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IT- und Digitalberufe: Frauen weiter unterrepräsentiert

06. März 2025, 14:26 Uhr · Quelle: toptechnews.de
Frauen sind in IT- und Digitalberufen stark unterrepräsentiert, was 64 Prozent der Unternehmen als Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit betrachten. Knapp ein Drittel der Unternehmen hat Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils, sieht jedoch zahlreiche Hürden, darunter fehlende qualifizierte Bewerberinnen und traditionelle Rollenbilder.

Von KI-Expertin über Programmiererin bis hin zur Cloud-Architektin – Frauen sind in den IT- und Digitalberufen weiterhin stark unterrepräsentiert. Das zu ändern ist aus Sicht der deutschen Wirtschaft auch eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit: Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der deutschen Unternehmen sagen, ohne Frauen in Digital- und IT-Berufen verspielt die deutsche Wirtschaft ihre Zukunft. Andere Länder sind da nach Ansicht der Unternehmen deutlich weiter: 59 Prozent sehen die deutsche Wirtschaft beim Thema Frauenanteil in Digital- und IT-Berufen international unter den Nachzüglern, weitere 23 Prozent sagen sogar, die deutsche Wirtschaft hat den Anschluss verpasst. 15 Prozent sehen die deutsche Wirtschaft hingegen unter den Vorreitern, nur 1 Prozent an der Spitze. Das sind Ergebnisse einer Studie des Digitalverbands Bitkom anlässlich des Weltfrauentages am 8. März, für die mehr als 600 Unternehmen aller Branchen repräsentativ befragt wurden.

Geht es um den allgemeinen Frauenanteil unter den Beschäftigten deutscher Unternehmen, sind in 64 Prozent der Unternehmen weniger als die Hälfte weiblich. Weitere 19 Prozent haben etwa gleiche Anteile von Frauen und Männern in der Belegschaft. Weitere 15 Prozent mehr Frauen als Männer. In IT- und Digitalberufen innerhalb der Unternehmen, also zum Beispiel in der IT-Administration oder Softwareentwicklung, aber auch in Abteilungen für digitale Transformation oder Künstliche Intelligenz beschäftigt hingegen keines der repräsentativ befragten Unternehmen (0 Prozent) mehr Frauen als Männer. Im Gegenteil: Mit 94 Prozent sind in fast allen deutschen Unternehmen weniger als die Hälfte der IT- und Digitalstellen weiblich besetzt. In weiteren 4 Prozent ist der Geschlechteranteil in diesen Berufen etwa gleich. „Frauen bringen neue Perspektiven und andere Erfahrungen in Unternehmen ein. Diese Vielfalt stärkt nicht nur technologische Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Mehr Frauen für IT- und Digitalberufe zu gewinnen, ist auch eine Frage der Teilhabe und gleichberechtigten Mitgestaltung der Digitalisierung“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Rund ein Drittel hat Ziele, den Frauenanteil in IT- und Digitalberufen zu erhöhen 

Dabei wünscht sich die Wirtschaft durchaus mehr Frauen in diesen Bereichen: Insgesamt 37 Prozent der Unternehmen haben sich interne Ziele gesteckt, um den Frauenanteil speziell in den IT- und Digitalberufen zu erhöhen. Dabei haben 2 Prozent solche Ziele bereits erreicht, weitere 5 Prozent haben konkrete Ziele mit Zeitplan definiert und 30 Prozent haben entsprechende Ziele allgemein gesetzt. Weitere 9 Prozent planen derzeit interne Ziele für mehr Frauen in IT- und Digitalberufen, weitere 13 Prozent diskutieren es.

Andererseits sind solche Ziele für 38 Prozent der Unternehmen kein Thema. Als Gründe, bisher keine Ziele verankert zu haben, geben die meisten dieser Unternehmen an, nicht genügend qualifizierte Bewerberinnen zu haben (68 Prozent) oder andere Prioritäten zu setzen (61 Prozent). Rohleder: „Gute Absichten reichen oft nicht aus, erst klar definierte Ziele und Verantwortlichkeiten sorgen für Bewegung. Gerade um sich zukunftsfähig und resilient aufzustellen, müssen Unternehmen die Gewinnung von Frauen strategisch angehen.“

