Parteien

BSW ohne Wagenknecht an der Spitze - geht das?

10. November 2025, 16:36 Uhr · Quelle: dpa
Neuaufstellung BSW
Foto: Michael Kappeler/dpa
Sahra Wagenknecht gibt den Vorsitz des BSW ab.
Sahra Wagenknecht tritt als Vorsitzende der BSW zurück, um sich auf eine Beraterrolle zu konzentrieren. Ob die Partei ohne sie bestehen kann, hängt von neuen Führern und bevorstehenden Wahlen ab.

Berlin (dpa) - Vor weniger als zwei Jahren hat Sahra Wagenknecht ihre eigene Partei gegründet - jetzt zieht sich die 56-Jährige aus der allerersten Reihe zurück. Wagenknecht gibt den Vorsitz des BSW ab, wie sie am Montag in Berlin bestätigte. Stattdessen will sie Chefin einer «Grundwertekommission» in der Partei werden. «Ich möchte in Zukunft den Kopf wieder freihaben für die Dinge, mit denen ich dem BSW wirklich helfen kann, wo meine Stärken liegen», sagte Wagenknecht

Die neue Doppelspitze sollen ihre bisherige Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali (45) und der Europaabgeordnete Fabio De Masi (ebenfalls 45) bilden. Auch aus dem Namen der Partei verschwindet die Gründerin bald, das ist bereits angekündigt. Die Entscheidungen sollen beim Parteitag in Magdeburg am 6. und 7. Dezember besiegelt werden. Aber eine Wagenknecht-Partei, bei der Wagenknecht nicht mehr ganz vorn steht - hat die eine Zukunft?

Der Potsdamer Politikwissenschaftler und BSW-Spezialist Jan Philipp Thomeczek hält das für möglich. «Ich denke, die Chance ist da», sagte Thomeczek der Deutschen Presse-Agentur. Sein Argument: Die Partei füllt mit ihrem Rechts-Links-Profil zwischen Protest gegen Aufrüstung, harter Migrationspolitik und starkem Sozialstaat eine Leerstelle. Trotzdem dürfte es nicht leicht werden. Fünf Probleme des BSW:

Wagenknecht wird fehlen

Wagenknecht ist in der deutschen Politik ein Ausnahmetalent. Sie führt oft das Wort «Vernunft» im Mund, sie gibt sich volksnah, sie spitzt zu - und sie mobilisiert damit viele Menschen. Die Ankündigung «Sahra kommt» zog schon Massen für die Linke, der Wagenknecht bis 2023 angehörte. Bisher erfüllt sie für ihre Anfang 2024 gegründete Partei BSW dieselbe Funktion: Wagenknecht sei ein «Identifikationsfels in der Brandung», so formulierte es zuletzt die Thüringer BSW-Landeschefin Katja Wolf. Steht Wagenknecht nicht mehr an der Spitze, ist das für ihre Partei zumindest ein tiefer Einschnitt.

Wagenknecht spielte das herunter. «Ich werde heute keinen Rückzug verkünden», beteuerte sie bei der Vorstellung des neuen Personalpakets. Mit dem neuen Amt als Vorsitzende einer geplanten Grundwertekommission säße sie immer noch in Präsidium und Parteivorstand. Sie könnte also weiter Einfluss nehmen, ohne sich im Tagesgeschäft der Parteiorganisation aufzureiben. Und sie machte klar, was ihr eigentliches Wunschamt ist: Sollte das BSW doch noch in den Bundestag kommen, will sie Fraktionschefin werden. 

Wagenknecht könnte stören

Wagenknecht hatte schon vor der Parteigründung gesagt, sie wolle eigentlich lieber nicht Vorsitzende sein - Organisation sei nicht ihre größte Stärke. Darauf weisen ihre Getreuen hin. Im BSW hoffen sie, dass sie sich in den wichtigen Wahlkämpfen im nächsten Jahr einbringt, vielleicht stärker als je zuvor. Das sagte Wagenknecht jetzt auch öffentlich zu.

Nur: Statt ihrer wird es ja bald eine neue Parteiführung geben. Die kann sich entweder damit abfinden, dass Wagenknecht ohne Vorsitz weiter die Richtung vorgibt. Oder die neue Spitze versucht selbst, Akzente zu setzen. De Masi hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass er gerne sein Profil schärft. Bei der Pressekonferenz in Berlin sprach er lang und detailliert, bisweilen kleinteilig. Kann das gutgehen mit zwei Machtzentren? De Masi versicherte: «Wir beißen uns überhaupt nicht, sondern wir arbeiten sehr gut zusammen.» Reibereien sind dennoch nicht ausgeschlossen.

