Beifall, Zweifel und Kritik an Nobelpreis-Vergabe

Oslo (dpa) - Ansporn oder Bürde: Nach nur neun Monaten auf der weltpolitischen Bühne bekommt US-Präsident Barack Obama den Friedensnobelpreis.

Demütig und bescheiden reagierte der erste schwarze Präsident der USA auf die Ehrung, aber auch entschlossen, - ungeachtet aller innen- und außenpolitischen Hindernisse - weiter für Abrüstung, Klimaschutz und mehr Gerechtigkeit auf der Welt zu arbeiten. Es sei ein «Aufruf zum Handeln».

Nein, eigentlich habe er die Auszeichnung nicht verdient, kommentierte Obama am Freitag die Entscheidung des Nobelpreiskomitees in Oslo. Und doch will er den Preis annehmen. Auch wenn Soldaten der Vereinigten Staaten im Irak und Afghanistan im Einsatz seien, sagte der Präsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte in Washington.

Staats- und Regierungschefs aus aller Welt gratulierten dem US-Präsidenten. Die Entscheidung wurde weltweit als Sensation empfunden, die nicht nur viel Beifall, sondern auch Zweifel und Kritik auslöste. Kaum jemand hatte den 48-Jährigen bei den üblichen Spekulationen über den Preisträger auf der Liste. Obamas Sprecher, Robert Gibbs, sagte es so: «Wow!»

Ohne Zweifel an seiner Entscheidung war das Nobelpreiskomitee. «Alles, was in der Welt seit Obamas Amtsantritt geschehen ist, und wie das internationale Klima sich geändert hat, ist mehr als genug, um zu sagen, dass er das erfüllt, was in Alfred Nobels Testament steht», sagte der Vorsitzende Thorbjörn Jagland.

Das Komitee würdigte die «Stärkung der internationalen Diplomatie» und damit den Bruch Obamas mit der außenpolitischen Linie von George W. Bush. Unter Obamas Vorgänger standen die USA international weitgehend allein da. Viele Muslime hassten Bush wegen des Irak-Kriegs und der Verletzung der Menschenrechte wie im Gefangenenlager Guantánamo.

Der charismatische US-Präsident nahm sich ganz zurück. «Ich bin überrascht und zutiefst demütig», sagte er im Rosengarten des Weißen Hauses. Er glaube nicht, dass er es verdiene, sich in der Gruppe vergangener Nobelpreisträger zu befinden, die so viel erreicht hätten und seine Vorbilder seien.

Der Nobelpreis dürfe keine Bestätigung für Erreichtes, sondern müsse eine Herausforderung sein, erklärte er. Und diese Herausforderung könnten die USA nicht allein bestehen.

Dennoch: Beispielsweise beim Klimaschutz wird es nach Ansicht von Klimaexperten nur Erfolge geben, wenn Obama seiner Delegation beim Weltklimagipfel im Dezember in Kopenhagen Vollmacht zum Fortschritt gibt.

Jedes Land müsse Verantwortung für den Frieden übernehmen. Atomare Abrüstung, Frieden im Nahen Osten, Klimaschutz, ein Leben in Würde für alle Menschen - das sind für Obama die wichtigen Ziele.

Ob der Preis Rückenwind für Obama bedeutet oder ihn nur unter immensen Erfolgsdruck setzt, darüber waren sich die politischen Beobachter nicht einig. Er durchlebt derzeit auch eine schwierige innenpolitische Phase. Die republikanische Opposition blockiert Vorhaben wie eine Gesundheitsreform und wirkungsvollen Klimaschutz. Im Nahen Osten kommen die amerikanischen Friedensbemühungen kaum von der Stelle. Und Obama ringt noch um die richtige Linie zwischen Gewalt und Diplomatie in Afghanistan.

Beifall aus aller Welt

Viel Zuspruch und Freude kam aus der internationalen Politik. Der scheidende Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammed el Baradei, äußerte sich begeistert: «Mir fällt niemand ein, der diese Ehre mehr verdient hätte.» Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin: «Es ist ihm in kurzer Zeit gelungen, weltweit einen neuen Ton zu setzen und Gesprächsbereitschaft zu schaffen.»

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gratulierte «von ganzem Herzen»: «Wir bei den Vereinten Nationen applaudieren ihm und dem Nobelkomitee zu seiner Wahl.»

Ob Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy, Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, oder die politische Spitze in Japan und Russland: Obama war Beifall gewiss.

Auch aus Israel, wo Obamas palästinenserfreundliche Nahost- Politik kritisch gesehen wird, kam Zustimmung. Staatspräsident Schimon Pres schrieb: «Nur sehr wenige Führer, wenn überhaupt, haben es geschafft, die Stimmung in der gesamten Welt in solch kurzer Zeit und mit solch tiefgehenden Auswirkungen zu verändern.»

Zweifel, ob die Entscheidung nicht zu früh kommt, äußerten vor allem die Medien in den USA. Der Preis sei die «Anerkennung für seine Versprechen», kommentierte CNN-Starreporterin Christiane Amanpour. «Wofür?», fragte das konservative «Wall Street Journal» und nannte die Vergabe «grotesk». Das Komitee zitierte in seiner Würdigung den eigenen Anspruch des US-Präsidenten: «Jetzt ist es an der Zeit, dass wir alle unseren Teil der Verantwortung für eine globale Antwort auf globale Herausforderungen übernehmen.» Das hatte Obama im September bei seinem ersten Auftritt vor den Vereinten Nationen gesagt.

Das Komitee habe schon immer versucht, noch nicht abgeschlossene Entwicklungen für den Frieden zu stimulieren und zu fördern. Das sei auch bei den Vergaben an Bundeskanzler Willy Brandt und an den damaligen sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow der Fall gewesen.

Obama hatte sich umgehend nach seinem Amtsantritt um die politischen Brandherde gekümmert. Er ordnete den amerikanischen Truppenabzug aus Irak an. Er bot dem Iran und Nordkorea direkte Gespräche über deren umstrittene Atomprogramme an. An Russland sendete Obama Signale der Entspannung und verkündete schließlich den Verzicht auf das geplante globale Raketenschild, von dem sich Moskau bedroht gefühlt hatte.

Zwei besondere Höhepunkte in Obamas ersten Monaten waren seine Reden in Prag und Kairo. In Prag formulierte Obama am 5. April die Vision einer atomwaffenfreien Welt. In Kairo reichte der US-Präsident der islamischen Welt die Hand zum Frieden. Der Aufruf zur Versöhnung wurde in der muslimischen Welt mit Beifall und Respekt bedacht.

Der Friedensnobelpreis ist mit umgerechnet knapp einer Million Euro dotiert. Er wird traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896), im Osloer Rathaus überreicht.

Nobelpreise / International
09.10.2009 · 22:55 Uhr
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