Athen: Massive Streiks und Ärger mit Brüssel

Athen/Brüssel/Berlin (dpa) - Chaos in Griechenland: Eine Welle von Streiks gegen die Sparmaßnahmen der Regierung hat am Mittwoch den Verkehr im Land zum Erliegen gebracht. Sämtliche Flüge von und nach Griechenland fielen wegen eines Ausstands der Fluglotsen aus.

Auch die Fähren zu den Inseln und die Eisenbahn wurden bestreikt. Die U- Bahnen und viele Buslinien in Athen und Thessaloniki fuhren ebenfalls nicht. Am Nachmittag demonstrierten rund 40 000 Menschen, in ihrer Mehrheit Staatsbedienstete und Rentner sowie Studenten, gegen das Sparprogramm. Griechenland ist hoch verschuldet und wird von der EU zu dem Sparkurs gezwungen.

Und schon droht neuer Ärger aus Brüssel: Wegen Steuererleichterungen für hunderte Firmen verklagt die EU-Kommission Griechenland vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Athen sollte die Vergünstigungen in Höhe von rund 80 Millionen Euro auf Geheiß der Kommission bereits 2007 zurückfordern - bis heute habe aber keine Firma gezahlt, sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch in Brüssel. Zudem schickte Schuldensünder Athen erst mit fünf Tagen Verspätung der EU-Kommission neue Daten über seine Finanzlage. Griechenland muss Informationen über frühere Zinstauschgeschäfte liefern, mit denen das Land seit Jahren neu aufgenommene Schulden verschleiert haben soll.

In Athen gingen nach Polizeischätzungen rund 30 000 Menschen aus Protest gegen die Sparpolitik auf die Straßen. Sie skandierten Slogans gegen Lohnkürzungen und den Abbau des Sozialstaates. «Es reicht!», stand auf Transparenten. «Die Krise sollen diejenigen zahlen, die das Geld haben und die großen Immobilien besitzen», lauteten andere Aufschriften, oder: «Wir sind Menschen - keine Zahlen». In anderen Städten demonstrierten insgesamt rund 10 000 Menschen.

Ämter blieben geschlossen, ebenso wie viele Schulen und die Universitäten. Die Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern behandelten nur Notfälle. Im Radio und Fernsehen gab es keine Nachrichten, da auch die Journalisten für 24 Stunden die Arbeit niederlegten.

Allerdings hatten sich die Gewerkschaftsvorstände mit ihrem Aufruf zum Generalstreik nach Einschätzung griechischer Journalisten noch mehr Beteiligung erhofft. In den beiden wichtigsten Bereichen der griechischen Wirtschaft, Tourismus und Handelsschifffahrt, konnten die Gewerkschaften die Beschäftigten nicht zum Ausstand bewegen. Alle griechischen Frachter und Tanker fuhren normal.

Geschäfte und Supermärkte waren ebenfalls landesweit geöffnet. Umfragen zeigten, dass trotz der Härte des Sparprogramms rund 86 Prozent der Befragten die Maßnahmen für unabwendbar halten. Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte auf die Streikankündigung mit dem Hinweis reagiert, er habe zwar «Verständnis dafür», es gebe aber einfach «kein Geld».

Das Sparprogramm der sozialistischen Regierung sieht unter anderem einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst und Gehaltskürzungen für Beamte vor. Griechenland hat Schulden in Höhe von fast 300 Milliarden Euro. Die EU-Kommission hat die griechischen Staatsfinanzen unter ständige Aufsicht gestellt. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in den kommenden Wochen gilt als sicher. Drastisch heraufgesetzt wurden bereits die Steuern auf Tabak, Spirituosen und Treibstoffe.

Die Töne werden schriller - auch scharfe Vorwürfe gegen Deutschland wurden laut. Berlin wies Kritik aus Griechenland zurück, Deutschland habe Entschädigungsleistungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges noch nicht gezahlt. Zugleich mahnte ein Regierungssprecher eine sachgerechte Lösung der Haushaltskrise an und betonte, Athen müsse seine Probleme aus eigener Kraft lösen. Der stellvertretende griechische Ministerpräsident Theodoros Pangalos hatte Deutschland vorgeworfen, die griechische Wirtschaft ruiniert und tausende Menschen während der Besetzung durch die Nationalsozialisten ermordet zu haben. Dem britischen Radiosender BBC sagte Pangalos: «Sie haben das griechische Gold weggenommen, das in der Bank von Griechenland (Zentralbank) lag, sie haben griechisches Geld weggenommen, und sie haben es nie zurückgezahlt.»

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wies die Vorwürfe zurück: 1960 habe Deutschland im Rahmen eines Wiedergutmachungsabkommens 115 Millionen D-Mark an Griechenland gezahlt für Opfer nationalsozialistischer Verbrechen. Zudem hätten griechische NS- Zwangsarbeiter Entschädigungsleistungen erhalten.

EU / Streiks / Griechenland
24.02.2010 · 17:21 Uhr
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