Bund übernimmt Kosten für Stipendien

Berlin (dpa) - Mit der überraschenden Zusage einer vollen Kostenübernahme beim Stipendiengesetz hat die schwarz-gelbe Bundesregierung im Bundesrat quasi in letzter Minute den Widerstand der eigenen Unions-Ministerpräsidenten gebrochen. SPD, Grüne und Linke sprachen von «unnötiger Eliteförderung».

Mit dem Stipendienprogramm sollen künftig bis zu 160 000 der leistungsstärksten Studenten mit monatlich 300 Euro unterstützt werden - unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern. 150 Euro davon sollen die Hochschulen bei Sponsoren einwerben. Die anderen 150 Euro zahlt jetzt der Bund. Ursprünglich wollte er die Länder mit 75 Euro beteiligen.

Auf ein höheres Bafög müssen Studenten und Schüler dagegen vorerst warten. Im Kostenstreit mit dem Bund riefen die Länder im Bundesrat nahezu geschlossen den Vermittlungsausschuss an. Das Bafög wird abhängig vom Elterneinkommen gezahlt. Die Fördersätze sollen um zwei Prozent steigen, die Elternfreibeträge um drei Prozent.

Die Länder wollen, dass der Bund die Kosten für die auch von ihnen als notwendig erachtete Bafög-Erhöhung voll übernimmt. Bisher teilen sich Bund und Länder die Bafög-Kosten im Verhältnis 65 zu 35 Prozent. Kommt im Vermittlungsausschuss im Herbst ein Kompromiss zustande, wird die Bafög-Erhöhung zum 1. Januar 2011 in Kraft treten - statt wie ursprünglich geplant zum 1. Oktober.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) bezeichnete in der Länderkammer das Stipendiengesetz als überfällig. «Förderung in der Breite und Förderung in der Spitze sind keine Alternativen, sondern zwei Seiten einer Medaille.» International gebe es keine anerkannte Wissenschaftsnation, die nicht über eine Stipendienkultur verfüge, sagte Schavan.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kritisierte dagegen die Entscheidung scharf. «Das ist typisch für die soziale Schieflage der Bundesregierung: Für die Eliten wird Geld ausgegeben und für die, die es nötig haben, nicht.» Studentenwerks- Präsident Rolf Dobischat sagte: «Vorfahrt für Stipendien, Verzögerung beim Bafög: Das ist eine falsche Prioritätensetzung.»

Schavan verteidigte die zunächst im Stipendiengesetz nicht vorgesehene volle Koostenübernahme durch den Bund. «Es war die letzte Möglichkeit, dieses Gesetz angesichts der sich verändernden Mehrheiten im Bundesrat durchzubekommen», sagte Schavan nach der Abstimmung. «Jeder wusste, dass ich alles tun werde, um das Gesetz durchzubringen.»

Offen ist, wie teuer den Bund die Kompromisslösung zu stehen kommt. Schavan sagte, die Zahl der Stipendiaten werde langsam ansteigen. Für 2011 sind im Haushalt nur Kosten zur Vorbereitung vorgesehen, ab 2012 dann erstmals 20 Millionen Euro einschließlich Verwaltungskosten. Wird die Zielmarke von 160 000 Stipendiaten tatsächlich in den nächsten Jahren erreicht, müsste der Bund statt 150 Millionen über 300 Millionen Euro jährlich aufbringen.

Der im Bundesrat verabschiedete Gesetzestext sieht allerdings noch die Länderbeteiligung an den Kosten vor. Dazu soll es im Herbst eine Gesetzesänderung durch den Bundestag geben, die auch den Bundesrat passieren muss. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Unions- Ministerpräsidenten am Vorabend der Entscheidung die Kostenübernahme überraschend als Kompromiss angeboten. Nach dem erwarteten Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen verfügen Union und FDP in der Länderkammer nicht mehr über die Mehrheit.

Der FDP-Vize-Chef und noch amtierende nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart sprach von einem «Durchbruch bei der Studienfinanzierung». Endlich werde dem einkommensabhängigen Bafög eine zweite Säule der Förderung aufgebaut. Pinkwart ist der eigentliche Initiator des Stipendienprogrammes. Er hat in NRW ein ähnliches Landesmodell eingeführt.

Die Bildungssprecherin der SPD-geführten Bundesländer, Doris Ahnen, sagte: «Kein junger Mensch wird wegen der vagen Aussicht auf ein Stipendium ein Studium aufnehmen.» Das Stipendiengeld hätte besser für eine Ausweitung des Bafögs eingesetzt werden sollen, sagte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin. Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), sagte, der Bund zahle jetzt bei den Stipendien «für die Gesichtswahrung der Bundeskanzlerin einen hohen Preis».

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) wie auch sein Thüringer Amtskollege Christoph Matschie (FDP) versicherten im Bundesrat, dass alle Länder grundsätzlich für ein höheres Bafög eintreten. Sie hofften jetzt auf eine höhere Kostenbeteiligung des Bundes.

Bildung / Stipendien / Bundesrat
09.07.2010 · 16:27 Uhr
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