Warum die Deutsche Bank ein neues Altlasten-Problem hat
Ein vertrauliches Papier holt die Deutsche Bank ein – wieder einmal. Es geht um den sogenannten „Santorini“-Deal, eine Transaktion aus den Jahren der Finanzkrise. Damals half das Frankfurter Geldhaus der italienischen Monte dei Paschi, Bilanzlöcher zu kaschieren. Der interne Untersuchungsbericht, für den ausgerechnet der heutige Vorstandschef Christian Sewing verantwortlich war, könnte die Verteidigungslinie der Bank ins Wanken bringen. Denn einige Passagen lassen den Schluss zu, dass Preise am Markt bewusst beeinflusst wurden, um die Transaktion zum „gewünschten Ergebnis“ zu führen.
Ex-Banker klagen – 150 Millionen im Raum
Einer der beteiligten Investmentbanker, Dario Schiraldi, fordert nun 150 Millionen Euro Schadensersatz und wirft seinem früheren Arbeitgeber vor, ihn gezielt zum Bauernopfer gemacht zu haben. Er ist nicht allein: weitere Klagen könnten folgen. Hintergrund: Der Sewing-Bericht wurde an die italienische Aufsicht weitergereicht und fand seinen Weg zu den Staatsanwälten in Mailand. Diese erhoben Anklage, die 2019 zu Verurteilungen wegen Marktmanipulation führte – bis höhere Instanzen die Banker wieder freisprachen.
Das Erbe von „Anshus Army“
Viele der Angeklagten gehörten zu „Anshus Army“, jener Gruppe von Investmentbankern, die unter dem damaligen Shootingstar Anshu Jain das aggressive Investmentbanking der Deutschen Bank verkörperten. Kritiker machen diese Clique bis heute für den Ruf- und Bedeutungsverlust des Instituts verantwortlich. Namen wie Michele Faissola, der im Libor-Skandal im Fokus stand, tauchen immer wieder auf. „Santorini“ ist damit mehr als eine alte Transaktion – es ist Symbol einer Ära, in der Rendite über alles gestellt wurde.
Die Verteidigungslinie bröckelt
Die Bank weist die Vorwürfe zurück. Sie betont, der Bericht habe nie von kriminellem Verhalten gesprochen und sogar zur späteren Entlastung beigetragen. Doch die entscheidende Frage bleibt: Hat die Deutsche Bank durch ihre eigenen Formulierungen Ermittlungen überhaupt erst ausgelöst? Wenn das Gericht im Dezember beginnt, Schiraldis Klage zu verhandeln, könnte diese Frage schwerer wiegen als jede Rückschau auf alte Bilanzen.
Ein Haus mit Vergangenheit
Heute meldet die Deutsche Bank operative Erfolge und zweistellige Renditeziele. Doch der „Santorini“-Bericht zeigt: Skandale der Vergangenheit verschwinden nicht einfach. Sie kehren zurück, oft im unpassendsten Moment – und erinnern daran, dass Vertrauen in Banken schneller verspielt als zurückgewonnen ist.