Um tatsächlich mehr Frauen speziell für IT- und Digitalberufe zu gewinnen, setzt eine Mehrheit von 60 Prozent der Unternehmen gezielte Recruiting-Maßnahmen ein. Am weitesten verbreitet sind demnach Kooperationen mit Hochschulen und Schulen, die 24 Prozent der Unternehmen bereits pflegen, um Frauen für IT- und Digitalberufe zu gewinnen. 19 Prozent bieten spezielle Einstiegsprogramme wie Traineeships an. 16 Prozent sind auf frauenspezifischen Karriereevents oder -messen aktiv, 15 Prozent nutzen auf Frauen zugeschnittene Werbe- beziehungsweise Social-Media-Kampagnen. „Eine höhere Sichtbarkeit und eine direkte Ansprache sind wichtig, um mehr Frauen gerade auf die Vielfalt der Berufe in der IT und Digitalisierung aufmerksam zu machen“, so Rohleder. „So komplex die Herausforderungen zur Steigerung des Frauenanteils sind, so breit gefächert sollten auch die Lösungsansätze sein.“

Auch in den Unternehmen gibt es Hürden  

Die Gründe, warum der Frauenanteil in den IT- und Digitalberufen nicht höher ist, sind aus Sicht der Wirtschaft vielfältig und oft liegt es auch an den Unternehmen selbst: 59 Prozent der Unternehmen sehen Hürden beim Wiedereinstieg als Grund, wie fehlende Weiterbildungen während der Elternzeit, 53 Prozent traditionelle Rollenbilder in den Unternehmen, 52 Prozent fehlende Netzwerke für Frauen. Gleichzeitig sagt auch die Hälfte (50 Prozent), eine männlich geprägte Kultur in IT- und Digitalberufen schrecke Frauen ab.

So sagen zum Beispiel zwar einerseits über zwei Drittel (69 Prozent) der Unternehmen, IT- und Digitalberufe müssten für Frauen attraktiver werden, andererseits sind aber auch 39 Prozent der Meinung, Männer seien für IT- und Digitalberufe grundsätzlich besser geeignet. „Wer einem solchen Irrglauben nachhängt, muss sich über den Fachkräftemangel nicht wundern. Digitalisierung und IT kennen kein Geschlecht“, so Rohleder. „Frauen sollten sich nicht von Stereotypen aufhalten lassen, sondern die Karrierechancen in diesen Zukunftsberufen bewusst für sich nutzen.“

Aber auch im Bereich der Politik sowie bei den Frauen selbst werden Gründe für den geringen Anteil verortet. Die Hälfte (50 Prozent) sieht eine ungenügende Qualifizierung von Bewerberinnen als Grund, 46 Prozent meinen, es läge an der schlechteren Selbstvermarktung von Frauen. Außerdem sehen 55 Prozent der Unternehmen in der mangelnden Betreuungsinfrastruktur einen Grund für den geringen Frauenanteil in IT- und Digitalberufen. 52 Prozent beobachten Hürden beim Quereinstieg, so würden Arbeitsagenturen Frauen zum Beispiel seltener eine IT-spezifische Weiterbildung empfehlen. Fast jedes zweite Unternehmen (46 Prozent) macht eine klischeebehaftete Ausbildung oder Berufsorientierung an Schulen als Grund aus. Rohleder: „Neben dem Elternhaus spielen Schulen und Hochschulen eine wichtige Rolle für die spätere Berufswahl. Umso wichtiger ist es, gerade dort die Neugier von Mädchen und jungen Frauen auf Technik und Digitalisierung zu fördern.“

Betreuung, Pflichtfach, Praxisnähe – wo die neue Bundesregierung nun ansetzen sollte 

