Kassen erwarten vorerst keine Zusatzbeiträge
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte am Mittwoch in Berlin, die Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln (GBK) «ist die einzige von allen, die das bisher beantragt hat». Auch die gesetzlichen Krankenkassen erwarten bis auf Einzelfälle keine Zusatzbeiträge. Sie sehen die Lage durch den Gesundheitsfonds insgesamt kritisch. Der Sprecher ihres Spitzenverbands, Florian Lanz, betonte aber: «Dass eine Krankenkasse allein wegen der zusätzlichen Ausgaben für die Schweinegrippe-Schutzimpfung einen Zusatzbeitrag erheben muss, ist sehr unwahrscheinlich.»
Die GBK hatte bis zuletzt gehofft, die bestehenden Belastungen ohne Zusatzbeiträge abfedern zu können. Nachdem aber durch die Schweinegrippe eine weitere Belastung von 600 000 Euro auf die 30 000 Mitglieder zählende Krankenkasse zukomme, sei dieser Schritt notwendig geworden, sagte GBK-Vorstand Helmut Wasserfuhr am Mittwoch. Rückwirkend zum 1. Juli sollen die Versicherten je Monat acht Euro zahlen. Unklar ist, ob der Zusatzbeitrag über das Jahr hinaus zu zahlen sein wird.
Im September kommt der neue Grundlagenbescheid. Der legt für die einzelnen Kassen fest, welche Zuweisungen sie aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Die Kasse war 2005 und 2006 wegen zweier Blutererkrankungen in finanzielle Schieflage geraten. Für die Medikamente zur Behandlung seien rund 14 Millionen Euro aufgewendet worden. Allein eine Spritze habe 27 000 Euro gekostet. Es flossen Ausgleichszahlungen innerhalb des Betriebskrankenkassen-Systems. Aber er habe auch Darlehen aufnehmen müssen, die zurückgezahlt werden müssten, sagte Wasserfuhr.
Schmidt sagte zur Situation bei der GBK: «Ich hatte nur gehofft, sie findet noch einen Fusionspartner. Vielleicht kommt man ja noch dazu.» Die Schweinegrippe allein kann nach ihrer Ansicht nicht die Ursache für Beitragserhöhungen sein. «Nach unseren bisherigen Unterlagen haben die Kassen das an Überschuss auch in diesem Jahr.» Lanz sagte: «Im konkreten Einzelfall kann dies immer nur die jeweilige Krankenkasse beurteilen.»
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte der «Berliner Zeitung», es sei ein Erfolg, dass bislang erst eine einzige, kleine Krankenkasse von Beitragserhöhungen Gebrauch gemacht habe. Das sei ein Zeichen dafür, dass der Gesundheitsfonds funktioniere. Lanz sagte indessen: «So, wie die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt ist, wäre wohl niemand überrascht, wenn im Laufe des Jahres weitere Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben müssten.»
Der Präsident des Bundesversicherungsamtes (BVA), Josef Hecken, erklärte: «Die Erhebung des Zusatzbeitrages kommt nicht überraschend, sondern war dem BVA seit längerem bekannt und ist von uns auch genehmigt worden.» Hecken betonte, vor Start des Gesundheitsfonds habe der Beitragssatz der GBK bei 16,6 Prozent gelegen, jetzt betrage er 14,9 Prozent. Die Beitragsbelastung der GBK-Mitglieder falle trotz des Zusatzbeitrags von acht Euro immer noch geringer aus als 2008. «Weitere Anträge auf Genehmigung der Zusatzbeiträge liegen dem BVA nicht vor», unterstrich Hecken.
Der Präsident des Sozialverbandes SoVD, Adolf Bauer, erklärte, gesetzlich Krankenversicherte würden - trotz aller Beschwichtigungen des Ministeriums - «bereits in diesem Jahr mit zusätzlichen Kosten belastet». Durch den pauschalen Zusatzbeitrag würden Geringverdiener und Rentner besonders stark belastet. Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Frank Spieth, kritisierte: «Jetzt zeigt sich, wie unsozial die letzte Gesundheitsreform war.»