Boateng stichelt: Schönes Tänzchen nach einem Tor
Nachdem Ghanas Mittelfeld-Ass mit einem Foul den WM-Traum von Michael Ballack platzen ließ, könnte der gebürtige Berliner mit seinen «Black Stars» Fußball-Deutschland einen noch viel schwereren Schlag versetzen: Das erstmalige Vorrunden-Aus bei einer Weltmeisterschaft. «Mir ist es egal, ob Deutschland rausfliegt. Wir spielen auf Sieg, wollen weiterkommen. Nach einem Tor machen wir ein schönes Tänzchen für die deutschen Kollegen», tönte Boateng, der für die deutschen Fans ein rotes Tuch ist. Seinem Team reicht ein Unentschieden, um im Turnier zu verbleiben.
Auch wenn sich Boateng vor dem Spiel noch einmal verbal deutlich zeigte, auf dem Feld wird er nur seine Aufgabe erfüllen - glaubt zumindest Trainer Milovan Rajevac. «Wir haben oft darüber gesprochen, aber das Problem wurde nur von den Medien geschaffen. Er wird sich nicht provozieren lassen», sagte der Serbe am gestern Abend in Johannesburg.
Sowohl in Ghanas als auch im DFB-Lager waren die Verantwortlichen bemüht, die Bedeutung der Personalie Boateng vor dem hochbrisanten Aufeinandertreffern nicht zusätzlich zu erhöhen. Auf der Löw'schen Abschluss-Pressekonferenz kam Boateng nicht einmal vor. Auch DFB-Kapitän Michael Ballack mochte «keinen Kommentar» zu dem Mann abgeben, der ihm das WM-Aus beschert hatte. «Es geht nicht um einzelne Personen, es geht um den deutschen Fußball», so Ballack. Nur Boateng selbst heizte die Stimmung vor dem Gruppen-Finale noch einmal an, obwohl er sich eigentlich einen Maulkorb verordnet hatte.
In der «Sport Bild» brach der afrikanische Neu-Nationalspieler vor dem Spiel gegen das Team seines Halbbruders Jerome, mit dem Funkstille herrscht, das selbst auferlegte Schweigen. «Die deutschen Funktionäre, die mich permanent kritisiert haben, können mir jetzt gerne bei der WM zuschauen und mich beurteilen. Vielleicht kommen sie irgendwann zur Ansicht, dass auch sie etwas falsch gemacht haben im Umgang mit mir», führte der frühere DFB-Jugend-Nationalspieler aus.
Ungeachtet der erneuten Boateng-Misstöne strahlten die «Black Stars» im Quartier im Zocker-Paradies Sun City viel Zuversicht aus. «Wir wünschen uns einen Sieg, und Deutschland geht nach Hause», sagte der Leverkusener Hans Sarpei vor dem Gruppen-Finale. «Der Druck liegt auf Deutschland.» Wie schon 2006 soll das Achtelfinale erreicht werden. «Ghana ist vielleicht Afrikas letzte Hoffnung in dem Turnier», sagte Löw.
So locker es im Edel-Hotel zuging, auch für Chaos war vor dem Spiel gegen die DFB-Auswahl gesorgt. Sulley Muntari beschimpfte aufs Unflätigste Trainer und einige Mitspieler. Nach seiner Entschuldigung durfte er aber beim Team bleiben, das zuletzt nach Ansicht der «Sunday Times» eher «Büffeln statt Gazellen» glich.
Zurück in die Mannschaft kehren vor dem zweiten Duell mit Deutschland - die 1:6-Niederlage aus dem Jahr 1993 schmerzt immer noch - wohl die zuletzt angeschlagenen Innenverteidiger John Mensah (FC Sunderland) und Isaac Vorsah (1899 Hoffenheim). Sie sollen vor Wackelkeeper Richard Kingson, der beim 1:1 gegen Australien daneben griff, den Laden dicht machen. Und vorne wollen die afrikanischen Fußballer endlich mal anders treffen als nur per Elfmeter. «Ich muss mein Herz geben», sagte der zweimalige Torschütze Asamoah Gyan stellvertretend für die gesamte athletische Mannschaft.
Egal was mit dem Team passiert, für einige Ghana-Fans ist die WM in dieser Woche zu Ende. Die 1500 auf Staatskosten angereisten Anhänger wurden bis spätestens Freitag vom wütenden Präsidenten John Atta Mills nach Hause zurückbeordert.