Deutschlands Politik ist alarmiert: Die Steuereinnahmen aus Glücksspiel stagnieren
Ziel der Politik war es, einerseits für mehr Wettbewerb zu sorgen und andererseits den Spielerschutz deutlich zu verbessern. Gleichzeitig erhofft man sich von der Marktöffnung mehr Steuereinnahmen, die den jeweiligen Haushalten zugutekommen sollten. Doch nach mittlerweile fast vier Jahren Echtbetrieb zeigt sich, dass so manches Vorhaben unrealistisch war.
Das Wachstum findet anderswo statt
Dies zeigt sich besonders deutlich beim Thema Steuereinnahmen. Diese haben zuletzt stagniert und sind sogar ein wenig gesunken. Zwar kann die Branche im 10-Jahresvergleich auf einen Anstieg von 50 Prozent verweisen, doch der Eindruck täuscht. Es zeigt sich, dass Deutschland nicht vom weltweiten Trend hin zu mehr Wachstum im Glücksspiel profitieren kann. Dort zeigen sich Wachstumsraten von bis zu 15 Prozent pro Jahr, die Prognosen für die Zukunft gehen davon aus, dass dieser Trend anhalten wird.
Ausschlaggebend dafür ist die Durchsetzung mit immer mehr und schnelleren Internetverbindungen, die das Online-Glücksspiel weiterentwickeln und an beinahe jedem Ort verfügbar machen. In einem Online Casino mit Echtgeld spielen ist heute längst keine technische Herausforderung mehr, das gilt auch für Deutschlands Nachbarland Österreich. Dort steht man vor derselben Herausforderung, sucht sein Heil jedoch in einer weiter anhaltenden Abschottung des Marktes. Die neue österreichische Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm festgeschrieben, ausländische Anbieter mit Hilfe von Internetsperren und Payment-Blocking zurückdrängen zu wollen. Eine neue Aufsichtsbehörde soll dies nach dem Vorbild Deutschlands sicherstellen. Gleichzeitig möchte man die Steuern auf Glücksspiel erhöhen. Doch dieser Weg hat sich schon im Nachbarland als nicht zielführend erwiesen.
Strenge Vorgaben schaffen Wettbewerbsnachteile
Die deutschen Kunden können zwar seit rund vier Jahren erstmals auch bei ausländischen Anbietern ihr Glück versuchen, doch die Marktöffnung hat viele Spieler enttäuscht. Das liegt hauptsächlich an den strengen Vorgaben, die der Lizenzgeber seinen Lizenznehmern auferlegt. So wurde der Online-Markt zwar erstmals für ausländische Anbieter geöffnet, doch diese haben einen klaren Nachteil gegenüber Anbietern, die keine deutsche Lizenz besitzen.
Diese zeigen sich nicht nur bei den vorgeschriebenen Einzahlungslimits, sondern auch bei Werbebeschränkungen und Casinospielen, die nicht angeboten werden dürfen. Das gilt vorwiegend für herkömmliche Spiele wie Roulette. Diese sind lediglich in stationären Spielbanken verfügbar, jedoch nicht im Netz.
Das bedeutet einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Anbietern, die mit ihren Lizenzen aus anderen EU-Staaten ohne diese Einschränkung am Markt agieren können. Mit dem Spielerschutz ist diese Maßnahme jedoch nicht argumentierbar, schließlich sind Spielautomaten sehr wohl im Netz erlaubt.
Kein Wunder also, dass mit der Neufassung des deutschen Glücksspielstaatsvertrags ein weiteres wichtiges Ziel nicht erreicht wurde. Das Zurückdrängen des Schwarzmarktes in Deutschland scheint vorerst Illusion zu bleiben. Das liegt allerdings an der schlechten Vergleichbarkeit der Angebote, die lizenzierte Anbieter deutlich benachteiligt.
