DayZ-Schöpfer Dean Hall rechnet mit Valve und Glücksspiel-Monetarisierung ab
In der glitzernden Welt der Videospiele gibt es Wahrheiten, die oft nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert werden. Doch Dean Hall, der kreative Kopf hinter Survival-Meilensteinen wie DayZ und Icarus, ist nicht dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. In einem aufrüttelnden Interview mit Eurogamer hat der renommierte Entwickler nun einen verbalen Fehdehandschuh in Richtung eines der größten Giganten der Branche geworfen: Valve. Halls Anklage wiegt schwer, denn er wirft dem Unternehmen vor, für die Popularisierung von glücksspielähnlichen Monetarisierungsmechanismen verantwortlich zu sein, und dafür bei weitem nicht die Kritik zu erhalten, die es verdiene.
Der Sündenfall aus dem Hause Valve
Mit einer unmissverständlichen Deutlichkeit bringt Hall seine Abscheu zum Ausdruck. „Ich bin ehrlich gesagt angewidert von Glücksspielmechaniken in Videospielen – sie haben dort absolut nichts zu suchen“, erklärt er und zielt damit auf ein System, das Valve maßgeblich mitgeprägt hat. Zwar war Team Fortress 2 nicht der erste Titel mit Lootboxen, doch erst durch Valves Implementierung wurde das System zu einem Massenphänomen, das später in der In-Game-Ökonomie von Counter-Strike perfektioniert wurde. Auch das Konzept des Battle Pass wurde durch Dota 2 erst salonfähig gemacht. Hall argumentiert, dass Valve als Wegbereiter dieser kontroversen Praktiken viel stärker von der breiten Spielerschaft zur Rechenschaft gezogen werden müsste.
Ein Pakt mit dem Teufel aus Not
Die besondere Brisanz und Glaubwürdigkeit von Halls Kritik speist sich aus seiner eigenen, schmerzhaften Zerrissenheit. Er gibt offen zu, mit der Monetarisierung seines eigenen Spiels Icarus unglücklich zu sein. Dessen Ansatz, der auf zahlreiche DLC-Veröffentlichungen setzt – ein Modell, das er nach dem Publisher Paradox benennt –, sei eine reine Überlebensstrategie für sein Studio RocketWerkz gewesen. „Ich stimme vielen Leuten zu, die über den DLC-Ansatz wütend werden. Ich mag den Icarus-Weg nicht wirklich. Wir brauchten ihn, um zu überleben“, gesteht er ein. Mit dieser entwaffnenden Ehrlichkeit enthüllt er ein Dilemma, in dem sich unzählige Entwickler wiederfinden: Gefangen in einem System, das sie verabscheuen, um die Spiele zu erschaffen, die sie lieben.
Die offene Herausforderung an die Industrie
Seine Brandrede endet jedoch nicht bei der Selbstreflexion. Hall fordert jene Entwicklerkollegen direkt heraus, die räuberische Monetarisierungspraktiken für unproblematisch halten. Wenn sie wirklich glaubten, dass diese Systeme harmlos sind, so seine provokante Forderung, dann sollten sie ihre Rohdaten endlich Universitäten zur Verfügung stellen, die händeringend darauf warten, die Auswirkungen dieser Mechanismen wissenschaftlich zu untersuchen. Für sein nächstes Projekt, eine von Kerbal Space Program inspirierte Weltraumsimulation namens Kitten Space Agency, will er einen radikal anderen Weg einschlagen. Ein Spiel, das auf Inspiration basiert, so Hall, verdiene es, kostenlos zu sein. Spieler, denen es gefällt, sollen die Möglichkeit bekommen, die Entwicklung freiwillig finanziell zu unterstützen – ein mutiger Versuch, aus dem Teufelskreis der Monetarisierung auszubrechen.


