EuGH-Urteil zu EU-Mindestlohnrichtlinie sorgt für gemischte Reaktionen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Kompetenzen der Europäischen Union bezüglich der Mindestlohnstandards als überschritten angesehen und folglich zwei spezifische Bestimmungen der EU-Mindestlohnrichtlinie für nichtig erklärt. Dies betrifft sowohl die Kriterien zur Festlegung und Aktualisierung von Löhnen als auch ein Verbot der Senkung von Löhnen bei automatischer Indexierung. Die erfolgreiche Klage aus Dänemark führte zu gemischten Reaktionen: Arbeitsminister Kaare Dybvad Bek sprach von einem 'halben Sieg'. Nichtsdestotrotz scheinen die Befürworter der Richtlinie ebenfalls zufrieden.
Dennis Radtke, Vorsitzender des CDU-Sozialflügels, betont, dass das Ziel der Stärkung der Tarifbindung intakt bleibt. Auch Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas zeigt sich erfreut über die Entscheidung, die den Großteil des Regelwerks bekräftigt und Rückenwind für den deutschen Mindestlohn bedeutet. Der EuGH stellte klar, dass der EU-Gesetzgeber nur in den beiden spezifischen Fällen die Grenzen seiner Kompetenzen überschritten habe. Die Mitgliedstaaten sind nach wie vor dafür zuständig, die Höhe der Löhne festzulegen. Dennoch bleibt die Mindestlohnrichtlinie, die einen Rahmen für die Bestimmung von Mindestlöhnen bietet, bestehen.
Für Deutschland hat das Urteil keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Berechnung des Mindestlohns, der derzeit durch nationales Recht geregelt wird. Der Mindestlohn soll in den kommenden Jahren schrittweise auf 14,60 Euro steigen. Die EU-Staaten müssen weiterhin darauf abzielen, hohe Abdeckungsraten von Tarifverträgen zu gewährleisten, ohne jedoch Arbeitnehmer zum Beitritt zu Gewerkschaften zu verpflichten. Deutschland muss einen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung vorlegen, was bisher noch nicht geschehen ist. Dieser Schritt ist notwendig, da die tarifliche Abdeckung unter 80 Prozent liegt.
Bettina Kohlrausch von der Hans-Böckler-Stiftung drängt auf schnelles Handeln der Bundesregierung. Während die Arbeitgeber das Urteil kritisch sehen, zeigen sich Gewerkschaften insgesamt zufrieden, da Arbeitnehmerrechte gestärkt werden. Der dänische Arbeitsminister sieht das Urteil als Teilerfolg, auch wenn er sich eine vollständige Nichtigkeit der Richtlinie gewünscht hätte. In Deutschland bleibt die Debatte um einen angemessenen Mindestlohn spannend. Die Gewerkschaften fordern mehr als 15 Euro, sollten EU-Standards ernst genommen werden.

