Bundeswehr jetzt offiziell in «bewaffnetem Konflikt»

Berlin (dpa) - Nach acht Jahren Afghanistan-Einsatz befindet sich die Bundeswehr am Hindukusch nun auch offiziell in einem «bewaffneten Konflikt». Außenminister Guido Westerwelle (FDP) gab die neue Sprachregelung der Regierung am Mittwoch vor dem Bundestag bekannt.

Von Krieg ist allerdings weiterhin nicht die Rede. Bislang kamen in Afghanistan 36 Bundeswehr-Angehörige ums Leben. Künftig sollen dort mehr als 5000 deutsche Soldaten zur Bekämpfung von radikal-islamischen Gruppen im Einsatz sein.

Westerwelle äußerte sich in einer Regierungserklärung, mit der das neue Afghanistan-Mandat ins Parlament eingebracht wurde. Nach «sorgfältiger Prüfung» sei man zu der Einschätzung gekommen, dass es sich auch im Norden Afghanistans - wo die Bundeswehr im Einsatz ist - um einen «bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts» handele. «Ob uns das politisch gefällt oder nicht: So ist die Lage.» Bislang hatte die Regierung eine genaue juristische Qualifizierung des Bundeswehr-Einsatzes vermieden.

Ziel der Neubewertung ist es, mehr Rechtssicherheit für die Soldaten zu schaffen. Mit der Einschätzung als «bewaffneter Konflikt» sind die Vorschriften des Völkerstrafgesetzbuchs zu Kriegsverbrechen auch in Afghanistan anwendbar. Dies war unter den meisten Völkerrechtlern allerdings schon längst unumstritten. Danach dürfen etwa auch Militärziele angegriffen und Mitglieder von bewaffneten Gruppen getötet werden. Allerdings muss streng zwischen Zivilisten und Kämpfern unterschieden werden.

Trotz der zunehmenden Gefahren hatte die Regierung den Afghanistan-Einsatz bis in den vergangenen Herbst hinein als «Stabilisierungseinsatz» bezeichnet. Erst der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sprach im November von «kriegsähnlichen Zuständen». Guttenberg verwendete auch als erster der Begriff vom nicht-internationalen bewaffneten Konflikt, den Westerwelle jetzt zur Regierungslinie machte.

Der Verteidigungsminister begrüßte nun, dass die Regierung zu einer «einheitlichen Linie» gefunden habe. Damit sei ein «wichtiges politisches Signal» gesetzt worden. Die endgültige juristische Bewertung bleibe jedoch der Justiz vorbehalten. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Frank Wallenta, sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, die Frage, ob es in Afghanistan einen bewaffneten Konflikt gebe, werde von seiner Behörde «eigenständig» geprüft. Zur politischen Bewertung äußerte er sich nicht.

Über die geplante Truppenaufstockung von jetzt 4500 auf bis zu 5350 Soldaten wird der Bundestag vermutlich noch in diesem Monat entscheiden. Die Zustimmung ist wegen der schwarz-gelben Mehrheit gesichert. Westerwelle warb in seiner Rede auch um das Ja der Opposition. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier versprach, seine Partei werde den Antrag «gründlich und verantwortungsbewusst» prüfen. Die Grünen blieben skeptisch. Die Linkspartei bekräftigte ihr Nein.

Redner von Union und FDP lehnten einen genauen Termin für den vollständigen Bundeswehr-Abzug ab. Dies «wäre eine Ermutigung der Terroristen, also ein Fehler», sagte Westerwelle. Nach dem am Dienstag vom Kabinett beschlossenen Mandat soll die militärische Verantwortung ab Ende 2011 Schritt für Schritt von der Bundeswehr an die afghanische Sicherheitskräfte übergeben werden.

Konflikte / Bundeswehr / Bundestag / Afghanistan
10.02.2010 · 20:54 Uhr
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