»

Um wie viele Kundinnen und Kunden geht es?

Einer Verivox-Umfrage zufolge zahlten 13 Prozent von 1.023 Befragten Negativzinsen an ihre Bank, also jeder achte. Demnach lag der Anteil bei Gutverdienern mit einem Nettoeinkommen ab 3.000 Euro bei 15 Prozent, der Anteil unter den Befragten mit niedrigen Einkommen unter 2.000 Euro bei 7 Prozent. In der Umfrage gaben 88 Prozent der betroffenen Befragten an, die Strafzinsen zurückfordern zu wollen, wenn der BGH den Weg dafür freimacht.

Was heißt das für betroffene Verbraucher?

«Betroffene Bankkunden müssen jetzt aktiv werden», sagt Hummel. Eine automatische Rückzahlung an betroffene Verbraucher hatte der BGH abgelehnt. «Das heißt, wer Negativzinsen gezahlt hat in der Vergangenheit, der sollte sich schnellstmöglich rechtliche Beratung suchen und bei seiner Bank die Beträge zurückfordern.» Beratung gebe es bei den Verbraucherzentralen, aber auch bei spezialisierten Anwälten.

Gibt es eine Verjährungsfrist?

«Die Standardverjährung in Deutschland beträgt drei Jahre», erklärt Hummel. «Ansprüche, die im Jahr 2022 entstanden sind, die sind bis zum Ende des Jahres 2025 noch nicht verjährt.» Aber auch ältere Ansprüche könnten noch geltend gemacht werden, wenn sogenannte verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen wurden. «Wenn sie mit der Bank gestritten haben über diesen Zins, wenn es ein Gerichtsverfahren oder Ähnliches gab, dann können Kunden noch deutlich ältere Forderungen geltend machen», so Hummel.

