Nach Schlappe: Gaddafi-Gegner sammeln sich neu

Tripolis/Kairo/New York (dpa) - Bei ihrem Vormarsch gegen die letzten Gaddafi-Stellungen holen sich die Aufständischen zunächst eine blutige Nase. Jetzt müssen sie sich neu formieren. Die UN lockern unterdessen die Sanktionen und geben den Neuen den libyschen Sitz in der Weltorganisation.

Die Truppen des libyschen Übergangsrats sammelten sich am Samstag vor den Gaddafi-Hochburgen Sirte und Bani Walid neu. Anzeichen für unmittelbar bevorstehende Angriffe gebe es jedoch keine, berichteten BBC-Reporter aus den Frontgebieten. Bei Sirte lieferten sich beide Seiten sporadische Raketen-Duelle.

Am Vortag waren die Aufständischen bei ihrem Vormarsch auf Sirte und Bani Walid auf unerwartet heftigen Widerstand der Getreuen des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi gestoßen. Nachdem sie in die beiden Städte vorgedrungen waren, mussten sie sich unter Verlusten wieder zurückziehen.

Die Küstenstadt Sirte, der Wüstenort Bani Walid und die südliche Stadt Sebha sind die letzten größeren Bastionen der Streitkräfte Gaddafis. Von dem ehemaligen Diktator selbst fehlt jede Spur.

Bei Sebha ergriffen die Truppen des Übergangsrates gleichfalls die Initiative. Sie umzingelten die Stadt und nahmen nach Kämpfen den nahe gelegenen Flughafen ein. Nach Angaben arabischer Nachrichtensender wurden an den drei Fronten insgesamt 13 Gaddafi-Gegner getötet und Dutzende weitere verletzt.

Die Nato trat unterdessen Vorwürfen von Angriffen gegen zivile Ziele entgegen. Kampfjets des Bündnisses hätten in der Nacht zum Samstag in Sirte nur eindeutig militärische Ziele bombardiert. Ein Militärsprecher kündigte jedoch eine genaue Prüfung an. Das Gaddafi-Lager hatte von mehreren hundert toten Zivilisten durch Nato-Luftangriffe gesprochen.

«Wie bei allen Nato-Luftschlägen werden wir auch in diesem Fall eine eingehende Schadensanalyse vornehmen. Dies wird es ermöglichen festzustellen, ob die Behauptungen (über zivile Opfer) gerechtfertigt sind. Und zwar auf der Grundlage von Fakten, nicht von Hörensagen», hieß es am Samstag in einer Erklärung des Nato-Militärsprechers Oberst Roland Lavoie.

Die in Libyen eingelagerten chemischen Waffen seien unter Kontrolle der einstigen Rebellen, berichtete der «Tagesspiegel» (Sonntag) unter Berufung auf internationale Sicherheitskreise. Die Senfgas-Bestände seien in der Chemieanlage Ruwagha 600 Kilometer südöstlich der Hauptstadt gelagert. Die Nato überwache den Komplex aus der Luft. Das Gaddafi-Regime, das 2004 der internationalen Chemiewaffenkonvention beigetreten war, meldete damals einen Bestand von 23 Tonnen.

Das westafrikanische Land Niger bekräftigte, es wolle den geflüchteten Gaddafi-Sohn Al-Saadi nicht an den Übergangsrat in Tripolis ausliefern. Die Behörden befürchteten, dass Al-Saadi hingerichtet werden könnte, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija. Der drittälteste Sohn des Ex-Diktators war Anfang des Monats nach Niger geflohen. Auch drei Generäle und andere Funktionäre des Gaddafi-Regimes haben dort Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung in ihrer Heimat gesucht.

Die Vereinten Nationen haben den Übergangsrat der Gaddafi-Gegner als neue legitime Vertretung des Landes anerkannt. Den bisher dem Gaddafi-Regime vorbehaltenen Sitz sprach die Vollversammlung der 193 UN-Mitglieder in New York den neuen Machthabern zu. Der UN-Sicherheitsrat lockerte die Sanktionen gegen Libyen und billigte die Entsendung einer UN-Mission.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte die Entscheidung als Startschuss für den Wiederaufbau des nordafrikanischen Landes. «Der Sicherheitsrat hat mit der einstimmigen Annahme von Resolution 2009 ein wichtiges Zeichen der Unterstützung des neuen Libyen durch die internationale Staatengemeinschaft gesetzt», sagte Westerwelle laut Mitteilung des Auswärtigen Amtes am Samstag. Mit der Entsendung einer zivilen Mission würden die Vereinten Nationen «eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu einem demokratischen und rechtsstaatlichen Libyen übernehmen».

Die teilweise Aufhebung der Sanktionen betrifft die staatlichen Ölunternehmen und die großen Banken des Landes. Auch das strikte Waffenembargo wurde gelockert. Die United Nations Support Mission in Libya (UNSMIL) soll zunächst für drei Monate zum Einsatz kommen. Sie soll den Libyern bei der Stabilisierung der Lage nach dem Umsturz und beim Aufbau des Rechtsstaats helfen sowie auf die Einhaltung der Menschenrechte achten.

Konflikte / Libyen
17.09.2011 · 17:55 Uhr
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