Streit gibt es ohnehin schon

Gestritten wird im BSW über die Grundsatzfrage, ob und wie man mitregieren soll. Nach sehr guten Wahlergebnissen in Thüringen und Brandenburg sitzt das BSW dort mit am Kabinettstisch. In Brandenburg kriselt die Koalition mit der SPD aber gerade im Streit über die Rundfunkpolitik. Seit jeher hadert Wagenknecht mit dem Zwang zum Kompromiss. 

Der anstehende Parteitag soll nun nach dem Willen der Parteiführung beschließen: Das BSW soll nicht mehr für Koalitionen zur Verfügung stehen, deren einzige Gemeinsamkeit es sei, die AfD aus der Regierung zu halten. Plädiert wird für «neue Wege», zum Beispiel Expertenregierungen «aus anerkannten Persönlichkeiten», die mit wechselnden Mehrheiten regieren.

Für pragmatische Politikerinnen wie Wolf, in der Brombeer-Koalition mit CDU und SPD in Thüringen Finanzministerin, ist das eine Ohrfeige. Sie wechselte von der Linken zum BSW ausdrücklich mit dem Ziel, eine AfD-Regierung zu verhindern. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern könnte es im nächsten Jahr wieder auf das BSW ankommen. 

Hoffnung auf Neuauszählung der Bundestagswahl als Strohhalm

Anders als bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen 2024 scheiterte das BSW bei der vorgezogenen Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde - wenn auch sehr, sehr knapp. Das BSW dringt seither auf eine Neuauszählung, da nur wenige Tausend Stimmen fehlten und es Hinweise auf Zählfehler gebe. Der zuständige Wahlprüfungsausschuss des Bundestags könnte im Dezember darüber befinden. Im Zweifel will das BSW vor dem Verfassungsgericht klagen. 

Darüber sprach Wagenknecht auch jetzt wieder ausführlich. Offiziell hält die Partei die Hoffnung hoch, dass man doch noch ins jetzige Parlament einzieht. Denkbar ist aber auch, dass ein erfolgreicher Einspruch letztlich zur Neuwahl führen würde. Und das wiederum wäre wegen schwacher Umfragewerte eher nicht im Sinne der Partei.

Die Aussichten bei den nächsten Wahlen sind wacklig

Bundesweit liegt das BSW in Umfragen nur noch bei drei bis vier Prozent. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo nächstes Jahr gewählt wird, ist die Größenordnung ähnlich. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sieht es vor den Landtagswahlen 2026 mit sechs bis sieben Prozent besser aus. Der Einzug in die Parlamente könnte klappen.

Für Wagenknecht liegt die Schwäche unter anderem an Vielstimmigkeit und mangelndem Profil der Partei - genau dem will sie sich nach eigenen Angaben wieder widmen. Im BSW bemühen sie Zuversicht. Die Co-Vorsitzende Mohamed Ali betonte, in der Partei spüre sie, «dass die Begeisterung in der Mitgliedschaft für das BSW ungebrochen ist». Der designierte Co-Vorsitzende De Masi sprach von Kampfgeist. 

Politikwissenschaftler Thomeczek schreibt das BSW folglich nicht ab, er sagt aber auch, die spannende Frage sei: «Wie lang ist da der Atem auch finanziell gesehen? Wer will da weiterhin noch unterstützen und aktiv sein?» Das BSW will bis Jahresende 10.000 Mitglieder haben, aber das ist für eine Partei immer noch wenig. Am Ende sagt auch der Politikwissenschaftler: «Schauen wir mal.»