Lotto Top, Online-Gaming Flop
Das bekommt auch der Staat zu spüren. Dies zeigt sich vor allem, wenn man die Steuereinnahmen aus den einzelnen Marktsegmenten im Detail analysiert. So steigen zwar die Einnahmen aus der Lotteriesteuer weiterhin deutlich an, doch gleichzeitig sinken die Steuern, Online-Poker und den virtuellen Spielautomaten. Der leichte Anstieg bei Sportwetten wird von Experten lediglich auf die Fußball-Europameisterschaft 2024 zurückgeführt, die in Deutschland stattfand.
Besonders dramatisch ist die Situation bei den Slots, dort betrug der Einbruch fast 40 Prozent. Der Rückgang findet also genau dort statt, wo Deutschland mithilfe eines neuen Gesetzes entgegenhalten wollte. Dieser Plan ist also offensichtlich gescheitert, denn der Einbruch der Steuereinnahmen ist kein singuläres Phänomen, er hält bereits seit dem Jahr 2022 in dieser Form an.
Die Privatisierung der Spielbanken schreitet voran
Damit ergibt sich fast automatisch Handlungsbedarf, denn anders als jahrzehntelang zuvor befinden sich auch viele ehemals staatliche Spielbanken nicht mehr im Besitz der jeweiligen Länder, sondern wurden privatisiert. Bestes Beispiel dafür ist die WestSpiel-Gruppe. Diese wurde vor rund vier Jahren an den Gauselmann Konzern verkauft und ist seither Teil der Merkur-Gruppe.
Ähnliche Pläne wälzt Schleswig-Holstein, das seit Jahren über eine Privatisierung diskutiert. Diese soll jetzt vorangetrieben werden. Die Rolle des Staates wandelt sich also gerade verstärkt vom Eigentümer zum Regulator. Auf diesen kommt jetzt die Aufgabe zu, die Erfahrungen aus vier Jahren deutschen Glücksspielvertrag zu sammeln und zu bewerten.
Evaluierung gesetzlich vorgesehen
Immerhin schreibt das Gesetz genau diesen Prozess vor, er muss bis Ende des Jahres 2026 abgeschlossen sein. Angesichts der Vorgeschichte der zahlreichen Reformversuche des Glücksspiels in Deutschland ist diese Frist jedoch kurz bemessen.
Angetrieben von zahlreicher Kritik der EU-Kommission diskutierte Deutschland jahrelang seine Glücksspielgesetzgebung, ohne dabei wirkliche Fortschritte zu machen. Die Streitigkeiten zwischen den Bundesländern endeten in den 2010-Jahren sogar mit einem Sonderweg von Schleswig-Holstein. Das nördlichste Bundesland verabschiedete eine eigene Gesetzgebung, die den Markt auf Basis eigener Gesetze liberalisierte. Erst mit dem Beschluss von 2021 endete dieser Sonderweg, der jetzt neuerlich auf dem Prüfstand steht.
Der Schwarzmarkt boomt
Deutschland wird sich entscheiden müssen, ob es seinen Lizenznehmern ermöglicht, auf Augenhöhe mit der Konkurrenz zu agieren, oder deren Möglichkeiten weiterhin so stark beschränkt, dass der deutsche Markt für Anbieter weitestgehend unattraktiv bleibt. Die Spieler in Deutschland haben ihre Wahl jedenfalls bereits getroffen. Sie beginnen verstärkt zu illegalen Betreibern abzuwandern, weil der regulierte Markt in Deutschland unattraktiv geworden ist.
Branchenkenner beobachten diesen Trend bereits seit rund zehn Jahren. Mit der Liberalisierung schien zunächst ein Instrument dagegen gefunden worden zu sein, doch die Kunden erkannten schnell, dass die Hürden zu hoch angesetzt sind. Mittlerweile schätzen Experten den Anteil des Schwarzmarktes in Deutschland auf bis zu 40 Prozent. Das ist für sie ein alarmierendes Signal, das die Politik in Deutschland unbedingt ernst nehmen müsse. Sollte sich an den gesetzlichen Vorgaben in nächster Zukunft nichts ändern, dann werden die deutschen Steuereinnahmen aus dem Glücksspiel voraussichtlich weiter zurückgehen.