Gabriel kritisiert Scholz und fordert Verhandlungen mit den Taliban

09. Juni 2024, 00:00 Uhr · Quelle: dts Nachrichtenagentur

Berlin - Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) scharf für sein zögerliches Verhalten beim Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern kritisiert. "Wer sich an seine Zeit als Innensenator in Hamburg erinnert: Scholz kann Härte", schreibt Gabriel in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". "Schönheitsfehler: Schon damals in Hamburg kam die Wende zu spät."

"Und auch jetzt musste die SPD erst auf beschämende 15 Prozent abstürzen, bis der Kanzler das tut, was er immer ankündigt: Führung zeigen, und die Kritiker in seiner Partei in die Schranken weisen."

Gabriel fordert Scholz konkret dazu auf, Abschiebungen nach Afghanistan zu ermöglichen. "Die Bundesregierung muss Verhandlungen selbst mit den Taliban versuchen, um Abschiebungen nach Afghanistan gerichtsfest zu machen." Und weiter: "Sie muss Kabul überprüfbare Garantien abverlangen, dass Abgeschobene nicht gefoltert oder getötet werden."

Zudem müsse die Bundesregierung "Staaten, die ihre Landsleute wieder aufnehmen, wenn sie bei uns kein Bleiberecht haben, dafür wirtschaftlich belohnen", so Gabriel weiter. "Und zugleich klarstellen: Regierungen, die sich weigern, ihre Bürger aufzunehmen, können von uns keine Hilfe mehr erwarten - im Zweifel auch keine EU-Visa für die politische und wirtschaftliche Elite dieser Länder."

Der frühere Parteichef glaubt: "Eine Wende ist möglich, ohne Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft aus dem Auge zu verlieren." Der Bundeskanzler habe jetzt "die große Chance", erläutert Gabriel, "ein Tabuthema in Deutschland aufzubrechen und mit den Mitteln eines demokratischen Rechtsstaates anzupacken". Der Kanzler dürfe nicht zulassen, "dass erneut das Gefühl entsteht, nach der Europawahl würde dieses Thema wieder vertagt und verzögert", so Gabriel weiter. "Das Gegenteil zu beweisen, ist eine große Chance, um Vertrauen in die demokratischen Parteien zurückzugewinnen."

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Insa sind 93 Prozent der Menschen in Deutschland für Rückführungen nach Afghanistan. Auf die Frage, wer nach Afghanistan zurückgeführt werden dürfen sollte, antworteten 53 Prozent mit "alle Asylbewerber, deren Asylantrag abgelehnt wurde", 41 Prozent mit "nur Schwerkriminelle und terroristische Gefährder" und 3 Prozent mit "niemand" (weiß nicht/kA: 4 Prozent).

Für die "Bild am Sonntag" hat Insa 1.004 Personen am 6. Und 7. Juni 2024 befragt. (dts Nachrichtenagentur)

Politik / Deutschland / Afghanistan / Asyl / Integration
09.06.2024 · 00:00 Uhr
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