Forderungen und Warnungen an Schwarz-Gelb
Aber es gibt auch deutliche Warnungen: Die Gewerkschaften verlangen, dass es nicht zu einem Kahlschlag bei Jobs und Änderungen beim Kündigungsschutz kommt. Umweltschützer bangen um den Klimaschutz und fürchten ein Comeback der Atomkraft.
WIRTSCHAFT:
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordert ein 100-Tage-Sofortprogramm gegen die Krise. Top-Themen seien Kredite für Unternehmen sowie Reformen der Erbschaft- und Unternehmensteuer. In Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten sollte der Kündigungsschutz aufgehoben werden. Auch die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände hofft auf «mehr Flexibilität» am Arbeitsmarkt. Die von schweren Finanzsorgen geplagten Kommunen im Städte- und Gemeindebund rufen nach einer höheren Beteiligung an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose und am Ausbau der Kinderbetreuung.
BANKEN/VERSICHERUNGEN:
Die Versicherungen appellierten an Union und FDP, neben der Stabilisierung der Finanzmärkte die Grundlagen für mehr Wachstum zu schaffen. Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken- und Raiffeisenbanken (BVR) muss Schwarz-Gelb den Faden der Agenda 2010 wieder aufnehmen und den Arbeitsmarkt reformieren. Auch müsse das strukturelle Defizit des Bundeshaushalts bis 2016 beseitigt werden.
GEWERKSCHAFTEN:
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kündigte an, dass der Kampf für einen gesetzlichen Mindestlohn fortgesetzt wird. DGB-Chef Michael Sommer warnte davor, Streikrecht, Tarifautonomie oder Mitbestimmung auszuhöhlen. Die Arbeitslosen-Initiative «Erwerbslosen Forum» fürchtet, dass die sozialen Sicherungssysteme auf der Kippe stehen.
WOHLFAHRTSVERBÄNDE:
Eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze fordern der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Sozialverband VDK. AWO-Chef Rainer Brückers wies auf die prekäre Situation vieler Familien und Kinder hin: «Lohnarmut führt zu Kinderarmut und mündet in Altersarmut.»
UMWELTSCHÜTZER:
Die Deutsche Umwelthilfe fürchtet, dass der Atomausstieg auf der Kippe steht. Die Förderung der erneuerbaren Energien dürfe nicht gekürzt werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält das Wahlergebnis nicht für ein Votum zugunsten längerer Atom-Laufzeiten. Die Anti-Atom-Organisationen «Ausgestrahlt» fordert zudem eine Alternative zu Gorleben als möglichem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll.
VERBRAUCHERSCHÜTZER:
Die Verbraucherzentralen fordern ein eigenständiges Verbraucher-Ressort. Außerdem seien ein verbesserter Anlegerschutz, eine Reform des Gesundheitsfonds und eine bessere CO2-Kennzeichnung für Elektrogeräte, Autos und Gebäude notwendig.
BAUERN:
Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner erwartet von Union und FDP eine starke Agrarpolitik: «Die extrem schwierige Situation der Milchbauern, aber auch der Ackerbaubetriebe sowie der Obst- und Gemüsebaubetriebe macht Hilfeleistungen und politische Weichenstellungen auf europäischer Ebene dringend erforderlich.» Auch müssten die Bauern bei Steuern und Abgaben entlastet werden.
GESUNDHEIT:
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert eine nachhaltige Gesundheitsreform. Die Pharmabranche warnt, Mittelständler stünden vor einem ruinösen Preiskampf. Forschung sollte steuerlich gefördert werden, erklärte der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI). Die Ärzteverbände setzen auf eine Stärkung der Mediziner-Position.
MENSCHENRECHTLER:
Die Menschenrechtsorganisationen Pro Asyl und Amnesty International wollen eine Reform der zum 31. Dezember auslaufenden Bleiberechtregelung: «Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen». Obwohl sie länger als sechs Jahre in Deutschland geduldet sind, sind rund 60 000 Menschen von der Abschiebung bedroht.