Trends der Zukunft

Anti-Advent - Weihnachtshasser sehen Rot

02. Dezember 2012, 08:03 Uhr · Quelle: Trends der Zukunft

Seit 2012 Jahren gibt es Weihnachten, wenn man es mit der Geschichtsschreibung nicht ganz genau nimmt. Seit drei Jahren existiert nun auch Anti-Weihnachten. Dies lässt sich dank der minutiösen Speicherung im digitalen Zeitalter sehr genau datieren, am 20. November 2009 trat «Anti-Weihnachten» Facebook bei. Seitdem beginnt alljährlich ab November das Geposte der Weihnachtsstänkereien.

Ein Beispiel aus Marcus Mahrs Blog Mein MahrTyrium: «Weihnachten ist die Zeit, über die ich behaupte, es ist die Beste um zu sterben. Da kannst du wenigstens die Verwandtschaft noch mal so richtig ärgern, weil sie, wenn alles gut geht, bei minus 20 Grad auf den Friedhof zur Beerdigung müssen.» 1135 Leute finden sowas gut, das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass das Original-Weihnachten etwa 700-mal so viel Zeit hatte, Fans zu finden.

Dazu addieren sich noch die 79 Jünger einer zweiten, gleichnamigen Seite, die sich mit einem «Weihnachten? Nein danke!»-Emblem in schönster Atomkraftgegner-Optik präsentiert. Überfahrene Weihnachtsmänner und brennende Adventskränze bestimmen hier die Chronik, auch vor dem Anti-Gag «Gib Advent keine Chance» wird nicht zurückgeschreckt.

Anti-Weihnachten bleibt flach

Alles ziemlich aggro, was da gegen Weihnachten vorgebracht wird. «So, und nun stellt eure stinkigen Botten vor die Tür und tut so als ob irgendein Fuzzy im roten Mantel da was reinpackt», werden wir zu Nikolaus aufgefordert, «Viel Spaß beim Poppen, DVD schauen, spazieren gehen (auch wenn ihr es gar nicht wollt) und beim Aufräumen der Küche hinterher! *hihi*» wünschte uns Anti-Weihnachten am 24. Dezember 2011. Von konstruktiver Kritik an der alljährlichen Weihnachtsmühle ist da keine Spur.

Die Ideenlosigkeit der Anti-Bewegung verkörpert auch das einzige Post des dritten Anti-Weihnachten-Angebots beim beliebten sozialen Netzwerk: ein Zeichenwitz über den Weg zur Kneipe (ein gerader Pfeil) und nach Hause (eine wilde Kombination aus krummen Pfeilen).

Es geht, davon überzeugt die Gruppe «ANTI-WEIHNACHTEN..ich scheiss auf das scheinheilige getuhe!!!!» restlos, hier einfach nur ums Prinzip: «Suuuper Gruppe :) genau meins! ♥», «Daumen hoch für den Gründer», «mal ne korrekte gruppe...», «Oh ja genau meine Gruppe :o))», «Super Gruppe ! Passt genau !» und «Genau mini Groppe!!! Ganz geil :-D» ist beinahe alles, was dort je ventiliert wurde.

Selbst dem Anti-Weihnachtsbayer fehlt die Würze

Etwas mehr Substanz ist zu erwarten von der Gruppe «Mi nervt Weihnachten ob dem Zeitpunkt, wo Last Christmas im Radio läuft!». Immerhin bildet die bayerische Mundart hier ein Alleinstellungsmerkmal, das in allen Kommentaren brav beachtet wird. Inhaltlich kommt jedoch auch dieser Anti-Versuch nicht hinaus über «heit is da 26. Novemba!!! und es rennt pausnlos so a Schaß im Radio!!!» Last Christmas ist sicher gemeint, von Weihnachtshassern vermutlich häufiger zitiert als in Wahrheit je gespielt.

Doch siehe da, auch bei Dawanda, der Plattform der kreativen Handarbeiter, gibt es eine Anti-Weihnachtsrubrik. Das lässt hoffen. Doch braune Beutel mit dem Slogan «Keine Spekulatius im September» spritzen nicht gerade vor Innovation. Immerhin sind sie «individualisierbar!» Ein selbst gestrickter Weihnachtsmann, der in der Schlinge baumelt? Hm. Ein erstes Highlight setzt die Postkartenserie «Kotzbrocken», die auf grünlich bedruckten Karten ein Keksrezept für kotzefarbige Nussplätzchen liefert. Sehen lecker aus. So richtig rockt hier allerdings nur der «Eierdieb spezial», ein Ei, dem eine Sturmhaube in Santa-Claus-Optik übergestülpt wurde.

Ein Silberstreif am Horizont: der Weihnachtsmuffel

Eine allerletzte Chance haben sie noch, die Hasser. Und tatsächlich, weihnachtsmuffel.com bringt die Erlösung. Ein aufgeräumtes Layout mit roter Ampel als Anti-Weihnachtsmetapher macht schon was her. Der Weihnachtsmuffel scheint die Bedenken verstanden zu haben und verspricht: «Von nun an wird es eine Alternative geben. Immer an dieser Stelle. Alle Jahre wieder.»

Tatsächlich ist es herzerwärmend, was die Macherin Eva Jung ausgegraben hat. Ein Link zu Seite menschjesus.de über Jesus, den Weihnachtsmuffel: «Er machte keinen Bohei um seinen Geburtstag, verlor nirgends ein Wort über Tannenbäume. Und beschenkt lieber täglich als alljährlich.» Oder der Verweis auf buynothingchristmas.org. Die Seite versteht sich als Stress-Erleichterer und empfiehlt uns diese drei revolutionären Gedanken:

1. «Geh ein Risiko ein und pass dich nicht der Kauforgie an. Maria, Jesu unverheiratete Mutter, hat auch gegen den Strom gelebt. Denk darüber nach.»

2. «Die besten Geschenke sind unverpackt. In der Weihnachtsgeschichte geht es die ganze Zeit darum, das System auf die Palme zu bringen.»

3. «Das Image ist alles? Dann sei kein hirnloser Konsument, sei ein Rebell an diesen Weihnachten.»

Das bekommt ein imaginäres «Gefällt mir». Allen, die damit gleich anfangen wollen, sei dieser alternative Weihnachtsbaum empfohlen.

Ganz un-aggro wünscht uns der Weihnachtsmuffel dann auch «frohmachende Festtage, trotzalledem». Danke, Muffel.

Quintessenz: Weihnachtshasser sind von ihrem Hass verblendet und haben Weihnachten nichts entgegenzusetzen als zersetzende Verachtung. Weihnachtsmuffel hingegen pflegen eine sanfte Melancholie und suchen nach menschelnden Alternativen. Unser Vorschlag zur Güte: Alternativ-Weihnachten statt Anti-Weihnachten!

Aktuelles / Gesellschaft
[news.de] · 02.12.2012 · 08:03 Uhr
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