DGB fordert Stärkung der Tarifbindung und kritisiert Bundesfinanzminister
Die Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes macht Druck auf die Bundesregierung und die Arbeitgeberschaft, eine Wende in der Tarifpolitik Deutschlands herbeizuführen. Die Forderung nach einer „Tarifwende“ kam direkt von Yasmin Fahimi, der Vorsitzenden des DGB, die auf eine gefährdete Tariflandschaft hinwies, in der nur noch etwa die Hälfte der Arbeitnehmer von Tarifverträgen geschützt seien. Fahimi betonte die Bedeutung der Tarifverträge und deren Flexibilität im Hinblick auf die Vielfalt der Arbeitswelt.
Ein entscheidendes Instrument in diesem Kontext könnte ein Bundestariftreuegesetz sein, das im Koalitionsvertrag festgehalten wurde und die Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes an die Einhaltung branchenrepräsentativer Tarifverträge knüpft. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil signalisierte bereits mehrfach die Umsetzung eines solchen Gesetzes, das eventuell Anfang 2024 in Kraft treten könne.
Dennoch gibt es Widerstände: So beklagte Fahimi eine Blockadehaltung von Arbeitgebern und der FDP, insbesondere bei der Auftragswertgrenze des Bundestariftreuegesetzes. Der Deutschen Gewerkschaftsbund zeigt sich indes als kraftvolle Organisation mit wachsenden Mitgliederzahlen. Im Vergleich zum Vorjahr konnte ein Anstieg der Neueintritte um 37 Prozent auf 437.000 verbucht werden, und die Gesamtmitgliederzahl kletterte leicht auf 5,67 Millionen.
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell äußerte scharfe Kritik an Bundesfinanzminister Christian Lindner, den er als "größtes Standortrisiko" bezeichnete. Die Forderung, die Schuldenbremse zu lockern, wurde dabei ebenso laut wie die Kritik an der damit verbundenen Investitionsrestriktion. Der FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer verteidigte Lindner, merkte jedoch an, dass ein solcher persönlicher Angriff den ohnehin schwelenden gesellschaftlichen Debatten nicht dienlich sei.
Bezüglich des Mindestlohns forderte der DGB eine neue Initiative, die zu einer Erhöhung führen sollte. Nach dem Vorschlag des DGBs soll der Mindestlohn auf 60 Prozent des mittleren Einkommens von Vollzeitbeschäftigten angehoben werden. Dies bedeutet aktuell etwa 14 Euro pro Stunde, während der Mindestlohn erst kürzlich auf 12,41 Euro brutto angehoben wurde.
Schließlich wies die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack auf die Notwendigkeit einer Bildungsoffensive hin, um die Qualität von Bildungseinrichtungen zu steigern und Deutschlands Position in internationalen Rankings zu verbessern. Auch die Kindergrundsicherung wurde als wichtige Sozialmaßnahme hervorgehoben. (eulerpool-AFX)