Goldrausch mit Tücken: Warum das ewige Edelmetall nicht immer glänzt
Die Notierungen für Gold haben zuletzt neue Höchststände erreicht. Nach Angaben mehrerer Branchenanalysten wollen viele Anleger damit auf Nummer sicher gehen, falls die Weltwirtschaft in eine ernsthafte Krise rutscht. Tatsächlich gilt das Edelmetall seit Jahrhunderten als Hort vermeintlicher Stabilität: Selbst wenn Bankenpleiten drohen und Börsenkurse abstürzen, bleibe Gold bestehen. Doch die Vergangenheit zeigt, dass reines Horten auch zur Falle werden kann.
Dabei war Misstrauen gegenüber staatlichem Fiatgeld schon früher verbreitet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestand in Großbritannien und den USA die Angst, eine allzu lockere Geldpolitik könnte zu grassierender Inflation führen. So klammerten sich die Entscheidungsträger an den Goldstandard, der den Wert der jeweiligen Währung an das knappe Edelmetall band. In den 1930er-Jahren zog der britische Ökonom John Maynard Keynes jedoch erfolgreich in den Kampf gegen die starren Regeln. Er trat dafür ein, die Zinsen zu senken und gezielt Staatsausgaben zu erhöhen. Damit stellte er sich gegen jene, die Geld horteten und auf eine Strenge setzten, die Millionen Arbeitslose in Kauf nahm.
Auch in der US-Geschichte hat Gold eine mythische Aura. Als Präsident Franklin D. Roosevelt nach der Weltwirtschaftskrise den Dollar von Gold abkoppelte und privates Goldhorten zeitweise verbot, formierte sich rasch Widerstand. Bis heute verweisen Verschwörungstheoretiker darauf, dass sich das Land seither unaufhörlich verschuldet habe und das Papiergeld nur noch ein Versprechen ohne Substanz sei. Erst jüngst erwogen einige populistische Politiker eine Rückkehr zum Goldstandard, um eine vermeintlich haltbarere Währung zu schaffen.
Dennoch mehren sich Zweifel, wie widerstandsfähig Gold im Ernstfall wirklich wäre. Wer sich in antiken Sagen, Märchen und selbst in moderner Literatur umsieht, stößt auf warnende Beispiele: Gierige Goldhorter werden bestohlen, von ihrer Habgier zerfressen oder verlieren den Bezug zu ihren Mitmenschen. Charles Dickens’ Ebenezer Scrooge etwa erkennt rechtzeitig, dass sein Vermögen keinen inneren Wert hat, wenn er zugleich isoliert und unglücklich bleibt. Wirtschaftshistorisch betrachtet zeigt sich zudem, dass eine allzu defensive Haltung den Blick für bessere Chancen versperren kann.
Tatsächlich haben in den USA etliche sogenannte „Doomsday Preppers“ heute Tresore voller Gold, Schusswaffen und Vorräte, um im Katastrophenfall autark zu sein. Auch Tech-Milliardäre wie Sam Altman räumen ein, Gold zu bunkern. Doch ob Goldbarren in einer echten Apokalypse wirklich nützlich sind, bleibt fraglich. In Szenarien brutaler Knappheit kann schnell gelten, dass Lebensmittel oder Medikamente mehr zählen als glänzende Metalle. Der Drang, sämtliche Risiken mit dem Besitz eines vermeintlich unvergänglichen Gutes abzusichern, verschafft den Anlegern momentan zwar ein Gefühl von Sicherheit — ganz frei von Illusionen ist diese Hoffnung indes nicht.