Partei / BSW / Deutschland
10.11.2025 · 16:36 Uhr
[5 Kommentare]
Büros (Archiv)
Trier - Leistungsorientierte Bezahlung kann zu mehr Stress, Einsamkeit und höherem Alkoholkonsum führen. Das ergaben Untersuchungen von Forschern der Universität Trier und der University of Wisconsin-Milwaukee, die Daten des sozio-ökonomischen Panels von 2004 bis 2016 ausgewertet haben. Demnach steigt das Stresslevel besonders bei risikoscheuen Menschen, weil die Ungewissheit über das Einkommen […] (00)
vor 3 Minuten
Kate Winslet
(BANG) - Kate Winslet zeigt sich besorgt über die zunehmende Beliebtheit von Beauty-OPs und Abnehmspritzen. Die britische Schauspielerin setzt auf natürliche Schönheit und findet es "beängstigend", wie viele Menschen ihre Gesundheit "ignorieren", indem sie Behandlungen wie Botox oder Gewichtsverlust-Medikamente nutzen. "Niemand hört zu, weil alle besessen davon sind, einer Idee von Perfektion […] (00)
vor 1 Stunde
Netflix übernimmt Warner Bros.
Washington (dpa) - Laut US-Präsident Donald Trump könnte der hohe Marktanteil von Netflix im Streaming-Geschäft ein Problem bei den Übernahmeplänen für das Hollywood-Studio Warner Brothers sein. Er verwies auf die anstehende Wettbewerbsprüfung und sagte, er werde auch in die Entscheidung involviert sein. Netflix will das Studio- und Streaming-Geschäft von Warner Brothers in einem gut 82 Milliarden […] (00)
vor 1 Stunde
Kultentwickler Suda51 sprach über “Romeo Is A Dead Man” und die Zukunft seines Studios 
Den großen Mainstream-Hit hat Suda 51 alias Goichi Suda zwar nie hingelegt. Durch den schrägen Stil seiner Games, die oft auf Sparflamme entwickelt wurden, baute der japanische Produzent trotzdem eine Fangemeinde auf. Manchen dürfte er durch das parodistische Wii-Gemetzel No More Heroes bekannt sein, anderen durch das surreale Killer7 oder das überdrehte Shadows of the Damned, das mit Resident- […] (00)
vor 19 Minuten
Wim Wenders’ «Perfect Days» feiert Premiere im Ersten
Der Spielfilm ist am Sonntag vor Weihnachten im Ersten eingeplant. Allerdings erst um 23.35 Uhr. Kurz vor Weihnachten zeigt Das Erste im Rahmen des „KinoFestivals“ am 21. Dezember 2025 um 23: 35 Uhr die Free-TV-Premiere von Perfect Days, dem vielfach ausgezeichneten Spielfilm von Wim Wenders. Das deutsch-japanische Gemeinschaftsprojekt wurde 2023 in Cannes uraufgeführt, wo Hauptdarsteller Kôji Yakusho als Bester Schauspieler geehrt wurde, und […] (00)
vor 1 Stunde
Annika Lott, Xenia Smits und Aimée von Pereira (v.l.n.r.)
Dortmund (dpa) - So lange bleiben Schüler nur selten freiwillig in der Schule. Doch an diesem Dienstag dürfte die Aula des Karl-von-Frisch-Gymnasiums in Dußlingen um 17.15 Uhr bis auf den letzten Platz gefüllt sein. Hunderte Jugendliche wollen zusammenkommen, um das WM-Viertelfinale der deutschen Handballerinnen gegen Brasilien zu verfolgen. Und, um ihren Deutschlehrer Markus Gaugisch, der […] (00)
vor 18 Minuten
Trump erhöht den Druck: Selenskyj blockiere Friedensvorschlag
„Er ist noch nicht so weit“ Trump sagte, Selenskyj habe den Entwurf „noch nicht gelesen“, obwohl dieser seit einigen Stunden vorliege. Der Präsident zeigte sich „ein wenig enttäuscht“ und behauptete zugleich, das ukrainische Team stehe dem Papier positiv gegenüber. Der Ukrainische Präsident selbst jedoch zögere. Der US-Präsident deutete zudem an, dass Moskau dem Vorschlag näherstehe als Kiew: […] (00)
vor 19 Minuten
Mehr Geschenk fürs Geld
Grafschaft-Ringen, 08.12.2025 (PresseBox) - Schöne Bescherung! Der Weihnachtsmann hat`s ausgeplaudert und verraten, was sich hinter dem 6. Türchen des Wunderlich Adventskalenders befindet! Wer sich die Spannung bewahren möchte, sollte ab hier auf keinen Fall weiterlesen! Der Tipp: Sparen Sie 10 % auf alle Wunderlich Komponenten, Parts & Accessories Wann: Am Nikolaustag, dem 6. Dezember […] (00)
vor 1 Stunde
 
Michaela Benthaus
München (dpa) - Die 33-jährige Deutsche Michaela Benthaus startet bald als erster Mensch mit […] (00)
Annalena Baerbock (Archiv)
New York - Die Präsidentin der UN-Vollversammlung, Annalena Baerbock, hat davor gewarnt, […] (03)
Bald wird im Oberrheingraben Lithium für 500.000 Stromer-Akkus im Jahr gefördert
Bislang ist Lithium aus der Batterieproduktion nicht wegzudenken – und Deutschland abhängig von […] (10)
Älteres Paar (Archiv)
Berlin - SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf hat sich hinter die Idee der […] (00)
«Macy’s Thanksgiving Day Parade» bricht Rekord
Die 99. Ausgabe der «Macy’s Thanksgiving Day Parade» sorgt für historische Bestwerte: 34,3 Millionen […] (00)
New York Knicks - Orlando Magic
New York (dpa) - Der deutsche Basketball-Topstar Franz Wagner hat sich in der NBA verletzt und droht […] (00)
Baidu plant Mega-IPO für KI-Chip-Tochter Kunlunxin
Die Pläne sind offiziell: Der chinesische Technologiekonzern Baidu prüft einen Börsengang […] (00)
ARC Raiders: Quest-Guide – So gelingt dir „Greasing Her Palms“
Die Quest „Greasing Her Palms“ (dt. etwa „Jemandem die Hände schmieren“) gehört zu den […] (00)
 
 
Suchbegriff