54 Prozent der deutschen Unternehmen vertreten die Ansicht, die neue Bundesregierung müsse mehr tun, um Frauen in IT- und Digitalberufen zu fördern. Um Frauen für Karrieren in der digitalen Wirtschaft zu begeistern und Politik und Unternehmen dabei zu unterstützen, weibliche Fach- und Führungskräfte besser zu fördern, engagiert sich der Bitkom mit weiteren Partnern in der Initiative #SheTransformsIT. Das interdisziplinäre Bündnis aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft setzt sich dafür ein, Mädchen und Frauen in der digitalen Welt zu stärken. Aus Sicht des Bitkom und der Initiative #SheTransformsIT kann die neue Bundesregierung mit drei Maßnahmen bereits viel erreichen, um mehr Frauen für die Digitalisierung zu gewinnen: „Es braucht erstens einen verpflichtenden und gendersensiblen Informatik-Unterricht an den Schulen. Zweitens sollten Praxisnähe und Interdisziplinarität in Ausbildung und Studium gestärkt, sowie Aus- und Weiterbildungsprogramme für Frauen in IT-Berufen gefördert werden. Drittens gilt es, die Betreuungsinfrastruktur auszubauen“, so Susanne Dehmel, Mitglied im Steuerungskreis von #SheTransformsIT und der Bitkom-Geschäftsleitung.

Das spiegelt sich auch in der Sicht der Gesamtwirtschaft wider: Im Bezug auf Maßnahmen rund um das Thema Gleichstellung von Mann und Frau und der Erhöhung des Frauenanteils in IT- und Digital-Berufen fordern 74 Prozent von der neuen Bundesregierung mehr Investitionen in die Betreuungsinfrastruktur sowie 64 Prozent eine Bildungspolitik, die das Interesse junger Mädchen und Frauen an IT-Themen gezielt fördert. Für verbindliche Frauenquoten im mittleren und oberen Management sprechen sich 26 Prozent aus. Lediglich 5 Prozent der Unternehmen sagen, es seien keine weiteren Maßnahmen der Politik zur Gleichstellung von Mann und Frau und der Erhöhung des Frauenanteils in Digital- und IT-Berufen mehr notwendig.

So steht es generell um Frauenförderung in der Wirtschaft  

Passend dazu steht auch ganz grundsätzlich und unabhängig von speziellen Fachbereichen oder Berufsgruppen die Mehrheit der deutschen Wirtschaft dem Thema Frauenförderung positiv gegenüber. So sagen zum Beispiel 88 Prozent der Unternehmen, gemischte Teams aus Männern und Frauen tragen zu einem besseren Betriebsklima bei und wirken sich positiv auf die Unternehmenskultur aus. 81 Prozent sind überzeugt, dass Frauen neue Ideen und andere Sichtweisen ins Unternehmen einbringen. Insgesamt haben 52 Prozent der deutschen Unternehmen derzeit Ziele verankert, um den Frauenanteil in ihrer Belegschaft zu erhöhen. Ziele bedeuten aber nicht immer auch feste Zuständigkeiten: In insgesamt 39 Prozent der Unternehmen ist bisher niemand benannt worden, der für dieses Thema zuständig ist.

Zudem herrscht in vielen Unternehmen noch Skepsis, was die Frauenförderung angeht: Rund ein Drittel (36 Prozent) der Unternehmen sagt, Frauenförderung sei häufig nur vorgeschoben, in der Praxis solle sich im Unternehmen gar nichts ändern. Laut 23 Prozent ist Frauenförderung nicht mehr notwendig und 17 Prozent halten Frauenförderung nur für einen Trend, der bald vorübergehen wird. „Wer Gleichstellung und Frauenförderung nur als kurzfristigen Hype versteht, verkennt nicht nur das eigentliche Problem, sondern schadet dem eigenen Unternehmen. Langfristiger Erfolg – wirtschaftlich wie gesellschaftlich – erfordert echte Veränderung“, so Rohleder.

Weitere Zahlen rund um Frauen in der Digitalisierung  

  • 30 Prozent Frauenanteil in der IT-Branche (Quelle: Berechnung auf Basis von Daten des StBA, der BNetzA und der BA 2024)
  • 18 Prozent Frauenanteil unter IT-Fachkräften (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2024)
  • 21 Prozent Frauenanteil im Informatikstudium (Anteil in interdisziplinären Studiengängen deutlich höher, z.B. 44 Prozent in Medizininformatik oder 37 Prozent in der Bioinformatik) (Quelle: GENESIS Online, Statistisches Bundesamt 2023)
  • 12 Prozent Frauenanteil in IT-Ausbildungen (Quelle: Ausbildungsmarktstatistik, Bundesagentur für Arbeit 2024).
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[toptechnews.de] · 06.03.2025 · 14:26 Uhr
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