Ernüchterung und Atempause für Wackel-GroKo

01. September 2019, 20:43 Uhr · Quelle: dpa

Berlin (dpa) - Es ist eine Atempause für die schlingernde große Koalition von Kanzlerin Angela Merkel. Die Rechtspopulisten von der AfD können am Sonntag bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg Sensationsergebnisse bejubeln.

Der AfD-Erfolg im Osten ist ein Einschnitt - und der Rutsch nach Rechts aus Sicht aller anderen Parteien das eigentliche Warnzeichen. Und doch: Anders als befürchtet schafft es die AfD nicht auf Platz eins.

Die Regierungschefs Michael Kretschmer (CDU, Sachsen) und Dietmar Woidke (SPD, Brandenburg) können sich trotz hoher Verluste wohl in Dreierkoalitionen retten. Ein akutes neues Beben der Koalition im Bund dürfte damit zunächst ausbleiben, hoffen sie in Union und SPD.

Erleichterung - das ist das Wort des Abends bei der SPD. Sie stürzt vor allem in Sachsen ab, verteidigt trotz aller Verluste in Brandenburg aber Platz eins. «Ich bin erstmal froh, dass das Gesicht Brandenburgs auch in Zukunft ein freundliches bleiben wird», sagt Woidke. SPD-Vize Ralf Stegner schlendert durchs fast leere Willy-Brandt-Haus, wo die Stimmung extrem nüchtern ist, und meint: «Nichts ist leichter geworden, es ist nicht noch schwerer geworden.»

Bei der CDU spricht Generalsekretär Paul Ziemiak von gemischten Gefühlen - und attestiert Sachsens Wahlgewinner Michael Kretschmer einen ganz persönlichen Erfolg, weil dieser «die Gesellschaft in Sachsen versöhnt und nicht gespalten» habe. Im Adenauerhaus wird die Tatsache, dass Kretschmer die AfD auf Abstand halten konnte, aber auch mit dessen klarer Absage an Bündnisse mit AfD oder Linkspartei in Verbindung gebracht. Soll zugleich heißen: Der Kurs von Ingo Senftleben in Brandenburg, der sich eben nicht so klar distanziert hatte, habe nicht weitergeholfen.

Tatsächlich sind die Probleme für die Berliner GroKo-Spitzen mit diesem Wahlabend nicht kleiner geworden, auch wenn CDU und SPD mit einem blauen Auge davongekommen sind. Ein wirksames Rezept gegen ein weiteres Erstarken der Rechtspopulisten haben Union und SPD noch nicht gefunden. Was also tun?

Abgrenzen, wo es nur geht - das ist das Rezept, das die meisten in der Union und der SPD zuletzt angewendet haben. Kleinhalten konnten sie die Rechtspopulisten damit nicht. Deshalb macht sich auch ein großes Stück Ratlosigkeit und Sorge breit in den großen Parteizentralen. Den (einstigen) Volksparteien - so ist mit Händen zu greifen - ist Sicherheit verloren gegangen.

Juso-Chef Kevin Kühnert will «nachdenkliche Töne» anschlagen, wenn er am Montag beim Volksfest Gillamoos in Niederbayern auftritt. Er werde die Erfahrungen «auf die große Bühne tragen», die er mit enttäuschten Bürgern in Brandenburg gemacht habe, die zur AfD tendierten. Zuhören - auch so ein Ansatz, um mit der Enttäuschung vieler Menschen umzugehen. Auch das versprechen die anderen Parteien aber schon länger.

Auch aus der inhaltlichen Zwickmühle werden Union und SPD so schnell kaum herauskommen. Will man gegen die AfD angehen, müssten wohl Themen wie Migration, Sicherheit und Ordnung noch stärker besetzt werden - die SPD aber blinkt derzeit eher nach links. Die Interimsparteichefin Malu Dreyer hebt die Forderung nach einer Vermögensteuer hervor, mit der die SPD Profil gezeigt habe. Mit der Union aber ist das nicht zu machen.

Und ob die schwarz-rote Koalition bei der am 20. September geplanten Sitzung des Klimakabinetts ein durchschlagendes Konzept gegen den Klimawandel vorlegen kann, ist völlig offen. Wenn nicht, dürfte das mächtig auf das Konto der Grünen einzahlen. Mindestens gut drei Monate dürfte das große GroKo-Zittern noch dauern. Erst nach dem SPD-Parteitag Anfang Dezember wird wohl klar sein, ob die SPD mit einer dann neuen Parteispitze rasch aus der ungeliebten Koalition aussteigen will.

Von den Spitzen von CDU und SPD geht nach wie vor wenig Ruhe und Stabilität aus. Bei den Sozialdemokraten starten am Mittwoch in Saarbrücken rund sechswöchige, anstrengende Vorstellungsrunden ihrer Bewerberduos für den Parteivorsitz.

Und in der CDU ist Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer alles andere als unumstritten. Auch ihr eigentlich wohl gesonnene Parteifreunde sorgen sich schon vor der üblichen Pressekonferenz der Vorsitzenden am Montag nach den Wahlen: Das nächste Fettnäpfchen wartet bestimmt, wird sie wieder patzen?

Selbst wenn AKK den Auftritt problemlos absolviert: Ihre Parteizentrale muss neu aufgestellt werden, wichtige Berater sind mit ins Verteidigungsministerium gewechselt. Ganz zu schweigen davon, dass bei einer raschen Neuwahl 2020 auch die Frage der Kanzlerkandidatur alles andere als ausgemacht scheint: AKK's damaliger Konkurrent um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, mache sich noch Hoffnung, heißt es in der CDU. Und auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Gesundheitsminister Jens Spahn hätten weiterhin insgeheim Ambitionen.

Verglichen mit CDU und SPD kann die CSU relativ gelassen auf die Wahlen im Osten blicken - zumindest kurzfristig werden die Ergebnisse keine Auswirkungen auf ihre Arbeit haben. Da Parteichef Markus Söder aber gerne längerfristig mit AKK zusammenarbeiten will, wird in München genau beobachtet, wie am Ende die Parlamente in Potsdam und Dresden aussehen werden. Skeptischer sehen viele in der CSU da schon die Suche nach einer neuen SPD-Spitze. Aktuelle Projekte im Bund könnten immer wieder zum öffentlichen Streitpunkt werden, wenn sich die Bewerber profilieren wollen.

Auch die Thüringen-Wahl Ende Oktober spielt in den Köpfen vieler in CDU und CSU auf dem Weg zum entscheidenden SPD-Parteitag im Dezember eine wichtige strategische Rolle. Auch in Erfurt könnten Fliehkräfte entstehen, die aus Unionssicht nicht willkommen sind - weder für die Macht-Architektur in CDU und CSU, noch in der Koalition.

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01.09.2019 · 20:43 Uhr
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