Bank / Finanzen / Verbraucher / Prozess (Gericht) / Verbände / Deutschland / Fragen und Antworten
04.02.2025 · 17:29 Uhr
[0 Kommentare]
Europa im Abseits: Die globalen Handelsströme verschieben sich
Die weltweite Logistikbranche steht vor neuen Herausforderungen: Die geplanten Zollerhöhungen der US-Regierung unter Donald Trump könnten die globalen Handelsströme massiv verändern. Während China seine Vormachtstellung als Produktionsstandort weiter ausbaut und Länder wie Mexiko an Bedeutung gewinnen, droht Europa in eine Phase wirtschaftlicher Stagnation zu rutschen. Die Chefs der Logistikriesen […] (00)
vor 3 Stunden
In Russland inhaftierter Amerikaner freigelassen
Moskau (dpa) - Der in einem Gefangenenaustausch zwischen den USA und Russland freigelassene russische Cyberkriminelle Alexander Winnik ist nach Moskau zurückgekehrt. Der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki sprach von einem «weiteren Sieg der russischen Diplomatie und aller an der Befreiung beteiligten Dienste und Behörden», wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass meldete. Winnik (engl. […] (00)
vor 20 Minuten
Darum liebt Juror Joachim Llambi 'Let's Dance' so sehr
(BANG) - 'Let's Dance' gehört seit 2006 fest zum Programm von RTL dazu und Joachim Llambi war von Anfang an dabei. Seit der ersten Staffel sitzt der ehemalige Profitänzer in der Jury der beliebten Tanzshow und wird seit 2011 von Motsi Mabuse und seit 2013 von Jorge Gonzalez unterstützt. Seit über zehn Jahren bilden diese drei ein Kult-Trio, das über die jährlich wechselnden Kandidaten immer so […] (00)
vor 7 Stunden
Dreame stellt seine neuen AirStyle Pro vor
Dreame Technology, Pionier innovativer Haushaltsgeräte, stellt voller Stolz seine neueste Innovation im Bereich der Haarpflege vor: den AirStyle Pro! Ab sofort ist das Produkt für 349 € auf der offiziellen Website des Herstellers, Amazon, Media Markt, Saturn und OTTO erhältlich. Zum Verkaufsstart gibt es einen satten Rabatt von 50€ (während der ersten 14 Tage). Das 7-in-1 Styling-Tool kombiniert […] (00)
vor 5 Stunden
Split Fiction – Eine Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft
In der gestrigen Ausgabe von Sony‘s State of Play haben EA und Hazelight Studios einen neuen Trailer zum bald erscheinenden Koop-Abenteuer Split Fiction präsentiert, das in wechselnden Sci-Fi- und Fantasy-Welten die Geschichte einer Freundschaft erzählt. Der neue Trailer rückt die beiden Protagonistinnen des Spiels, Mio und Zoe, in den Fokus und offenbart neue Details über ihren Werdegang sowie […] (00)
vor 2 Stunden
FX startet «Dying for Sex»
Alle acht Episoden werden am 4. April bei Hulu gestreamt. Dying for Sex von FX, eine neue limitierte Serie mit Michelle Williams, Jenny Slate und einer außergewöhnlichen Besetzung, wird am Freitag, dem 4. April, auf Hulu in den USA Premiere haben, wobei alle acht Episoden bei der Premiere verfügbar sein werden. International die Serie ebenfalls am 4. April Premiere haben, wobei alle Episoden exklusiv auf Disney+ verfügbar sein werden. «Dying […] (00)
vor 1 Stunde
Kai Havertz
London (dpa) - Fußball-Nationalspieler Kai Havertz fällt den Rest der Saison aus. Der FC Arsenal bestätigte, dass sich der Angreifer eine Oberschenkelverletzung bereits in der vergangenen Woche bei einem Training in Dubai zugezogen hat. Er soll in den kommenden Tagen operiert werden. Kurz nach dem Eingriff werde Havertz mit dem Rehabilitationsprogramm beginnen, «das voraussichtlich bis zur Saisonvorbereitung für die nächste […] (03)
vor 7 Stunden
Tangentialer WSP-Fräser überzeugt mit maximalem Zähneeinsatz
Kempten, 13.02.2025 (PresseBox) - Was, wenn man als Zerspaner den Prozess vor lauter Störkonturen nicht mehr sieht? Dann, wenn Planfräser schon aus dem Rennen sind, wenn hohe Auskraglängen eine stabile, vibrationsarme Bearbeitung unmöglich machen? Was aussichtslos klingt, braucht nur das passende Werkzeug – wie den neuen MaxiMill – Tangent von CERATIZIT. Dieser tangentiale Wendeschneidplatten- […] (00)
vor 6 Stunden
 
AfD
Berlin (dpa) - Die AfD erbt im Vergleich zu anderen Parteien viel Geld. Im Rechenschaftsbericht […] (01)
AlleAktien startet exklusive Ausbildung für Investoren
Investieren lernen wie die Profis: AlleAktien Investors macht es möglich Finanzielle […] (01)
Linke gewinnt an Zuspruch – Mitgliederrekord und Umfrageplus vor der Bundestagswahl
Die Linke legt in den aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl leicht zu und erreicht laut einer […] (00)
Auto in München in Menschengruppe gefahren
München (dpa) - Die Seidlstraße in der Münchner Innenstadt ist übersät von Trümmern und […] (28)
BYD setzt auf KI – und erobert die Konkurrenz
Strategiewechsel: Von Preiskampf zu Hightech-Offensive Die chinesische Automarke BYD hat sich […] (00)
Utah Jazz - Los Angeles Lakers
Salt Lake City (dpa) - NBA-Star Luka Doncic hat das zweite Spiel im Trikot der Los Angeles Lakers verloren […] (00)
Eine Person tippt auf einem Smartphone
Berlin (dpa/tmn) - Die sogenannte Allnet-Flat gehört inzwischen zu den meisten Handytarifen […] (00)
Assassin’s Creed Shadows: Feuer und Eis – Warum Yasuke und Naoe das perfekte Duo sind
Mit Yasuke und Naoe bringt Assassin’s Creed Shadows frischen Wind in die Serie. Ubisoft hat […] (00)
 
 
Suchbegriff