EU-Erweiterung: Ein Balanceakt zwischen Integration und Vorsicht
Die Erweiterungspolitik der Europäischen Union steht erneut auf dem Prüfstand. Während die EU sich vor zwanzig Jahren als großes Versprechen für zahlreiche Staaten positionierte, bedarf es heute einer gründlicheren Reflektion und strategischen Vorgehensweise. Insbesondere im Hinblick auf die EU-Osterweiterung zeigt sich ein differenziertes Bild: Erfolge sind unter den baltischen Staaten und Slowenien verbucht worden, welche als Musterschüler gelten können. Polen meldet sich indessen als konstruktiver Partner zurück im Kreise der Gemeinschaft.
Doch nicht alle Erweiterungskapitel lesen sich wie eine Erfolgsgeschichte. Mit Blick auf Länder wie Ungarn und in neuerer Zeit auch die Slowakei offenbaren sich Schwierigkeiten, die das Einmaleins der europäischen Integration in Frage stellen. Einmal EU-Mitglied zu sein, scheint einem dauerhaften Status gleichzukommen. Diese Erfahrung sollte der Union zu denken geben – insbesondere im Umgang mit den Staaten des Balkans, die bereits lange auf eine Aufnahme warten, sowie mit potenziellen Beitrittskandidaten wie der Ukraine, Moldau, Georgien, Armenien und eines Tages vielleicht auch Belarus, vorausgesetzt, es etabliert sich eine demokratische Regierungsform.
Zwar könnte für einige Kandidaten der Status eines assoziierten Mitglieds eine sinnvolle Zwischenstation auf dem Weg zur vollständigen Integration darstellen, dennoch muss die EU eine Lektion aus der Vergangenheit ziehen: Die Aufnahme von Staaten, die für die Mitgliedschaft noch nicht bereit sind, wirft langfristig mehr Fragen auf, als dass sie Antworten bietet. Darüber hinaus offenbart sich die EU selbst bereits als ein Gefüge mit unterschiedlichen Abstufungen der Integration, beispielsweise im Schengen-Raum oder durch die gemeinsame Währung des Euro.
Die Herausforderung liegt nun darin, die eigene Aufnahmefähigkeit zu regenerieren und eine Balance zwischen Erweiterung und dem Erhalt der bereits erreichten Integrationsstandards zu finden. Nur so kann das zukunftsweisende Versprechen der Europäischen Union an Attraktivität gewinnen und gleichzeitig dem Anspruch auf eine sinnvolle und nachhaltige Erweiterungspolitik gerecht werden. (eulerpool-AFX)