Merkel und Sarkozy streiten über EU-Krisenpolitik
Deutschland und Frankreich gehen mit stark gegensätzlichen Positionen in die Schlussberatungen über eine neue EU-Wirtschaftsregierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte ihr Ziel, dass die Staats und Regierungschefs der 27 EU- Mitglieder die permanente Koordinierung der EU-Wirtschaft übernehmen müssen. Sie lehnte damit am Donnerstag in Berlin indirekt die Forderung von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy ab, der diese Aufgabe auf die 16 Euro-Länder konzentrieren will.
Die EU wird bei ihrem Gipfel in Brüssel in einer Woche darüber entscheiden. Merkel bekräftigte auch ihr Ziel, dass die EU-Verträge zur besseren Verankerung des Stabilitätspakts verändert werden. Auch das lehnt Frankreich ab.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy warnte vor einer Zuspitzung der Diskussion zwischen Paris und Berlin: «Wir sollten auf gar keinen Fall diese Debatte zu sehr aufblasen». Mehr Koordinierung sei angesichts der jüngsten Krisen dringend nötig. Ein von Frankreich vorgeschlagenes neues Koordinierungssekretariat lehnte er aber ab. «Wir brauchen auf jeden Fall keine neuen Institutionen zum gegenwärtigen Zeitpunkt.»
Van Rompuy, der seit gut sechs Monaten permanenter Chef der EU- Staatenlenker ist, sagte, Vertragsänderungen hätten derzeit keine Priorität. Er appellierte an die Geschlossenheit der EU: «In diesen Krisenzeiten brauchen wir Einigkeit und wir brauchen gemeinsame Linien, auf die wir uns verpflichten.»
Auf einen Streit mit Sarkozy über die Sparpolitik in Deutschland und Frankreiche will sich Merkel nicht einlassen. Sie erwarte kein Sparpaket von Frankreich: «Jedes Land muss selbst entscheiden, in welcher Form es die Verpflichtungen, die wir gemeinsam haben, auch erfüllt.»
Die EU-Länder hatten sich darauf verständigt, dass die derzeit noch gewaltigen Haushaltsdefizite bis 2013 zurückgefahren werden müssen. Sarkozy lehnt Sparpakete nach deutschem Muster ab, weil sie die Konjunktur abwürgten. «Ein Sparpaket nach dem anderem führt in die Rezession», sagte er bei einer Kabinettssitzung in Paris.
In der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Freitag) versuchte Merkel Zweifel am guten Zustand der deutsch-französischen Beziehungen zu zerstreuen. Bei der Bewältigung der Euro-Krise habe sie sich intensiv mit Sarkozy abgestimmt. Alle wichtigen Entscheidungen seien gemeinsam vorbereitet und getragen worden. Zur Frage, warum der deutsch-französische Motor stottere, sagte Merkel: «Das sehe ich nicht so.»