EU und USA vor G20-Treffen auf Konfrontationskurs
Auch beim Umbau des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu einer Art Weltfinanzpolizisten gibt es unterschiedliche Auffassungen auf beiden Seiten des Atlantiks.
Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich in der Nacht zum Freitag bei ihrem Sondergipfel in Brüssel auf eine gemeinsame Strategie für das Treffen der 20 stärksten Wirtschaftsnationen (G20). Es wird nächste Woche (24./25. September) in Pittsburgh (US- Bundesstaat Pennsylvania) stattfinden und ist die dritte Konferenz innerhalb eines Jahres zur Überwindung der Finanzkrise. In Berlin forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel klare Fortschritte im Vergleich zum vorherigen Treffen in London. «Es gibt eine große Einigkeit darüber, dass das Treffen in Pittsburgh konkrete Ergebnisse bringen muss.»
Zentrale Forderungen der Europäer lauten: Schärfere Kontrollen des Finanzsystems, globale Strategien zum Schuldenabbau, klare Bekenntnisse im Kampf gegen den Klimawandel. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker drohte: «Falls wir in Sachen Boni mit den USA nicht zu Potte kommen, sollten wir das im Alleingang machen.»
Die Europäer verständigten sich auf eine Kompromisslinie, um Großbritannien mit dem Finanzplatz London einzubinden. Große Teile variabler Vergütungen sollen zeitlich gestreckt werden und bei schlechter Entwicklung eines Geldhauses ganz wegfallen. Es soll untersucht werden, ob Sonderzahlungen an die gesamte Vergütung oder den Bankengewinn gebunden werden könnten. Obama will zwar das Problem übermäßiger Managergehälter angehen, lehnt aber individuelle Begrenzungen von Vergütungen ab.
Konfliktherd IWF-Umbau
Juncker, der auch die 16 Staaten mit der Eurowährung führt, sagte, er erwarte beim G20-Gipfel Streit mit den USA vor allem um die künftige Besetzung des IWF-Verwaltungsrates. Es gebe dort «zwar eine sehr beeindruckende Zahl von Europäern», die Zahl von 24 Ländervertretungen solle aber bleiben. Beim IWF sollen aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Indien und Brasilien mehr Mitentscheidungsrecht bekommen.
Der Gipfelgastgeber, Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, nahm für das G20-Treffen ausdrücklich Obama in die Pflicht. «Die Finanzkrise ist von den USA ausgegangen», sagte Reinfeldt. «Wir hoffen, dass Präsident (Barack) Obama sein politisches Potenzial einsetzen wird, einen Erfolg zu erzielen.»
Eine weltweite Finanzmarktsteuer wird nach den Worten des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy nicht auf der Agenda des Weltfinanzgipfels stehen. «Wir können nicht über alles reden», sagte er. Merkel, die sich für die Steuer aussprach, sagte in Berlin jedoch, sie wolle das Thema in Pittsburgh zur Sprache bringen.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte am Rande einer Bundesratssitzung, beim Gipfel werde es auch um verschiedene Ausstiegsszenarien aus den gigantischen Krisenprogrammen der Staaten und Notenbanken gehen. «Ich erwarte, dass wir das Thema der Lastenverteilung dort aufgreifen.»
Die Europäer pochen auf ein ehrgeiziges Weltklimaabkommen, das im Dezember in Kopenhagen verhandelt werden soll. Alle Länder, außer den ärmsten, müssten bei der Finanzierung im Kampf gegen den Klimawandel mitziehen.
Das Abschlusspapier erwähnt ausdrücklich, dass im Jahr 2020 voraussichtlich bis zu 100 Milliarden Euro benötigt werden, um armen Ländern beim Klimaschutz zu helfen. Merkel sagte: «Wir gehen damit ein weiteres Mal als Europäer in Vorlage.» Europa erwarte auch von anderen wichtigen Partnern wie China, Indien oder den USA «positive und konkrete Signale» in der Vorbereitung für Kopenhagen.